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Chemiekonjunktur: Chemieindustrie in den USA im Aufwind

06.03.2013 -

Neidisch blickt Europa derzeit über den Atlantik. Die US-Wirtschaft weist Wachstumsraten auf, von denen man hierzulande nur träumen kann. Im Jahr 2012 stieg das Bruttoinlandsprodukt der USA um 2,2%. Die Industrieproduktion legte um 4,3% zu. Die Automobilproduktion wuchs sogar um mehr als 20% (Grafik 1). Auch in der Bauwirtschaft ging es wieder aufwärts. Entsprechend dynamisch stieg die Nachfrage nach Chemikalien. Da die Pharmaproduktion rückläufig war, reichte es für die Gesamtchemie nur zu einem bescheidenen Wachstum in Höhe von 0,2%. Rechnet man die Pharmaindustrie heraus, stieg die US-Chemieproduktion im vergangenen Jahr um 2,4% und erreichte damit schon fast wieder das Vorkrisenniveau. Die Perspektiven für das laufende Jahr sind trotz der weltwirtschaftlichen Risiken gut. In den kommenden Monaten schreitet die Erholung der US-Wirtschaft weiter voran - allerdings zunächst nur mit kleinen Schritten.

Produktion steigt nur geringfügig
Die US-Chemie erholt sich nur zögerlich von den Rückschlägen der Weltwirtschaftskrise 2008/2009. Von Januar 2008 bis Januar 2009 musste die Produktion um mehr als 17% gedrosselt werden. Seither geht es wieder aufwärts. Zunächst setzte im Jahresverlauf 2009 eine rasche Erholung ein. Die Dynamik flachte aber bereits 2010 wieder ab. Bis 2012 blieb die Dynamik gering (Grafik 2). Dies hatte mehrere Ursachen. Zunächst einmal lagen einige Kundenbranchen, darunter die Bauwirtschaft und die Automobilindustrie, am Boden. Entsprechend gering war die inländische Nachfrage nach Chemikalien. Der starke Dollar erschwerte die Exporte. Und hohe Energie- und Rohstoffpreise begünstigten die Chemieproduktion in den Nachbarländern Mexiko und Kanada. Dies allein reicht aber nicht aus um die schwache Performance zu erklären, denn im vergangenen Jahr stieg die inländische Nachfrage nach Chemikalien kräftig und die Energiepreise lagen mittlerweile auf einem wettbewerbsfähigen Niveau.
Ein Blick auf die Chemiesparten zeigt den Grund für die niedrige Dynamik. Viele Chemiesparten wuchsen zwar äußerst dynamisch. Hierzu zählen die Produktion von Konsum- und Spezialchemikalien ebenso wie die Herstellung anorganischer Grundstoffe. Alle drei Sparten konnten ihre Produktion um 6% oder mehr ausdehnen (Grafik 3). Bei den Polymeren und Petrochemikalien war die Dynamik deutlich geringer. Die Produktion stieg jedoch im Jahresverlauf an. Sorgen bereitet die Pharmaproduktion, weil viele amerikanische Pharmahersteller mittlerweile verstärkt im Ausland produzieren. Im Inland haben sie die Produktion hingegen gedrosselt - im vergangenen Jahr um 4,2% und seit Beginn des Jahres 2008 sogar um 20%.

Chemikalienpreise auf Rekordniveau
Die Chemikalienpreise der amerikanischen Produzenten erreichten im vierten Quartal 2012 ein neues Rekordniveau (Grafik 4). Angesichts einer höheren Nachfrage und steigender Preise für Öl und Gas zogen die Chemikalienpreise seit Mitte des Jahres 2009 nach dem vorangegangenen Preisverfall wieder an. Chemische Erzeugnisse waren im Gesamtjahr 2012 fast 3,5% teurer als ein Jahr zuvor. Dieser Aufwärtstrend flachte sich zuletzt aber mehr und mehr ab. Angesichts gesunkener Energie- und Rohstoffkosten akzeptierten die Kunden keine weiteren Preiserhöhungen.
Bei steigenden Chemikalienpreisen und einer positiven Mengenentwicklung erholten sich die Umsätze der US-amerikanischen Chemieproduzenten seit Mitte des Jahres 2009 von den krisenbedingten Rückschlägen. Nach einem Umsatzplus von 12,3% im Jahr 2010 stiegen die Umsätze 2011 noch einmal um 9,3%. Nach gutem Jahresbeginn 2012 gingen die Umsätze der Branche jedoch zurück (Grafik 5). Im Gesamtjahr 2012 sank der Branchenumsatz um 1,5%. Das Auslandsgeschäft konnte leicht zulegen. Der inländische Absatz war jedoch rückläufig. Das war neben dem rückläufigen Pharmageschäft vor allem dem Umsatzrückgang in der Petrochemie geschuldet. Hier führten die gesunkenen Energie- und Rohstoffkosten rasch zu sinkenden Preisen für die wichtigsten Basischemikalien. Die Unternehmen machten zwar gute Gewinne. Die Umsätze waren aber insgesamt rückläufig.

US-Chemiebranche wächst wieder
Die Erholung der US-Chemieindustrie zeigte sich auch in den Belegschaftszahlen. Im Gesamtjahr 2012 stieg die Zahl der Beschäftigten um 1,2%. Derzeit beschäftigt die Branche knapp 800.000 Mitarbeiter. Das sind immer noch 45.000 Mitarbeiter weniger als vor Beginn der Weltwirtschaftskrise im August 2008.
Bezüglich der kurzfristigen Perspektiven für die US-Wirtschaft zeichnet sich derzeit kein einheitliches Bild ab. Einige Experten erwarten dank umfangreicher Schiefergasförderung und daraus resultierender niedriger Energiepreise eine rasche Re-Industrialisierung der Vereinigten Staaten. Andere fürchten weiterhin die Finanzklippe. Die US-Administration muss ihr Schuldenproblem in den Griff bekommen, und zwar im Konsens. Gelingt dies nicht, greifen Automatismen, die u.a. zahlreiche kreditfinanzierte Konjunkturmaßnahmen drastisch zurückfahren. Dies könnte in der US-Wirtschaft eine Rezession auslösen. Allerdings sind die Hoffnungen groß, dass man es nicht so weit kommen lässt. Die Prognostiker geben dem Rezessionsszenario derzeit nur noch eine geringe Wahrscheinlichkeit. Ein rascher und dynamischer Aufschwung ist aber ebenfalls nicht in Sicht. Zu hoch ist der Schuldenberg. Zwar ist die Stimmung bei den Investoren angesichts der niedrigen Energiepreise gut und der Bau zahlreicher neuer industrieller Produktionsanlagen ist angekündigt. Es wird aber noch einige Jahre dauern, bis sich dies in deutlichen Produktionssteigerungen und neuen Jobs in den Wirtschaftsstatistiken niederschlagen wird.
Für das Chemiegeschäft sind die Aussichten gut. Sowohl die Bauwirtschaft als auch die Automobilindustrie legen erneut kräftig zu. Das gesamte Verarbeitende Gewerbe ist auf Wachstumskurs. Die Chemienachfrage wird daher weiter zulegen können. Im Gesamtjahr 2013 steigt die US-amerikanische Chemieproduktion voraussichtlich um 3%. Wenn die Pharmaproduktion, wie erwartet, ihre Talfahrt beendet, ergibt sich für die chemisch-pharmazeutische Industrie insgesamt ein Produktionsplus von 1,5-2%.

 

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