Anlagenbau & Prozesstechnik

Die Öko Design Richtlinie: für ein grünes Europa

Die neue energetische Bewertung der ErP Richtlinie von Luftfiltern

06.03.2021 - Im Juli 2021 wird es eine Veränderung der energetischen Bewertung von Luftfiltern in neuen Lüftungsanlagen geben. In diesem Artikel beschreibt der Autor die Neuerungen.

Europaweit werden zwischen 10 % und 20 % des gesamten elektrischen Stromverbrauchs in industriellen und gewerblichen Anwendungen für den Betrieb von Ventilatoren in HLK-Anlagen verwendet. Energiesparmaßnahmen bestehen in der Aufrüstung der Anlage oder der Ausstattung mit hocheffizienten, frequenzgeregelten Ventilatoren.

Schutzziel: Wirkungsvolle Filtration von Schadstoffen

Spätestens mit der Einführung des Energieausweises für Eurovent zertifizierte Filter im Jahr 2012 gewann der mittelbare Energieverbrauch von Luftfiltern für Betreiber von Lüftungsanlagen große Bedeutung. Vor fast zehn Jahren sorgte dieser Energieausweis für eine sehr einfache Methode, um Luftfilter im Betrieb energetisch zu vergleichen. Ebenso einfach und effektiv erschienen Lösungen mit denen deutliche Kostensenkungen erzielt werden konnten. Ein Schlüssel hierzu ist der Einsatz von hochwertigen Luftfiltern, die nicht nur niedrige Anfangsdruckverluste erreichen, sondern vielmehr einen flachen Verlauf des Druckanstiegs über die Zeit nachweisen können. Dennoch kann die Energieklasse nicht die vornehmliche Entscheidung für oder gegen den Erwerb eines Luftfilters sein. Im Zentrum steht nach wie vor das Schutzziel, einer wirkungsvollen Filtration von Schadstoffen. Letztlich geht es darum, die optimale Kombination aus geforderter Filtereffizienz bei möglichst geringem Stromverbrauch zu finden.

Um dem Anwender die Auswahl der energieeffizientesten Luftfilter zu erleichtern, hat das unabhängige europäische Zertifizierungsprogramm für Produkte der Lüftungsanlagen ein europäisches Energieeffizienz-Klassifizierungssystem für Luftfilter entwickelt. Zum Zeitpunkt der ersten Einführung des Energieausweises wurden die Filter in ihrer unmittelbaren Filtrationsleistungsfähigkeit nach der damals noch gültigen Norm EN 779:2012 bewertet. In dieser Norm wurde ein Laborverfahren zur Prüfung von Luftfiltern beschrieben, das sowohl den Abscheidegrad als auch die Druckdifferenz in Abhängigkeit von der Staubbeladung bei 3.400 m3/ h maß. Aus der über den Verlauf der Staubbeladung gemittelten Druckdifferenz ließ sich somit ein repräsentatives Energieverbrauchsniveau errechnen. Der repräsentative Energiewert wurde folglich für eine Einstufung von Luftfiltern in Energieeffizienzklassen verwendet.

Energiebilanz berücksichtigen

Schon lange bevor, dieser Energieausweis zum ersten Mal Anwendung fand, wurde in Fachkreisen und Betreibern von vornehmlich geregelten RLT Anlagen versucht, die Energiebilanz in der Auswahl von Luftfiltern zu berücksichtigen. Ventilatoren in einer RLT-Anlage verbrauchen im Betrieb elektrische Energie, z.B. um den Widerstand des Filters zu überwinden. Bei geregelten drehzahlvariablen Ventilatoren steigt der Energieverbrauch durch de nzunehmenden Druckabfall der Luftfilter kontinuierlich an. Viele herkömmliche Filter mögen niedrige Druckverluste nachweisen, solange sie neu und unbestaubt sind. Ein steiler Anstieg dieses Druckverlustes mit zunehmender Staubaufnahmen deutet auf ein ungünstiges Widerstandverhalten im laufenden Betrieb hin. Nachhaltig handeln heißt hier, die Druckverluste in den Luftfiltersystemen über die gesamte Betriebszeit zu reduzieren, um dadurch wertvolle Energie zu sparen, unnötige Kosten zu vermeiden und den CO2 Footprint zu minimieren.

Die Einführung des Eurovent Energieeffizienzklassen bot zum ersten Mal eine wissenschaftlich begründetet Hilfestellung bei der Auswahl der geeigneten Luftfilter. Seit der Einführung des Energieausweises gewann nicht nur die Energiebilanz von Filtern Beachtung, sondern die Betreiber sowie Hersteller von Lüftungsanlagen machten die Eurovent-Zertifizierung zur Pflicht bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen.

Noch weit vor dem Energieausweis für Luftfilter begann sich die Europäische Union mit der Einstufung energieverbrauchender Produkte zu befassen und das EU-Parlament erließ im Jahr 2009 die erste Fassung der europäischen Ökodesign Richtlinie. Damit wurde ein gesetzlicher Rahmen zur Erreichung der Klimaziele hinsichtlich energieverbrauchender Produkte auf europäischer Ebene geschaffen. Hersteller sind seither dazu verpflichtet die Energieeffizienz ihrer Produkte zu deklarieren und im Produktpflegprozess zu verbessern. Diese Richtlinie betrifft seit ihrem Inkrafttreten natürlich auch den Maschinenbau und somit auch die Hersteller von dezentralen und zentralen Lüftungssystemen, da in diesen Systemen Elek­tromotoren verbaut sind, die Ventilatoren antreiben. Es gab bislang einige Novellierungen der Öko Design Richtlinie. Die letzte Überarbeitung fand 2016 statt. Im Juli 2021 werden die Anforderungen an die Senkung des Energieverbrauchs in der Industrie erneut verschärft.

Was ändert sich mit der Verschärfung der Vorgaben im Juli 2021?

Die Luftfilter, die in Lüftungsanlagen verbaut werden, werden bereits seit Inkrafttreten der Richtlinie im Jahr 2009 energetisch bewertet. Bislang galt und gilt auch weiterhin, dass die spezifische Ventilatorleistung einer Lüftungsanlage mit einer Kennzahl – der sognannte SFP-Wert – belegt wird. Hierbei spielen eine Vielzahl von Gewerken in Lüftungsanlagen eine entscheidende Rollen. Dazu gehören u.a. Wärmetauscher, Leckagen im Luftkanal, oder der intelligente Betrieb von geregelten Ventilatoreinheiten.

Zur Berechnung des SFP-Beitrags, die die Luftfilter leisten, wird bis heute im Rahmen der ErP-Richtlinie einzig und allein der Anfangsdruckverlust von Filtern zu Grunde gelegt. Lange stand dieses Verfahren in der fachlichen Kritik. Hierzu gab es im Wesentlichen zwei Gründe.

Zum einen wurde bereits mit der Novellierung der DIN EN 779 und durch das in ihr eingeführte Entladeverfahren von Filtermedien zur Klassifizierung von Filtern, bereits im Jahr 2012 eine grundsätzliche energetische Vergleichbarkeit im tatsächlichen Filterbetrieb zwischen verschiedenen Bauformen und Medienvarianten durch die Eurovent REC 4/21 hergestellt. Wie bereits oben skizziert wurde, werden seit 2012 Luftfilter, die Eurovent zertifiziert sind, nicht nur auf den kurzeitigen Anfangsdruckverlust bewertet, sondern, unter Annahme von einer üblichen jährlichen Staubbelastung bewertet. Ferner wird mit einer angenommenen Ventilatoreffizienz, in der Eurovent REC 4/21 eine energetische Vergleichbarkeit von Filtern im Betrieb eine Lüftungsgerätes abgebildet.

 

Ein komplett neues Bewertungssystem

Trotz dieser neuen Erkenntnis änderte sich bei der Bewertung des SFP-Wertes innerhalb der ErP Richtline, insbesondere in Bezug auf Filter, innerhalb der Ökodesign Richtlinie lange Zeit gar nichts. Filter mit einem niedrigen Anfangsdruckverlust wurden schlichtweg energetisch besser eingestuft als Filter mit höheren Anfangsdruckverlusten, ungeachtet ihres tatsächlichen Verlaufs der Druckverlustkurve im laufenden Betrieb.

Lange stand auch das Filterklassensystem nach EN 779 in der Kritik der Fachwelt. Der EN 779 wurde vorgeworfen, dass sie nur unter Laborbedingungen getestet wurde und in der viel wechselhafteren realen Welt nicht mithalten kann. Auf diesen Vorwurf reagierte man mit der Einführung eines komplett neuen Bewertungssystem. Die neue ISO 16890 trat im Jahr 2016 in Kraft und legt Filtereffizienzen in Bezug auf die Partikelklassen PM 1, PM 2,5 und PM 10 fest, die auch von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) und den Umweltbehörden als Bewertungsparameter verwendet werden. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Normen ist ihre jeweilige Klassifizierungsmethode. Dies hatte einen bedeutenden Einfluss auf den Markt, da die ISO 16890 es einfacher machte wird, die tatsächliche Wirkung von Filtern zu messen, anstatt einfach nur verschiedene Filter zu vergleichen und zusammenzulegen. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass die Filtrationseffizienz nicht mehr an Partikeln mit einem Durchmesser von 0,4 μm gemessen wird, sondern das gesamte Spektrum der Partikelgrößen von 0,3 μm bis hin zu 10 μm berücksichtigt wird.

Mit der Einführung der globalen Filterklassifizierung ISO EN 16890 im Jahr 2016 kamen zum ersten Mal Prüfkriterien zur Einstufung von Luftfiltern hinzu, die Filter nicht nur mit der gemessenen Außenluftqualität und den tatsächlichen Anwendungen einordnen ließen, sondern es wurde auch ein verschärftes Entladeverfahren eingeführt, welches die Realität des Filterbetriebs noch besser nachstellte. Gleichwohl setzte der Eurovent Verband noch schärfere Grenzen der Energieklassen. Kleine Eingruppierungen der Leistungsklassen von Filtern, führten zu einem sehr gerechten energetischen Vergleich von Filtern. Bislang blieb auch diese Betrachtung in der ErP-Richtlinie unbeachtet.

Neubewertung der Luftfilter

Die Neuauflage der ErP Richtlinie Mitte 2021 wird in ihrer Neubewertung der Luftfilter von der Fachwelt begrüßt. Denn in der neuen Richtlinie wird nicht mehr nur der Anfangsdruckverlust eines Luftfilters zur Bewertung des SFP Wertes herangezogen. Vielmehr orientiert man sich in der neuen Fassung an dem mittleren Druckverlust eines Filters, der nach dem Verfahren der Prüfrichtlinie Eurovent REC 4/21 ermittelt wird. Ferner wird auch nicht mehr eine statische Ventilatoreffizienz angenommen, sondern man nutzt hier die tatsächliche Ventilatoreffi­zienz des Gerätes.

Formel

∆pfil steht für den mittleren Druckverlust auf der Zu- & Abluftseite und basiert auf dem Verfahren laut REC 4/21 sowie dem EN ISO 16890 Prüfung von Staubspeicherfähigkeit.

Mit dieser Veränderung der Perspektive können nicht nur Lüftungsanlagen viel genauer an die Anforderungen vor Ort abgestimmt werden und filtertechnisch energetisch optimiert werden. Dadurch wird vor allem im tatsächlichen Betrieb der Lüftungsanalage der Energieverbrauch viel genauer bewertet. Diese Veränderung bietet somit Chancen für eine bedarfsorientierte Auslegung von RLT Anlagen und leistet gleichzeitig einen Beitrag – wenn auch gleich kleinen – zur Erreichung unserer Klimaziele und der Reduzierung unseres CO2 Footprints.

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