Anlagenbau & Prozesstechnik

Die Macht datengetriebener Zusammenarbeit

Effektiver Informationsaustausch in der Prozessindustrie

14.08.2024 - Datenräume sind kollaborative Plattformen, die es Unternehmen ermöglichen, Daten für Anwendungsfälle wie Data-Mining, Prozessoptimierung oder Supply Chain auszutauschen.

Die Prozessindustrie wandelt sich sukzessive vom Materiallieferanten zum Lösungs- und Serviceanbieter. Ein zentraler Baustein dieser Entwicklung sind branchenübergreifende Datenräume, um Daten sicher und effizient auch über Firmen- und Sektorengrenzen hinweg zu teilen und für entsprechende Anwendungsfälle (z.B. Data-Mining, Prozessoptimierung, Supply Chain) zu nutzen. Doch was genau bedeutet das für die Prozessindustrie und insbesondere für die chemische Produktion?

Datenräume sind kollaborative Plattformen, die es Unternehmen ermöglichen, Dritten Daten unter definierten Bedingungen zur Verfügung zu stellen. In der chemischen Produktion spielen diese eine wichtige Rolle, da sie die Grundlage für datengetriebene (Geschäfts-) Prozesse bilden. Sie ermöglichen eine verbesserte Entscheidungsfindung, die Optimierung von Produktionsprozessen und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Ein konkretes Beispiel hierfür ist die Initiative Catena-X, die als erster offener und kollaborativer Datenraum für die Automobilindustrie dient und als Vorbild für die Prozessindustrie, einschließlich der chemischen Produktion, betrachtet werden kann!

Effektiver Informationsaustausch in der Prozessindustrie

Eine digitale Plattform, die den Kern für den Datenraum darstellt, bietet die Möglichkeiten, Daten sicher (Cybersecurity) und compliant auszutauschen bzw. zu übermitteln. Die Spielregeln (Governance) in diesem Datenraum sind eindeutig definiert und ermöglichen schnelle und effiziente Vertragsabschlüsse. Datenräume sind ein Baustein der digitalen Infrastruktur und werden aktuell von vielen verschiedenen Branchen errichtet. Als Vorreiter ist hier die Automobilindustrie zu sehen. Wir als Prozessindustrie und Chemieindustrie wollen diese Entwicklung aktiv mitgestalten, damit zukünftige Datenräume optimal zu unseren spezifischen Anforderungen passen. Kombiniert mit anderen bereits existierenden Standards wie der Asset Administration Shell (AAS), NAMUR Open Architecture (NOA) und Module Type Package (MTP) helfen sie uns, die bevorstehenden Aufgaben anzugehen und langfristig zu verwalten.

Die chemische Produktion steht bereits jetzt vor einer Reihe von Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Eine dieser Herausforderungen ist die sichere Marktversorgung mit wichtigen alltäglichen Produkten. Engpässe bei der Produktion können unter Umständen schwerwiegende Folgen haben. Dies hat uns die Corona-Pandemie schmerzhaft vor Augen geführt.

Datenräume bieten vielversprechende Lösungsansätze für Themen, die uns aktuell bewegen. Durch transparentere Bedarfsprognosen lässt sich die Produktion besser planen und Engpässe können vermieden werden. Eine optimale Planung führt zu einer stabileren Marktversorgung. Die Berechnung der verbleibenden Nutzungsdauer (Remaining Useful Lifetime) von technischem Equipment und die vorausschauende Instandhaltung (Predictive Maintenance) der Geräte ermöglichen es, Fachpersonal gezielt dort einzusetzen, wo tatsächlich Bedarf an Instandhaltung oder Kalibrierung besteht und Geräte nur dann auszutauschen, wenn sie tatsächlich nicht mehr zuverlässig betrieben werden können. Vorausschauende Planung spart damit auch Kosten, denn ungeplante Downtime wird somit vermieden. Durch die Kombination von Daten aus dem Gerät selbst über das NOA-Informationsmodell und statistische Auswertungen aus Fehlerdatenbanken wie NAMUR.Smart werden solche Ansätze möglich.

Datengetriebene Nachhaltigkeit

Um die chemische Produktion nachhaltiger zu gestalten, muss der Energieverbrauch weiter optimiert werden. Ein Beispiel ist die „Predictive Steam Production“, bei der durch den sicheren Datenaustausch zwischen Produktionsanlagen und Infrastrukturbetreibern die tatsächlich benötigte Dampfmenge ermittelt und eine vorausschauende Dampfmengenproduktion aufgebaut werden kann. Dies reduziert den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen. Gleichzeitig bringt es Transparenz in eine bis heute intransparente Datenlandschaft.

Für die erfolgreiche Implementierung von Datenräumen sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen. Für einige Anwendungen müssen zunächst die Teilmodelle der sogenannten Verwaltungsschalen erstellt werden. In den Firmen müssen entsprechende Ablagesysteme für die Daten aufgebaut werden. Auch müssen Routing -Komponenten und diverse Adapter (z.B. für ERP-Systeme und andere Datenbanken) entwickelt werden. Die Rahmenbedingungen, insbesondere zum Marktplatzdesign, zur Sicherheit und zum Zugriffsmanagement, werden derzeit im Rahmen aller Manufacturing-X-Projekte ausgehandelt und ausgearbeitet. Diese können einfach kopiert und für den individuellen Bedarf adaptiert werden.

Datenräume bieten eine immense Chance, die Prozessindustrie zukunftssicher zu gestalten. Sie ermöglichen es, die aktuellen Herausforderungen langfristig zu meistern und gleichzeitig neue Geschäftsbereiche zu erschließen. Wir, NAMUR und VCI, laden alle Interessierten ein, sich an dieser zukunftsweisenden Entwicklung zu beteiligen. Gemeinsam können wir die Zukunft der Prozessindustrie gestalten und sicherstellen, dass sie den Anforderungen von morgen gerecht wird. Mitgestalter sind herzlich willkommen!

Autor/in:

C. Oro Saavedra © Bayer   Christine Oro Saavedra, NAMUR

C. Bünger, VCI © VCI   Christian Bünger, Verband der Chemischen Industrie (VCI)

 

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NAMUR - Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie e.V.

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