Logistik & Supply Chain

Beim Transport: Basotect in Flüssiggastankern

Teppich aus Schaumquadern verhindert Schwappen beim Transport

10.07.2013 -

Mehr als ein Viertel der weltweiten Gasproduktion, das sind knapp 331 Mrd. m³ Erdgas, wurden 2011 verflüssigt und in Tankern über die Weltmeere verschifft. Für diesen Transport wird das Gas gereinigt, bei -162°C verflüssigt und schließlich in Flüssiggastanker geleitet. Aus 600 m³ Gas entsteht dabei ein Kubikmeter Flüssiggas. Bisher können diese Tanker entweder ganz voll oder leer fahren; sonst besteht die Gefahr, dass das flüssige Gas ins Schwappen (= Sloshing) gerät und dadurch das Schiff im schlimmsten Fall zum Kentern bringt.

Die südkoreanische Samsung Heavy Industries hat zusammen mit BASF aus dem Schaumstoff Basotect hierzu einen neuartigen Anti-Schwapp-Schutz für Flüssiggastransporte entwickelt. Diese Lösung kann in Zukunft die Sicherheit von Flüssiggastransporten deutlich erhöhen und gleichzeitig ökonomische und ökologische Vorteile für die Reedereien bzw. deren Kunden bieten, wie Untersuchungen an zwei Universitäten bestätigen.

Schaumstoff für minus 162 Grad Celsius
Der offenzellige Schaumstoff Basotect auf Melaminharzbasis ist in hohem Maße schall-absorbierend, gut wärmedämmend, schwerentflammbar (B1 nach DIN 4102) und gegenüber vielen Chemikalien resistent. Auf Grund der günstigen Eigenschaftskombination wird der BASF-Schaumstoff zur Schalloptimierung und zur Wärmedämmung verwendet und findet Einsatz in der Raumakustik, im Fahrzeugbau, in Zügen, in Solarthermie-Anlagen oder in der Klimatisierungstechnik.

Bei der neuen Anwendung für Flüssiggastanker kommt nun erstmals ein Materialvorteil zum Tragen, der bisher nicht im Vordergrund stand: Basotect behält seine Flexibilität auch unter kryogenen Bedingungen, das heißt bis zu Tiefsttemperaturen von unter -200°C.

Teppich schwimmt dank Bojen
Flüssiggastanker verfügen über drei bis fünf Tanks, in die jeweils rund 40.000 m³ Flüssiggas (LNG = Liquified Natural Gas) passen. Die Stahltanks müssen ständig auf -162°C gekühlt bleiben. Zusätzlich zu dieser speziellen Herausforderung gibt es ein Problem, mit dem alle Schiffe zu kämpfen haben, die Flüssigkeiten transportieren: Schon bei geringem Seegang kann die Ladung ins Schwappen geraten. Deswegen dürfen Flüssiggastanker entweder nur voll (Ladung über 80 %) oder leer (Ladung unter 10 %) fahren, eine flexible Ladehöhe war bisher bei LNG-Tankern nicht möglich.

Das von BASF und Samsung entwickelte Konzept für einen Anti-Schwapp-Schutz ist eine Art Teppich aus Basotect-Würfeln. Dabei bilden jeweils zwei Basotect-Quader zusammen einen Würfel von einem Meter Kantenlänge. In dessen Mitte ist ein Auftriebskörper - eine Art Boje - eingelassen, damit das mit Flüssiggas vollgesaugte Basotect nicht mehr als 80 % einsinkt. Die einzelnen Würfel werden in ein Vectran-Gewebe eingenäht und mit Vectran-Bändern miteinander verbunden. Bei Vectran handelt es sich um eine textile Faser aus Polyarylat der japanischen Firma Kuraray, die ebenfalls für den Einsatz unter kryogenen Bedingungen geeignet ist. Außerdem ist Vectran extrem belastbar und abriebfest.

Damit er flexibel und beweglich ist, besteht der Anti-Sloshing-Teppich aus vielen Einzelteilen. So kann er sich den Wellenbewegungen ideal anpassen und sie vermindern. Das Zusammennähen der Einzelteile soll bereits auf der Werft, das heißt noch vor dem ersten Befüllen mit Flüssiggas, direkt in den Tanks geschehen. Der Teppich kann sich bereits vor der Füllung in den Tanks befinden und auch nach der Entleerung dort verbleiben. Versuche im BASF-Technikum haben gezeigt, dass Basotect beim Leeren des Behältnisses das Flüssiggas fast vollständig wieder abgibt.

Herausforderung: Leicht und schwer zugleich
Das Prinzip, unruhige Flüssigkeits-Oberflächen mit einem darauf schwimmenden Teppich zu beruhigen, ist durchaus bekannt und wird in der Luft- und Raumfahrt sowie beim Transport von Flüssigkeiten in Lkw angewendet. Bei LNG-Tankern wurde ein solches Verfahren bisher nicht genutzt, weil die Temperaturen in den Tanks extrem niedrig und damit äußerst anspruchsvoll für die Kontakt-Materialien sind.

Daneben stellen die sich scheinbar widersprechenden physikalischen Anforderungen eine Herausforderung dar: Ein Anti-Sloshing-Teppich muss leicht sein, damit er bei jeder Füllhöhe schwimmt, andererseits schwer genug, damit er das Schwappen verhindern kann. Außerdem soll das Material weich sein, damit es heftige Zusammenstöße mit den Tankwänden aushält und sie nicht beschädigt.

Flüssigkeitsaufnahme erhöht Massenträgheit des Teppichs
Der neu entwickelte Anti-Schwapp-Schutz aus Basotect erfüllt diese Anforderungen. Wegen seiner offenzelligen Struktur nimmt der Melaminharzschaum eine bestimmte Menge Flüssiggas auf und erhöht so die Massenträgheit des ganzen Teppichs. Vor allem aber zeichnet Basotect sich gegenüber anderen Schäumen dadurch aus, dass seine Eigenschaften auch bei Tiefsttemperaturen erhalten bleiben.

Beim Schwappen in einem geschlossenen Behälter in der Größenordnung eines Tanks auf einem LNG-Transport entstehen außerdem teilweise extrem hohe Druckstöße, welche die Tankwände beschädigen können. Diese LNG-Membrantanker werden üblicherweise mit einer im Querschnitt achteckigen Form gebaut, um das Sloshing und damit den Druck auf die Tankwände zu reduzieren. Bei halbleeren Tanks reicht diese Maßnahme jedoch nicht aus.

Tests an Universitäten bestätigen Effizienz
Das Konzept des Basotect-Teppichs wurde in den Fakultäten für Schiffsbau und Meerestechnologie der Seoul National University und der Busan National University, beide in Südkorea, in einem Wellensimulator getestet. Das maßstabsgerechte, durchsichtige Gefäß, in dem das Schwappen simuliert wurde, hat die oktogonale Form eines Flüssiggastanks und ist in den Wänden mit Drucksensoren ausgestattet.

Bei den Untersuchungen konnte das Schwappen mit der Basotect-Decke deutlich gesenkt werden und die Druckspitzen auf die Wände verminderten sich auf etwa ein Fünftel. Weil das Schwappen reduziert wird, können die Schiffsbauer außerdem auf zwei Ecken der oktogonalen Form verzichten und den Tank nun oben rechteckig abschließen. Auf diese Weise lassen sich rund 5 % mehr Flüssiggas aufnehmen und durch eine vereinfachte Tankergeometrie eine Kostenersparnis erreichen.

Das Anti-Sloshing-System vermindert zudem die ungewünschte, spontane Verdunstung, die zu einem plötzlichen Anstieg des Drucks im Tankinnenraum führen würde. Die Verdunstung wird mit der sogenannten Boil-Off-Rate (BOR) gemessen. Die BOR hängt hauptsächlich von der Qualität der Isolierung ab, die die Wärmeübertragung zwischen Flüssiggas und Umgebung verhindert.

Die Reduzierung der BOR ist ein weiterer Vorteil des Anti-Sloshing-Systems, die sich einige Schiffseigner und Transportunternehmen wünschen: Es verbessert die Sicherheit und erhöht die Menge Flüssiggas, die am Hafen ankommt. Weil der Basotect-Teppich nicht nur einen Schutz gegen Schwappen bietet, sondern auch die Boil-Off-Rate reduziert, wird das Konzept auch ABAS-Konzept (= Anti-Boil-Off Anti-Sloshing) genannt.

Schwappschutz ist gut für die Umwelt
Der Einsatz von Schwappschutz-Teppichen aus Basotect ändert den Transport von Flüssiggas sowohl in ökonomischer als auch ökologischer Hinsicht und trägt so zur Nachhaltigkeit bei. Weil Flüssiggastanker künftig mit unterschiedlicher Füllhöhe fahren dürfen, können sie mehrere Häfen hintereinander anlaufen und ihre Ladung nach Bedarf löschen. Das spart Leerfahrten und damit Kosten und es ist nicht zuletzt ein wichtiger Beitrag zur Ressourcenschonung.

Samsung hat 2012 für das ABAS-Konzept das „General Approval" von den zwei weltweit führenden Klassifizierungsgesellschaften für die Schifffahrt erhalten, dem American Bureau of Shipping in Houston, USA, und dem Bureau Veritas in Paris. Dieses „General Approval" ist ein wichtiger Bestandteil im Rahmen der Genehmigungsverfahren der internationalen Schiffbauindustrie. Es bestätigt, dass die Anwendung eingehend auf ihre Verwendbarkeit untersucht und einer erfolgreichen Konformitätsprüfung nach internationalen Standards unterzogen wurde.

Autoren:
Bernhard Vath, Leiter Global New Business Development Basotect, BASF, Ludwigshafen und Dr. Sangeon Chun, Cryogenic Research & Development Center (System R&D) Samsung Heavy Industries

Infos unter:
www.basotect.de

 

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