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Digitalisierung im Arbeitsschutz

Interaktive Apps sorgen für mehr Sicherheit bei Produktion und Wartung in der Chemieindustrie

12.10.2021 - In der chemischen Industrie herrschen von jeher hohe Anforderungen an den Arbeitsschutz.

Die Pandemie verdeutlicht einmal mehr: Um Schaden abzuwenden, gilt es, rasch zu handeln, schnell zu kommunizieren und Maßnahmen flexibel anzupassen. Digitale Lösungen verleihen Unternehmen dafür die nötige Agilität.

Nicht nur in Krisenzeiten gilt: Chemieparks und -standorte müssen ihre Mitarbeitenden rasch über neue Regelungen zum Arbeitsschutz informieren, deren Einhaltung kontrollieren sowie dokumentieren. Denn in den Entwicklungs- und Produktionsstätten gelten laufend neue Vorgaben – sei es durch Änderungen an den Anlagen oder ein sicherheitsrelevantes Update der Verfahrensanweisungen. Damit in allen Werken die Anforderungen an den Arbeitsschutz gleich gut eingehalten werden, bieten sich vier Stellschrauben an.

Direkte Unterweisung am Arbeitsplatz

Zuallererst müssen sämtliche operativen Arbeitskräfte – neue und erfahrene – laufend geschult werden. Jahrzehntelang geschah dies in obligatorischen Präsenzveranstaltungen fernab der Produktion. Jedoch: Sicherheitstrainings am Arbeitsplatz sind deutlich nachhaltiger. Inhalte bleiben besser im Gedächtnis, weil Erlerntes sofort umgesetzt wird. Unterstützen lässt sich dies noch, wenn Verhaltensregeln und Sicherheitschecks direkt in Arbeitsanweisungen und Standard Operating Procedures (SOPs) integriert sind.

Wie rasch und flexibel Unternehmen reagieren müssen, zeigt ein aktuelles Beispiel aus dem Luftfahrtbundesamt für den Gefahrguttransport. Das Amt wies in einem Schreiben darauf hin, dass Betriebe – trotz der Fristverlängerung für die wiederkehrende Schulung – ihre Arbeitnehmer anderweitig fortzubilden haben. Mit einer Plattform für vernetztes Arbeiten lassen sich Anweisungen nach der betreffenden Vorschrift ICAO Doc 9284 nicht nur zielgerichtet verteilen. Durch eine Lesebestätigung wird auch hier der Nachweispflicht genüge getan.

Daher setzen immer mehr Chemieunternehmen auf mobile Apps. Diese leiten Mitarbeitende über Checklisten, Ablaufpläne oder Video-­Tutorials unmittelbar an: sei es auf einem Industrie-PC in der Produktion, auf einem Smartphone oder Tablet.

Mittels Kontrollfragen bestätigen die Beschäftigten, dass sie alle Anweisungen verstanden oder die nötigen Prüfungen und Maßnahmen erledigt haben, bevor sie mit der Arbeit beginnen bzw. diese beenden. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Reinigung oder Hygiene. Die App schult damit alle Beschäftigten laufend direkt am Arbeitsplatz und stärkt ein verantwortungsvolles und konsistentes Verhalten. So entsteht ein proaktives Sicherheitsmanagementsystem für das ganze Werk.

Gefährdungen konsequent prüfen

Zu einem effizienten Sicherheitsmanagement gehören unter anderem laufende Gefährdungsbeurteilungen, auch bekannt unter dem Begriff Job Safety Analysis (JSA). Dabei werden bspw. die Risiken einer bestimmten Aufgabe entsprechend der Gefahrstoffverordnung untersucht: etwa, wenn es um den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen oder organischen Peroxiden geht. Werden diese JSAs regelmäßig aktualisiert und Ergebnisse an die Mitarbeitenden weitergegeben, schaffen und schärfen Unternehmen das Bewusstsein für Sicherheitsrisiken.

Allerdings erfassen die meisten Betriebe ihre Analysen noch auf Papier. Damit erfüllen sie zwar die Forderung nach einer systematischen Prüfung und Dokumentation, der Nutzen bleibt aber gering. Denn der Papierkram bleibt oft liegen und stapelt sich nach der Beurteilung. Gleichzeitig bieten die meist frei formulierten Antworten auf den Fragebögen zu viel Spielraum für Interpretationen. Beobachtungen lassen sich nur schwer zu Kategorien bündeln und in Handlungsanweisungen überführen. Potenzielle Risiken bleiben unerkannt.

Moderne digitale Werkzeuge mit interaktiven Formularen helfen, den Beurteilungsprozess über alle Werke und Standorte hinweg zu standardisieren. Dank klarer Parameter für Beobachtungen und Eingaben gewinnen sowohl die Betriebsleiter als auch das Team für Arbeits-, Umwelt- und Gesundheitsschutz (Environment, Health und Safety, EHS) ein präzises Bild möglicher Gefahren. Zudem erhalten sie Informationen rechtzeitig genug, um sofort die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.

Präventivmaßnahmen kommunizieren

Ausgehend von der Gefährdungsbeurteilung sind entsprechende technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen einzuleiten. Organisatorische Maßnahmen und Vorschriften zur persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) lassen sich dabei einfacher implementieren als technische Mittel. Langfristig lässt ihre Einhaltung jedoch oft nach. Moderne Softwarelösungen setzen genau an diesem Punkt an: Sie betten Schritte zur Gefahrenkontrolle direkt in digitale SOPs ein. Selbst die erfahrensten Mitarbeitenden sind so dazu zu bewegen, sich andere Routinen anzueignen. Zudem lassen sich neue Anforderungen und Prozessänderungen schneller in SOPs umsetzen.

Ein aktuelles Beispiel dafür stellt die Einführung kontaktloser Schichtwechsel dar. Durch sie soll verhindert werden, dass ein Infekt von Schicht zu Schicht weitergereicht wird und – im schlimmsten Fall – die gesamte Produktion lahmlegt. Auf den ersten Blick erscheint das ganz einfach: Die erste Schicht verlässt das Gebäude, noch bevor die zweite Schicht startet. Dies führt allerdings dazu, dass wichtige Informationen nicht an die Folgeschicht übergeben werden können, etwa über Änderungen im Produktionsplan, nicht abgeschlossene Arbeitsaufträge, Störungen an einer Anlage oder andere Probleme, die behoben werden müssen. Denn der persönliche Austausch der Schichtleiter, die sich dazu meist vor einem Dashboard oder am Whiteboard trafen, ist dann nicht mehr möglich. Den Brückenschlag übernimmt in diesem Fall eine Connected-Worker-Plattform. Innerhalb kurzer Zeit etabliert, sorgt sie für den nahtlosen Fluss aller für den Schichtwechsel nötigen Informationen.

Eine solche Lösung erlaubt es auch, geänderte SOPs schneller als über das Schwarze Brett an die Belegschaft zu kommunizieren. Denn die digitalen SOPs lassen sich in Echtzeit aktualisieren und jedem Mitarbeitenden sofort auf sein mobiles Gerät übermitteln. Damit dies auch bei regional sehr unterschiedlichen Regelwerken funktioniert, müssen sich die Anweisungen allerdings für jede Niederlassung durch Konfiguration einfach anpassen lassen, ohne IT- und Programmier­aufwand.

Jeden Vorfall an das EHS-Team melden

Viele, vor allem kleinere sicherheitsrelevante Zwischenfälle bleiben den Verantwortlichen für den Arbeitsschutz verborgen. Sie werden in der Regel schlecht bis gar nicht dokumentiert – oft erst lange nach dem eigentlichen Vorfall. Je mehr Zeit verstreicht, umso ungenauer werden die Schilderungen von Augenzeugen zu den Umständen vor, während und nach einem Ereignis. Auch lässt es sich im Nachhinein nur schwer mit anderen Vorkommnissen in Beziehung setzen – etwa mit einem Fehlercode, den der Sensor einer Anlage kurz darauf ausgegeben hat. So werden viele Sicherheitsvorfälle als simple Ausreißer abgetan, Beinahe-Unfälle bleiben unbemerkt.

Für einen wirksamen Arbeitsschutz müssen Mitarbeitende Gefahren und Pannen daher unmittelbar in Wort, Bild und Text erfassen können – und das möglichst einfach, wie etwa mit einer App. So erhält das EHS-Team alle Informationen und Daten von jedem Werk aus in Echtzeit per Kurznachricht oder Status-Update und kann ohne Verzögerung aktiv werden. Außerdem erkennen die Verantwortlichen dadurch schneller Aufgabenbereiche und Entwicklungen, die sie mit hoher Priorität genauer unter die Lupe nehmen müssen.

Die direkte Vernetzung von Mitarbeitenden in Fertigung und Wartung mit digitalen Anweisungen per App verbessert also gleich auf mehreren Ebenen den Arbeitsschutz. Dies gilt sowohl für den Alltagsbetrieb als auch für spezielle Gefährdungslagen, wie etwa die aktuelle Pandemie.

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