Logistik & Supply Chain

Der Chemielogistikmix in Deutschland

Logistik für die Chemieindustrie hat ein Kostenvolumen von rund 14 Milliarden Euro

02.03.2015 -

Beim Schlagwort Chemielogistik denkt man sofort an Tankwagen und -schiffe, die Bulkmengen chemischer Stoffe transportieren. Leicht wird übersehen, dass die chemische Industrie aufgrund ihrer Vernetzung zu den verschiedensten Abnehmern in Industrie oder Handel auch feingliedrige Logistikstrukturen benötigt und nach einem ausgeklügelten Logistikmix verlangt.

Neben Bulkverkehren mit Tankfahrzeugen auf Straße, Schiene oder zu Wasser sind Ladungs- und Stückgutverkehre von stapelbaren oder verpackten Gütern für die chemische Industrie von hoher Bedeutung. Auch bergen Kontraktlogistikleistungen, also komplexe Leistungsbündel, die weit über den klassischen Transport hinausgehen, für die Branche ein großes Potenzial.

Wirtschaftliche Entwicklung der chemischen Industrie

Die chemische Industrie ist seit der Wirtschaftskrise in 2009 stetig gewachsen. Nach einem Umsatzvolumen von 131 Mrd. EUR in 2008, dem Jahr vor der Krise, fiel dieser Wert im Krisenjahr zwar auf 107 Mrd. EUR (ein Einbruch von rund -18%!). Bereits im Folgejahr konnte die Branche jedoch wieder auf ein Volumen von 133 Mrd. EUR, und somit über Vorkrisenniveau wachsen. Seitdem ist die Branche bis in 2013 auf ein Umsatzvolumen von 147 Mrd. EUR angewachsen und erreichte einen neuen Höchststand. Diese Umsatzentwicklung zeigt, wie robust dieser industrielle Sektor ist.

(Anmerkung: Diese Zahlen beziehen sich auf den chemischen Bereich. Petrochemie ist nicht einbezogen.)

Mit 328.000 Beschäftigten in der chemischen Industrie ist der Sektor auch bzgl. seiner Beschäftigungswirkung ein wichtiger Faktor der Volkswirtschaft. In 2013 ist die Branche zudem auf einen Höchststand von 1.601 Unternehmen mit 20 oder mehr Beschäftigten angewachsen (lt. Statistischem Bundesamt).

Wichtigste Handelspartner in Im- und Export

In Summe wurden in 2013 über 42 Mio. t Chemikalien bzw. chemische Erzeugnisse (s. Grafik) nach Deutschland importiert. Die wichtigsten Handelspartner sind die Niederlande, Belgien und Frankreich. Zusammen vereinen diese Länder über 50% der Importtonnage auf sich. Da die chemische Industrie in Deutschland an Standorten insbesondere entlang des Rheins im Rhein-Neckar-Gebiet, dem Rhein-Main-Gebiet und in Nordrhein-Westfalen konzentriert ist, wird vor allem die Rheintrasse als Transportader für die Importe genutzt. Chemische Grundstoffe nehmen mit 82% der Importtonnage einen sehr großen Anteil an den Importen ein. Daneben sind Schädlingsbekämpfungsmittel, Chemiefasern, Anstrichmittel, Seifen/Waschmittel und sonstige chemische Erzeugnisse mit kleineren Anteilen vertreten.

Exportiert wurden in 2013 rund 60 Mio. t Chemikalien bzw. chemische Erzeugnisse. Somit wird eine über 40% höhere Tonnage exportiert als importiert. Wichtige Handelspartner sind auch hier die Niederlande, Belgien und Frankreich. Darüber hinaus sind beinahe alle angrenzenden Länder (Österreich, Polen, Italien, Tschechien, die Schweiz) über Exporte mit Deutschland vernetzt. Aber auch die USA, Russland, China oder Brasilien sind mit geringeren Anteilen am Export aus Deutschland beteiligt.

Top Player in der chemischen Industrie in Deutschland

Das Ranking der aktuell in Deutschland ansässigen Top-Verlader der chemischen Industrie deckt sich nahezu mit deren größten industriellen Playern. Darunter befinden sich viele bekannte Namen. Angefangen bei BASF, dem in Deutschland größten Unternehmen der Chemiesparte, über Dow und Evonik, die vor allem im Bereich Spezialchemie von Bedeutung sind bis hin zu Henkel, dessen Produktportfolio durch die Ausrichtung auf Schnelldreher dem Endkunden im Vergleich zu den anderen Branchenvertretern der Rangliste am nächsten steht. Neben Air Liquide, die primär auf Industriegase spezialisiert ist, sind Hersteller im Kunststoffbereich (wie z.B. Lanxess oder Dow) sowie Spezialchemiehersteller und diversifizierte Konzerne vertreten. Mehrheitlich handelt es sich um diversifizierte Konzerne, die eine hohe Bandbreite an verschiedenen Produkten verarbeiten und produzieren. Nicht selten werden Produkte hergestellt, die an industrielle Kunden oder/und Endkunden gleichermaßen vertrieben werden.

Ausgeklügelter Logistikmix verlangt

Je spezieller die vertriebenen Produkte, desto weniger entspricht die Chemielogistik dem klassischen Bild des Tankwagens, der in großen Mengen flüssige oder rieselfähige Stoffe als Bulk- oder Ganzladung transportiert. Tatsächlich beschäftigt sich der Logistikeinkauf eines Chemiekonzerns mit dem Einkauf eines Logistikmix, der weit über den Grundstofftransport hinausgeht. Man unterscheidet dabei logistische Leistungen die inbound für die Produktionsversorgung erfolgen von solchen die outbound aus den Werken zu den Kunden erfolgen.

Dazwischen sind Leistungen an den Produktionsstandorten zu sehen, die gerade in der chemischen Industrie von hoher Bedeutung sind, da die Verbundstandorte der Chemieproduzenten oftmals sehr groß sind und sehr viele Transporte auf dem Werksgelände notwendig machen. Ein Blick auf die in einen Produktionsstandort eingehenden Inbound-Lieferungen zeigt, dass diese üblicherweise an Volumen und Gewicht größer bzw. schwerer als ausgehende Transporte sind. Je nach Distributionsstruktur und abhängig von der Bestellmenge der Kunden müssen Logistikdienstleister für die abzuwickelnden Transporte entsprechende Ladegefäße vorhalten und feste Laufzeiten garantieren können. Die wichtigsten und direkt mit der Branche verknüpften Logistikdienstleister sind im Wesentlichen Tank-/Silospezialisten und Standortdienstleister.

Leistungsspektrum der Logistikdienstleisterbranche

Innerhalb der Grenzen der oftmals großen Verbundstandorte an denen Chemiekonzerne fertigen, spielen sich vielfältige Warenströme ab. Gerade diese Transporte sind zwar für Außenstehende mehr oder weniger „unsichtbar", verursachen jedoch einen nicht zu unterschätzenden Logistikaufwand. Die Aufgabe, die Standortlogistik an einem Verbundstandort zu steuern, ist hochkomplex. Bei dieser Art von Logistikleistung handelt es sich um sogenannte Kontraktlogistik, die durch komplexe Leistungsbündel und eine längerfristige vertragliche Zusammenarbeit zwischen Logistikdienstleister und Industrieunternehmen gekennzeichnet ist. Für integrierte und durch Logistikdienstleister erarbeitete Lösungen besteht ein hohes Potenzial, gerade da solche Standort-Logistikaktivitäten häufig noch von den dort ansässigen Chemieproduzenten selbst erbracht werden.

Je nach Produktportfolio handelt es sich in der Distribution bzw. bei outbound Warenströmen vom Produzenten zu seinen Kunden um Lieferungen die durch „Kurier, Express und Paket"-Dienstleister (KEP) erbracht werden, bei palettierter Ware um Stückguttransporte und bei ganzen LKW-Lieferungen um Ladungsverehre. Diese Leistungen werden üblicherweise an Logistikdienstleister vergeben, die über ein Netzwerk von Standorten verfügen und bestimmte Anforderungen an Laufzeiten, Netzabdeckung, Gefahrgut-Know-how, Service-Level und nicht zuletzt an den Preis für die Dienstleistung entsprechen.

Je konsumgüterorientierter ein Produzent ist, desto feinere Distributionsstrukturen müssen durch die Logistik abgebildet werden. Dies betrifft auch die Laufzeiten und die Taktung von Transporten, da Endkonsumenten in der Regel gewohnt sind, im Einzelhandel stets gut gefüllte Regale vorzufinden. Unter den genannten Chemieunternehmen betrifft dies insbesondere den Player Henkel, der verstärkt mit Produkten für den Endkonsumenten auf dem Markt vertreten ist.

Die Logistik in der chemischen Industrie in Deutschland ist so vielschichtig und komplex wie die Branche für die sie tätig ist. Natürlich binden die logistischen Leistungen Beschäftigte und Assets und führen so zu Aufwänden, die in der Jahresplanung der Branche eine Rolle spielen. In Bezug auf die monetäre Größe des logistischen Marktvolumens in Deutschland ergibt sich laut aktueller Schätzung ein Volumen von rund 14 Mrd. EUR, das für die vielfältigen logistischen Leistungen für und innerhalb der chemischen Industrie in Deutschland anfällt.

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