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Feststoffvergasung: Mehr Unabhängigkeit von Öl und Gas

14.10.2011 -

Kohle statt Öl. Die Feststoffvergasung erlebt eine Renaissance. Die Vergasung von Kohle und anderen Stoffen ist nicht neu. Mit dem Bestreben nach mehr Unabhängigkeit von Öl und Gas wird die Technologie auch in Europa wieder zunehmend interessant.

Öl und Gas waren als Primärenergieträger jahrzehntelang der Motor der Wirtschaft und werden es auf absehbare Zeit auch bleiben. Nur in wenigen Regionen der Erde kommen sie jedoch vor und können rentabel gefördert werden. Ihr Preis ist durch alle Höhen und Tiefen gegangen, dadurch sind sie für die Industrie zu schwer planbaren Ressourcen geworden. Analysten gehen heute davon aus, dass – trotz des starken Abfalls des Ölpreises während der vergangenen vier Monate – schon bald wieder mit einem Preis je Barrel Öl im dreistelligen Dollarbereich zu rechnen ist.

Syngas vielfach einsetzbar

In diesem Zusammenhang erlebt die Kohle ihre Renaissance und gewinnt auch an strategischer Bedeutung. Soll Kohle zukünftig zu mehr als nur zur Stromgenerierung über konventionelle Verbrennung eingesetzt werden und gleichzeitig dem gewachsenen Bedürfnis nach umweltfreundlichen Technologien Rechnung tragen, so landet man schnell bei der Kohle- oder allgemeiner bei der Feststoffvergasung.

Das über die Feststoffvergasung generierte Synthesegas (Syngas) ist ein vielseitig verwertbares Zwischenprodukt, bestehend aus den chemischen Grundbausteinen Wasserstoff und Kohlenmonoxid, das in nachgeschalteten Prozessanlagen zu hochwertigen Produkten wie Strom, reinem Wasserstoff, SNG (Substitute oder Synthetic Natural Gas), synthetischen Kraftstoffen wie Diesel oder Benzin oder auch Chemieprodukten wie Methanol, Ammoniak und Harnstoff veredelt werden kann.
Interessant hierbei ist, dass bei allen Anlagen zur Herstellung der vorgenannten Produkte die dazu erforderliche Feststoffvergasung nahezu identisch bleibt und nur die Gasaufbereitung entsprechend den Anforderungen des Endproduktes anders gestaltet wird. Kohle substituiert das teure Erdgas bei der Herstellung von Wasserstoff und weiteren chemischen Produkten. Über Kohle generiertes SNG ersetzt teures LNG (Liquid Natural Gas). Auf Basis von Kohle hergestellte synthetische Kraftstoffe eignen sich aufgrund ihrer hohen Qualität hervorragend als Blending-Produkte für konventionelle Raffinerie- Kraftstoffe. Syngas kann zur Stromherstellung genutzt werden. Letzteres erfolgt in einem sogenannten IGCC (Integrated Gasification Combined Cycle), also in einer integrierten Vergasungsanlage mit nachgeschaltetem Kombikraftwerk bestehend aus Gas- und Dampfturbinen sowie Abhitzekesseln.

Das Prenflo-Verfahren

Die von Uhde bereits 1941 eingeführte und zwischenzeitlich erfolgreich weiterentwickelte Technologie der „Flugstromvergasung“ ist bereits in vielen kommerziellen Anlagen implementiert. Die heutige Version, die unter dem Namen Prenflo (Pressurised Entrained Flow) bekannt ist, erlaubt die Verwendung unterschiedlicher fester Einsatzstoffe wie Kohle, Petrolkoks oder Biomasse. Im Mix kann sogar preiswertere Kohle mit sehr hohem Aschegehalt verwendet werden, die für den Gebrauch in herkömmlichen Kraftwerken nicht mehr geeignet wäre.

Während für die Kraftwerksanwendungen primär ein hoher Wirkungsgrad entscheidend ist, gewinnt die Erzeugung wasserstoffreicher Gase für die Chemieanwendung zunehmend an Bedeutung. Um beiden Erwartungen gerecht zu werden, bietet Uhde seine Prenflo-Vergasung in zwei Varianten an: zum einen als „Prenflo with Steam Generation“, also mit Wärmerückgewinnung, für den Einsatz in IGCCs ohne CO2-Abtrennung, und zum anderen als „Prenflo with Direct Quench“, also mit Vollquench auf Wasserbasis. Diese Variante wird für ein IGCC jedoch ebenfalls interessant sein, sobald eine CO2-Abtrennung vorgesehen ist.

Kohlevergasung in unterschiedlichen Märkten

Vor allem China hat in den letzten Jahren die Vorzüge der Kohlevergasung als Substitut für teure Rohstoffimporte erkannt und den Ausbau von vergasungsbasierten Anlagen zur Herstellung von Chemieprodukten kontinuierlich vorangetrieben. Andere Länder ziehen nun nach, insbesondere jene, die auf eigene Kohlereserven zurückgreifen und Investoren anziehen können. In den USA beispielsweise ist es derzeit erklärter politischer Wille, kohlebasierte, umweltfreundliche Energie-Technologien zu fördern. Auch die Europäische Union plant, entsprechende Projekte zu unterstützen. In Europa sind die Kohlevergasungsprojekte im Wesentlichen auf IGCC mit CO2- Abtrennung ausgerichtet, also zur reinen Stromerzeugung, in den USA geht der Trend derzeit in Richtung Coal-to-Liquids-Anlagen zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe sowie kohlevergasungsbasierte Anlagen zur Erzeugung von SNG.

Herausforderungen bei der Realisierung

In Europa gibt es zurzeit nur wenige Feststoffvergasungsanlagen. Die wesentlichen Gründe hierfür sind:

  • lange Lieferzeiten für Apparate und Maschinen, knappe Planungs-, Fertigungs- und Montageressourcen sowie die daraus resultierenden langen Gesamtrealisierungszeiträume,
  • die Erwartung einer schnellen Amortisation der Anlage, die sich erst durch die jüngst eingebrochene Finanzkrise wieder auf ein realistisches Maß eingependelt hat,
  • planerische Unsicherheit durch die Ungewissheit hinsichtlich öffentlicher Fördermittel, Diskussion über CO2-Abtrennung und Sequestrierung und der damit einhergehenden Haftungsfrage und Unsicherheit beim zukünftigen Handel mit CO2 Zertifikaten,
  • langwierige Genehmigungsverfahren für den Bau und Betrieb der Anlage, der gegebenenfalls erforderlich werdenden CO2-Pipeline, z. B. von der Anlage bis hin zur CO2-Lagerstätte und der Lagerstätte selbst,
  • der Wunsch nach Single Point Responsibility, also nach einem Kontraktor, der eine solche Anlage im Wert von mehreren Mrd. € schlüsselfertig und auf Festpreisbasis in Auftrag nimmt und abwickelt, damit das Projekt bankfähig wird. Dies ist allerdings kaum umsetzbar, da für den Kontraktor eine zu große Abhängigkeit von einem einzigen Auftrag bei zu großer Risikoübernahme entstehen würde.

Prozessgarantie für die gesamte Anlagenkette

Am Ende ist jedoch alles auf den Preis für die Anlage, also die Invest- und die Betriebskosten, zu reduzieren. Der Grundstein hierfür wird bereits in der ersten Studie für das Gesamtkonzept der Anlage gelegt. Eine höhere Anlagenverfügbarkeit kann etwa durch ein geschickt gewähltes Redundanzkonzept bei den weniger kostenintensiven Anlagenteilen erreicht werden. Bau- und Montagekosten sowie erforderliche Anlagenfläche können durch die Auswahl von Vergasern mit größerer Kapazität reduziert werden.

Ein prozessorientierter Anlagenbauer wie Uhde bietet seinen Kunden maßgeschneiderte Lösungen aus einer Hand, von der ersten Machbarkeitsstudie mit Gesamtkostenschätzung über das Basic-Engineering für die Vergasungsinsel und die Downstream-Units bis hin zur Ermittlung der Gesamtkosten. Wichtig ist, dass der Anlagenbauer bereit ist, die Prozessgarantie nicht nur für die einzelnen Prozesseinheiten, sondern für die gesamte im Auftragsumfang enthaltene Anlagenkette zu übernehmen. Er integriert die Prozesseinheiten zu einem optimierten Gesamtkonzept und stimmt somit alle internen Prozessschnittstellen ab.

Auswahl geeigneter Vertragspartner

Eine weitere Größe, die die Investitionskosten beeinflusst, ist die Wahl der Vertragskonditionen zwischen Kunden und Kontraktoren. Bei Projektvorhaben, die sich im Bereich mehrerer Milliarden Euro bewegen, bringt jeder Wunsch nach einer Single-Point-Responsibility des Kontraktors, sofern er überhaupt erfüllt werden kann, eine Premium-Beaufschlagung der Anlagenkosten mit sich, die bereits das Scheitern des Projektes bedeuten kann. Vergegenwärtigt man sich jedoch, dass ein Anlagenbauer weder eine Bank noch eine Versicherung ist und versucht daraufhin, die Projektrisiken dort zu belassen, wo sie am besten gehandhabt werden können, so führen die Aufteilung des Gesamtprojektes in wenige Teilpakete und die Auswahl geeigneter Haupt- Vertragspartner zu signifikanten Kostensenkungen.

Mit der Prenflo-Vergasungstechnik ist Uhde in der Lage, eine führende Rolle bei der Realisierung zukünftiger Anlagen auf Basis von Feststoffvergasung zu übernehmen und die Machbarkeit von Projekten von Anfang an mitzugestalten.

Kontakt:
Claudio Marsico,
Leiter Vertrieb - Gas Technologies
Uhde GmbH, Dortmund
Tel.: 0231/5473973
Fax: 0231/5473382
claudio.marsico@thyssenkrupp.com
www.uhde.biz, www.prenflo.com

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