Chemie & Life Sciences

Alferrock: Aus Abfall wird ein Wertstoff

Ein Massenrohstoff aus Bauxitrückstand findet Einsatz in wichtigen industriellen Anwendungen

13.01.2018 -

In der Aluminiumindustrie, eine der größten Industriezweige weltweit, bleibt nach der alkalischen Auslaugung von Aluminium aus Bauxit (Bayer-Prozess) als unlöslicher Anteil der sog. Bauxitrückstand zurück. Da von 1887, dem Jahr der Patenterteilung, bis heute keine wesentlichen Anwendungen gefunden werden konnten, muss der Bauxitrückstand im alkalischen Milieu auf Deponien verspült und aufwendig überwacht werden. Aktuell fallen weltweit zwischen 150 und 200 Mio. t/a Bauxitrückstand an; auf Deponien liegen Milliarden Tonnen.

Aufgrund der chemischen Zusammensetzung und der hohen Alkalität des Bauxitrückstands sind die Tonerdehersteller einer kritischen Öffentlichkeit ausgesetzt und müssen einen hohen umwelttechnischen Aufwand betreiben, um Umweltschäden zu vermeiden. Auch aus diesen Gründen ist das Finden von Vermarktungsmöglichkeiten für den Bauxitrückstand von höchster Bedeutung. Die chemische wie die mineralogische Zusammensetzung von Bauxitrückstand zeigen, dass Bauxitrückstand, neutral gewaschen, eine ungefährliche rein anorganische Substanz ist, die auf Deponien keine Probleme erzeugt, vor allem aber für Recycling-Aktivitäten gute Voraussetzungen hat. Die Überführung von Abfall (Bauxitrückstand) in marktfähige Produkte (Alferrock) bedeutet für die Tonerde-Industrie eine wesentliche ökonomische und ökologische Verbesserung.

Insgesamt ergibt sich aus den chemischen, mineralogischen und physikalischen Eigenschaften ein breites Feld von Anwendungsmöglichkeiten für Bauxitrückstand in der Gebäudetechnik sowie in industriellen Anwendungen. Je nach Anwendung müssen eine oder mehrere Modifikationen ausgeführt werden, wie z.B. Waschen, Trocknen, Mischen, Oberflächenbeschichten, Granulieren, etc. Dabei können alle  genannten Prozessschritte mit einfachen Standardtechnologien bewältigt werden. Mit Alferrock – aus Bauxitrückstand hergestellt –  wurde ein Rohstoff gefunden, der inzwischen in vielen verschiedenen Anwendungen eingesetzt werden kann.

Wärmeanwendungen

Alferrock wird im Bereich Wärmeanwendungen ausschließlich in getemperter Form d.h. nach Erhitzen auf Temperaturen größer 1.000°C eingesetzt. Alle Substanzbestandteile liegen dann als temperaturstabile Oxide oder andere anorganische Substanzen wie z.B. Silikate oder Titanate etc. vor. Dieser Zustand ändert sich auch bei permanenten Temperaturwechselzyklen nicht.

Die Substanz verfügt über ausgezeichnete thermophysikalische Eigenschaften. Beispielsweise kann 1 m3 Alferrock  bei einer Temperaturdifferenz von 900°K eine Wärmemenge von 1,14 MWh speichern. Damit ist das Material für sensitive Hochtemperaturwärmespeicher geeignet.

Aus Alferrock  können Formkörper beliebiger Art hergestellt werden z.B. Ziegel oder Kacheln. Die Beladung im Sinne der Kraft-Wärme-Kopplung erfolgt direkt über Widerstandsheizung mit einem Wirkungsgrad von 95-100%.  Die Entladung im Sinne der Wärme-Kraft-Kopplung erfolgt über die Erzeugung von z.B. erhitzter Luft oder Dampf, die dann Turbinen und Generatoren antreiben. Entscheidend ist die Tatsache, dass derartige Energiespeicher gleichzeitig be- und entladen werden können im Gegensatz zu allen anderen bisher bekannten Speichersystemen. Erfolgt Energiezufuhr (Beladen) und Energieentnahme (Entladen) in gleicher Größenordnung kann der Speicher in jedem gewünschten Temperaturbereich gefahren werden.

Wesentlichen Einfluss kann Alferrock  auch im Bereich der Apparatetechnik entfalten. Die Beheizung z.B. von Kesseln, Drehrohröfen, Wärmetauschern etc. muss nicht mehr z.B. mit Dampf oder Verbrennungsgasen erfolgen, Alferrock-Packungen können jede Temperatur an und in jedem Gerät erzeugen, die für den jeweiligen Zweck benötigt wird. Die technischen Konstruktionen werden sich dadurch dramatisch vereinfachen.

Der Wirkungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung, d.h. die Erhitzung von Alferrock-Packungen mit elektrischem Strom, liegt bei 95 – 100%. Die Erwärmung von Systemen mit Dampf liegt dagegen bei ca. 35%. Mit der Wärmeübertragung durch Alferrock-Packungen verbessert sich damit der Wirkungsgrad um mehr als das Zweifache. Der Bedarf – und damit die Kosten – sinken im gleichen Verhältnis. Die Optimierung im Bereich Energie erfährt einen starken Impuls.

Energiesysteme, bestehend aus Wind- und Solarparks als Stromerzeuger sowie sensitiven Hochtemperaturspeichern, die durch die Möglichkeit der gleichzeitigen Be- und Entladung im Sinne der Kraft-Wärme-Kraft-Kopplung ein Wärmekraftwerk darstellen, werden enorme Chancen im Markt haben, da nach erfolgter Abschreibung die Energiekosten dramatisch absinken werden mit der Folge wesentlich günstigerer Kalkulationen und damit wesentlich besserer Wettbewerbsfähigkeit.

Mit Alferrock-Speichern kann z.B. auch Abwärme hervorragend recycelt werden. Aus der gespeicherten Energie kann jeder Energiebedarf niedrigerer Temperatur gedeckt werden. Auch Kraft-Wärme-Kraft-Kopplung, d.h. Erzeugung von Strom im mittleren bis niedrigen Temperaturbereich ist möglich. Insgesamt kann Alferrock im Sinne von KW-Kopplung als Heizkörper in Gebäuden oder zur Warmwassererzeugung eingesetzt werden, im Sinne von KWK-Kopplung als Kraftwerk in Verbindung mit Erneuerbaren Energien und Turbinen/Generatoren, im Sinne von KWW-Kopplung als Wärmeüberträger überall.

Entfernung von Schadstoffen

Bei der Entfernung von Schadstoffen wirkt Alferrock durch Adsorption oder durch chemische Reaktion. Alferrock wird in dieser Anwendung als Hydroxid, Oxidhydrat oder Carbonat eingesetzt.

Als Granulat zur Schadstoffentfernung eingesetzt, ist Alferrock ein universeller Wasserreiniger für Spurenstoffe/Pharmarückstände/Planzenschutzmittelrückstände (Diclofenac, Metaprolol…), kationische Schadstoffe und Schwermetalle (Blei, Cadmium, Nickel, Arsen, Chrom…) oder anionische Schadstoffe (Nitrat, Arsenat, Bromat, Manganat…). Phosphat kann  gefällt und so recycelt werden.

Alferrock  enthält das Redoxsystem Fe(II)/Fe(III) (oder auch andere Redoxsysteme), sowie je nach Anwendung Amidosulfonsäure oder Harnstoff. Das Redoxsystem reduziert z.B. Nitrat zu Nitrit. Aus Nitrit bildet sich mit der Aminogruppe aus Harnstoff oder Amidosulfonsäure durch Symproportionierung Stickstoffgas, das entweicht. Mit dieser Zweistufenreaktion wird eines der größten Probleme in der Wasserchemie gelöst. Mit Schadstoffen beladenes Alferrock kann dauerhaft in Form von Geopolymeren immobilisiert werden, für eine Endlagerung z.B. in Bergwerken.

Flammschutz und Wärmedämmung

Im Anwendungsbereich Flammschutz und daraus folgend auch Wärmedämmung wird Alferrock in der nicht getemperten Form eingesetzt, d.h. Aluminium liegt als Hydroxid oder Oxidhydrat, Eisen als Oxidhydrat oder Carbonat vor. Die Wirkungsweise besteht darin, dass im Brandfall aus Hydroxiden und Oxidhydraten Wasser endotherm abgespalten und verdampft wird, Oxide bleiben zurück. Eisencarbonat zerfällt endotherm in Eisenoxid und CO2, einem weiteren Feuerlöschmittel. Alferrock hat dadurch eine zweistufige Wirkungsweise im Bereich von 300 – 600°C.

Alferrock kann leicht mit hohen Beladungsgraden zusammen mit Kunststoffen (von PE bis Engeneering Plastics) compoundiert werden. Je nach Anwendung können Füllgrade bis 80% erreicht werden. Insbesondere Schaumstoffe wie EPS oder XPS, die in der Wärmedämmung, zu Isolationszwecken oder als Verpackungsmaterial eingesetzt werden, können flammgehemmt („B2“) ausgerüstet werden. Diese Stoffe brennen nicht.

Dieser Tatbestand ist wichtig, da bromhaltige Substanzen gesetzlich verboten sind. Mit Alferrock gefüllte Polystyrolschäume (bis 60% Füllgrad) behalten die gleiche Wärmeleitzahl wie ein für Dämmzwecke eingesetzter konventioneller Polystyrolschaum. Wärmedämmung mit Polystyrolschaum, ausgerüstet mit Alferrock-Flammschutzmittel kann also ab sofort wieder in der Gebäudetechnik erfolgen. Das „Styroporproblem“ ist damit gelöst.

Zusammenfassung

Die Verwendung von Alferrock kann zur Lösung in den Problemfeldern Wärmespeicherung/Wärmeübertragung/Wärmerückgewinnung, Schadstoffentfernung aus wässrigen, gasförmigen und festen Systemen, Flammschutz und Wärmedämmung und anderen Anwendungen beitragen. All diese Problemfelder treten überall auf dem Globus in gleicher Weise auf. Da Bauxitrückstand ebenfalls in riesigen Mengen überall auf dem Globus verfügbar ist, kann es gelingen, die vorliegenden Probleme gleichzeitig anzupacken. Damit erhalten Klimaschutzabkommen, das Erneuerbare-Energien-Gesetz und viele andere Aktivitäten die Chance, mit Alferrock  zu einem langfristigen Erfolg zu werden.

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing