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Spezialisierungsstrategie: Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie

11.01.2012 -

Schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie verfolgt seit Jahrzehnten erfolgreich eine ausgeprägte Spezialisierungsstrategie, die auf der Herstellung und dem Verkauf innovativer Produkte mit hoher wertschöpfung beruht. Exzellente Forschung und weltweite Vermarktung sind Facetten dieser erfolgreichen Strategie. In der Schweiz gehört die chemisch-pharmazeutische Industrie seit langem zu den wichtigsten wirtschaftszweigen. Mehr als ein Drittel aller Exporte aus der Schweiz stammt von Chemie- und Pharmafirmen. zahlreiche internationale Unternehmen dieser Branche haben ihren Sitz in der Schweiz.

Neben den bekannten multinationalen Unternehmen umfasst die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie rund 250 Unternehmen, die sich geographisch in der ganzen Schweiz - mit einer klaren Konzentration im Raum Nordwestschweiz - verteilen. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen ist ausgeprägt international ausgerichtet: Die meisten Unternehmen exportieren über 90 % ihrer Produktion, unterhalten Tochtergesellschaften in fast allen Ländern der Welt und beschäftigen eine internationale Belegschaft.

Seit 1980 nahmen die wertmäßigen Exporte der chemisch-pharmazeutischen Industrie durchschnittlich um 26 % pro Jahr zu, während das durchschnittliche Exportwachstum aller schweizerischen Branchen der Schweiz nur rund 14,8 % pro Jahr betrug. Im letzten Jahr 2007 exportierten die Unternehmen Waren im Wert von 68,8 Mrd. CHF, was einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr von 9 % entspricht. Damit erreicht die Branche mehr als ein Drittel der schweizerischen Gesamtexporte, und die Schweiz reiht sich in diesem Bereich in die Top Ten der Weltexportnationen ein. Im ersten Halbjahr 2008 setzte sich das Exportwachstum mit einer Rate von 7,2 % fort.

Besonders deutlich zeigt sich die internationale Prägung auch in der geographischen Gliederung der Verkäufe: Die Weltumsätze verteilen sich fast gleichgewichtig auf Europa und Amerika mit je einem Anteil von etwa 40 %, der Rest fällt vorwiegend auf Asien; der schweizerische Heimmarkt ist mit weniger als 2 % außerordentlich bescheiden. Hauptabnehmerländer sind nach wie vor die EU, gefolgt von den USA und den BRIC-Staaten.

Die weltweite Vermarktung gehört zur Innovations- und Spezialisierungsstrategie, die die schweizerischen Unternehmen seit Jahrzehnten konsequent verfolgen. Denn ohne die Erträge aus den Exporten ließe sich die Forschung- und Entwicklung in der Schweiz nicht privatwirtschaftlich finanzieren. Die Exporte der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind denn auch unter dem Aspekt der konzerninternen internationalen Verflechtung zu sehen. Mehr als drei Viertel aller Exporte sind Lieferungen an Tochtergesellschaften. Ein Teil davon sind Zwischenprodukte, die von den konzerneigenen ausländischen Gesellschaften im Gastland zu Fertigprodukten weiterverarbeitet werden.

Innovationsstrategie und Ausrichtung auf Spezialitäten

In den vergangenen Jahren verstärkte sich diese Spezialisierung zunehmend: die Branche entwickelte sich rasch in Richtung höherwertiger Spezialprodukte wie beispielsweise Pharmazeutika‚ Diagnostika, Feinchemikalien, Riech- und Aromastoffe, Pflanzenschutzmittel, Saatgut und industrielle Spezialitätenchemikalien. Dabei ist insbesondere die pharmazeutische Sparte wichtiger geworden: ihr Anteil an den Gesamtexporten der chemisch-pharmazeutischen Industrie ist seit 1980 von 40 % auf über 74 % gewachsen. In vielen Marktnischen nehmen schweizerische Unternehmen eine international führende Stellung ein.

Damit die eingeschlagene Spezialitätenstrategie auch langfristig erfolgreich bleibt, müssen die Unternehmen immer wieder neue innovative Produkte auf die internationalen Märkte bringen und sie erfolgreich absetzen können. Denn jede Spezialität wird über kurz oder lang nachgeahmt und verliert ihren entscheidenden Wettbewerbsvorsprung. Mit anderen Worten sind die schweizerischen Unternehmen gezwungen, eine anhaltend hohe Innovationsleistung zu erbringen, um ihre Spitzenstellung halten und ausbauen zu können.

Der Forschung- und Entwicklung kommt dabei eine besondere Rolle zu. Es erstaunt vor diesem Hintergrund gewiss nicht, dass die zehn wichtigsten Unternehmen der Branche im Jahr 2007 weltweit rund 19,9 Mrd. CHF in diese Tätigkeiten investiert haben. Im Schnitt entspricht dies bei pharmazeutischen Produkten rund 18 % des Umsatzes, bei Pflanzenbehandlungsmittel 8 % und bei industriellen Spezialitäten rund 4 %.

Schweiz als wichtiger Forschungsstandort

Überraschen kann aber die Tatsache, dass rund ein Drittel dieser weltweiten Investitionen in Forschung und Entwicklung in der Schweiz erfolgt sind, also in einem Markt, in dem im Durchschnitt weniger als 2 % der weltweiten Umsätze erwirtschaftet werden. So haben die zehn wichtigsten Unternehmen im Jahr 2007 rund 6.2 Mrd. CHF in Forschung und Entwicklung in der Schweiz investiert, während sich ihre gesamten Verkaufserlöse in der Schweiz bloß auf 2.5 Mrd. CHF beliefen. Schon diese Zahlen allein belegen, dass die Schweiz somit für die weltweit tätige schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie ein außerordentlich wichtiger Forschungs- und Entwicklungsstandort ist.

Innovationen werden von Menschen in einem gesellschaftlichen Umfeld getätigt. Um erfolgreich zu bleiben, müssen die Unternehmen eine Innovationskultur pflegen. Denn Innovationen sind nicht nur vom wissenschaftlichen Niveau einzelner Spitzenforscher abhängig, sondern werden von der Qualifikation der gesamten Belegschaft und vom industriellen Umfeld des Unternehmens mitbestimmt. Zu den gegenwärtig in der chemisch-pharmazeutischen Industrie in der Schweiz beschäftigten 70.000 Personen zählen nicht weniger als 8.000 hochspezialisierte Fachkräfte aus fast allen Ländern der Welt. Exzellente Hochschulen, Mehrsprachigkeit, internationale Schulen und die hohe Lebensqualität helfen mit, die geeigneten Fachkräfte in der Schweiz anzusiedeln. Aber auch die Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union ist ein wichtiges Standbein.

Latente technologiefeindlichkeit der Gesellschaft als Herausforderung

Nicht zuletzt bestimmt auch die Akzeptanz naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden bzw. die generelle Risikobereitschaft einer Volkswirtschaft in hohem Maße, in welchem Land innovative Forschung und Entwicklung stattfinden können. Das Zukunftspotential neuer Technologien, beispielsweise der Bio- und Nanotechnologie, lässt sich nämlich dann nur erschließen, wenn Gesellschaft und Politik die Chancen und Nutzen der neuen Technologien erkennen und mittragen. Gerade in diesem Bereich steht in der Schweiz leider nicht alles zum Besten.

Die chemisch-pharmazeutische Industrie setzt sich deshalb dafür ein, das schweizerische Bildungssystem wieder viel stärker auf Exzellenz in den Naturwissenschaften und persönliche Leistung auszurichten. Die Verfügbarkeit eines qualitativ hochstehenden wissenschaftlichtechnischen Nachwuchses, und zwar auf allen Ausbildungsebenen von der Berufslehre bis zum Universitätsabschluss, sowie auch in allen Disziplinen von Chemie über die Biologie bis zu den Ingenieurwissenschaften, ist ein wichtiger Standortfaktor, der gepflegt sein will. Auch aus diesem Grund lanciert SGCI Chemie Pharma Schweiz im November dieses Jahres eine langjährige und breit angelegte Initiative, die die Jugendlichen wieder vermehrt für Naturwissenschaften und Technik begeistern soll. Auf diesem Weg will die Industrie auch ihrem Beitrag zu einer größeren Akzeptanz von Wissenschaft und Technik in der schweizerischen Gesellschaft leisten.

Kontakt:
Dr. Beat Moser
SGCI Chemie Pharma Schweiz
Verband der schweizerischen chemischpharmazeutischen
Industrie
Zürich/Schweiz
beat.moser@sgci.ch
www.sgci.ch

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