Strategie & Management

BASF-IT: Software-Virtualisierung durch neue Programme erheblich verbessert

31.03.2011 -

Software-Programme sorgen in der chemischen Industrie für die Simulation, Planung und Instandhaltung verfahrenstechnischer Anlagen. Es existiert jedoch ein Grundproblem beim Einsatz der Simulations- Software (CAPE-Systeme) und der Planungs- und Instandhaltungsanwendungen (CAE-Systeme), wenn sie über ein Softwareverteilwerkzeug mit geprüften, zertifizierten Softwarepaketen betrieben werden: Bei den speziellen Systemen gibt es so häufig neue Programmversionen, dass dabei einzuhaltende IT-Standardprozesse viel zu langsam sind. Ein Team aus Anwendern, Betreuern und Infrastruktur-Providern der CAE/CAPE-Systeme bei BASF fand auf der Basis kommerzieller Software eine Lösung, die kurzfristig neue Versionen von CAE/CAPE-Programmen bereitstellt und dabei alle vorgeschriebenen IT-Standards einhält.

Fast jedes große Unternehmen arbeitet kontinuierlich daran, die Gesamtkosten seiner ITSysteme über ihre Lebensdauer gerechnet zu minimieren. Ein effektiver Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist eine weitgehende IT-Standardisierung. Sie sollte auf einer übergeordneten Unternehmensebene stattfinden und sowohl definierte Prozesse, als auch standardisierte Software(- Versionen) beinhalten. Allerdings sehen die betroffenen Endnutzer eine unternehmensweite Standardisierung der ITSysteme und Prozesse oft als Belastung und empfinden ihre individuellen Bedürfnisse in den ausgewählten IT-Standards nur unzureichend berücksichtigt. Die Folge sind komplizierte ITUmgewöhnungsprozesse.

In der chemischen Industrie existiert bei CAE-/CAPESoftware- Programmen das grundsätzliche Problem, dass sinnvolle firmenweite Anstrengungen zur IT-Standardisierung mit sachlich völlig berechtigten Notwendigkeiten von speziellen IT-Nutzern kollidieren. Viele große Unternehmen auf der ganzen Welt arbeiten mit standardisierten Software-Paketen. Diese durchlaufen umfangreiche Prüfungen und Zertifizierungen, um auf den PCs der Endnutzer negative Querbeeinflussungen der verschiedenen Programme untereinander zu vermeiden. Nach bestandener Prüfung erhalten die einzelnen Nutzer ihre Programme von zentralen Softwareverteil-Werkzeugen.

Die CAE-/CAPE-Systeme in der verfahrenstechnischen Industrie stehen jedoch für hohe Innovationszyklen mit neuen Funktionalitäten, erweiterten Einsatzbereichen und Fehlerkorrekturen. Daraus resultieren häufige Versionswechsel. Bei Einhaltung der vorgeschriebenen IT-Prozesse müssen die Nutzer dieser Systeme meist mehrere Wochen oder sogar Monate warten, bis ihnen eine notwendige neue Version auf ihren PCs zur Verfügung steht.

Die Anwender der CAE- und CAPE-Systeme klagen in größeren Unternehmen, die ITStandardprozesse verwenden, schon jahrelang über diese unbefriedigende Situation. Oft wird dann versucht, die neuen Programmversionen mit Administrator- Rechten direkt auf dem Endnutzer-PC zu installieren. Dieser Ausweg hat jedoch aufgrund der nicht ausreichend getesteten Querbeeinflussungen und den mit solchen direkten Installationen verbundenen Zusatzkosten gravierende Nachteile.

Eine völlig neue Lösung für die Situation fand ein Team aus Anwendern und Applikationsbetreuern der BASF sowie Infrastruktur- Spezialisten des IT-Providers BASF IT Services, die den Plattform-Betrieb der CAE/CAPE-Systeme bei der BASF in Europa verantworten. Bei ihrer Lösung benutzen sie das Prinzip der sog. „Virtualisierung“ von Software- Applikationen: Kernpunkte des Prinzips sind die Kapselung der einzelnen Applikationen in isolierte „Container“ und die Entkopplung des direkten Datenaustausches zwischen den einzelnen Applikationen sowie dem Betriebssystem mit dem sog. „Virtualisierungs-Client“ als Vermittler. Verschiedene Hersteller aus der ganzen Welt bieten die hierfür notwendigen Virtualisierungs-Werkzeuge an.

Virtualisierte Applikationen vermeiden das gemeinsame Benutzen des Registry-Bereichs und lösen so ein Hauptproblem der heutigen Software-Installationen. Der Registry-Bereich ist die Datenbank des Windows- Betriebssystems, in der die Konfigurationsdaten der Anwendungen gespeichert werden. Dies gilt für nahezu alle Applikationen auf dem PC, wobei die Konfigurationsdaten pro Applikation nicht geschützt sind. Dadurch besteht immer die Gefahr, dass die verschiedenen Applikationen sich untereinander beeinflussen oder sich sogar das gesamte Betriebssystem verändert: Die jeweils letzte Applikation, die auf dem PC installiert wird, kann problemlos Informationen im Registry- Bereich überschreiben, die für andere Applikationen entscheidend sind.

Eine virtualisierte Software- Applikation verhindert, dass etwas gemeinsam in den Registry- Bereich des Betriebssystems geschrieben wird. Jede virtualisierte Applikation erhält ein eigenes, ebenfalls virtualisiertes Abbild der Registry. Zusammen mit dem Container- Verfahren sind somit alle Querbeeinflussungen der Applikationen untereinander und des Betriebssystems ausgeschlossen. Es lassen sich jedoch nicht alle Arten von IT-Programmen virtualisiert betreiben. Nicht möglich ist eine Virtualisierung z. B. bei Antiviren-Programmen, Betriebssystemen oder Druckertreibern.

BASF IT Services gelang es als erstes IT-Unternehmen, die komplexen und teuren CAEund CAPE- Systeme im VizCAEbzw. VizCAPE-Verfahren so zu virtualisieren, dass sie auch im produktiven Betrieb zuverlässig funktionieren. Als Basis dafür dient eine Virtualisierungs- Software, die BASF IT Services für die Werksnetze der BASFGruppe zur Verfügung stellt. Die Inhalte der notwendigen Container wurden von den Anwendern und den Anwendungs- Betreuern der Systeme bei BASF zentral vordefiniert. Danach erstellte und testete BASF IT Services die Container. Diese Vorgänge sind mittlerweile anerkannte Standard-IT-Prozesse der BASF-Gruppe, die alle generellen Rahmenvorgaben einhalten.

Die Vorteile des VizCAE bzw. VizCAPE-Verfahrens liegen auf der Hand: Neue Programmversionen werden nach ihrer Lieferung innerhalb einer Woche bereitgestellt. Außerdem ist der parallele Betrieb mehrerer Programmversionen auf einem PC problemlos möglich. Damit kann z. B. der Nutzer das jeweils aktuelle Projekt immer mit der passenden Version bearbeiten. Zeitnahe Tests durch Anwender und schnelles Feedback an die Softwareentwickler ermöglichen kurze Innovationszyklen. Trotz der zusätzlich eingesetzten Virtualisierungssoftware waren bislang keine Performance- Einbußen festzustellen. Die Anwender können somit sehr zeitnah auf die neuesten Software-Entwicklungen in ihren Fachbereichen zugreifen, was ihre tägliche Arbeit deutlich erleichtert. Dadurch hat die BASF große Vorteile bei Geschäftsprozessen.

Das neue Verfahren ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht interessant, da die Zusatzkosten für die zugekaufte Virtualisierungs- Software sowie für die Bereitstellung und den Betrieb der notwendigen IT-Infrastruktur sehr moderat sind. Die erstmalige Erstellung und Testphase eines Containers für virtuelle CAE-/CAPE-Software sind vom Aufwand her vergleichbar mit der klassischen Zertifizierung von Programmpaketen für „reale“ Applikationen. Durch die notwendigen häufigen Modifikationen der Programme ist der Aufwand bei virtuellen Applikationen mit VizCAE und VizCAPE jedoch deutlich geringer als bei der herkömmlichen Vorgehensweise. Die Betriebserfahrungen der nächsten Jahre werden zeigen, ob der Einsatz von virtuellen Applikationen für CAE/CAPE-Software unter dem Strich überhaupt mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

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