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Bei Linde wächst die Vorsicht

29.10.2013 -

Für den Industriegasekonzern Linde werden die Zeiten rauer. Zwar baute das Münchener Unternehmen vor allem dank der Übernahme der US-Firma Lincare Umsatz und Gewinn im dritten Quartal aus. Der starke Euro und eine flaue Industriekonjunktur hinterließen jedoch Spuren und stimmten den scheidenden Konzernchef Wolfgang Reitzle vorsichtiger als noch zuletzt. "Die Rahmenbedingungen werden nicht gerade einfacher werden", räumte er am Dienstag zur Vorlage des Quartalsberichts ein. Deshalb nahm er die Gewinnprognose für 2013 leicht zurück. Und auch für das Erreichen der Mittelfristziele, für das ab Mai 2014 Reitzles Nachfolger, Ex-BASF-Manager Wolfgang Büchele, verantwortlich sein wird, muss sich Linde deutlich mehr strecken.

Fragen zu seiner eigenen Zukunft ließ Reitzle, der 2002 zu Linde kam und den traditionsreichen Dax-Konzern in großen Schritten umbaute, weitgehend offen. "Seien sie nicht überrascht, wenn ich Mitte nächsten Jahres ganz von ihrem Radarschirm verschwinden werde", sagte er auf der Pressekonferenz in München. Ob er zwei Jahre nach seinem Ausscheiden dann 2016 in den Aufsichtsrat zurückkehren werde, sei Sache der Eigentümer. Reitzle ließ aber durchblicken, dass er dazu bereit wäre.

Für 2013 erwartet Linde jetzt nur noch einen operativen Gewinn von "rund" 4 Mrd. € (Vorjahr: 3,69) Mrd. € - bislang war von "mindestens" 4 Mrd. die Rede gewesen. Dabei geht Linde davon aus, dass der weltweite Gasemarkt 2013 nur bescheiden wächst. "Die ganz große Dynamik ist nicht zu erwarten", sagte Reitzle. Beim Umsatz wollen die Münchener, die sich mit ihrem französischen Erzrivalen Air Liquide ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Marktführerschaft liefern, nach wie vor über den 15,8 Mrd. € des Vorjahres liegen. An der Börse kamen die skeptischeren Töne des Dax-Konzerns nicht gut an: Die Linde-Aktie büßte zeitweise rund 1% ein.

Vor allem die US-Währung, das britische Pfund und der australische Dollar entwickelten sich zuletzt zum Euro deutlich schwächer, was die Geschäfte belastete. Sollten die ungünstigen Wechselkurse anhalten, könnte dies den operativen Gewinn im Jahr 2016 um etwa 250 Mio. € schmälern und die Rendite drücken, erläuterte Reitzle. Noch strebt Linde für 2016 ein operatives Konzernergebnis von mindestens 5 Mrd. € und eine Rendite auf das eingesetzte Kapital von 14% an.

Im dritten Quartal steigerte Linde den operativen Gewinn um 8,5% auf 1,03 Mrd. €. Währungseffekte herausgerechnet wäre der Anstieg fast doppelt so stark ausgefallen. "Wir haben uns ganz gut geschlagen, obwohl sich die Konjunktur alles andere als dynamisch entwickelt hat und die Währungskurse vor allem im dritten Quartal verstärkt gegen uns gelaufen sind", sagte Reitzle. Linde setzte im Quartal 4,26 Mrd. € um, ein Zuwachs von 5,4%.

Auch beim Konkurrenten Air Liquide hatte der starke Euro das Geschäft in den Sommermonaten belastet, der Umsatz war sogar um 1% auf 3,77 Mrd. € gesunken. Konzernchef Benoit Potier hatte aber für 2013 weiter einen Gewinnanstieg angekündigt und das unter anderem mit einem positiven Trend in den USA begründet. Bei Linde lief es im Amerika-Geschäft im dritten Quartal ebenfalls rund, wobei sich die Übernahme des Gesundheitsdienstleisters Lincare auszahlte. Im Gasegeschäft in der Region Amerika stieg der operative Gewinn um 33%.