Personal & Karriere

Führung: Immer öfter führen Frauen Teams bei Heraeus

Erfolgreiche Führung ist keine Frage des Geschlechts, sondern des Stils.

06.02.2017 -

Zukunftsforscher nennen den Megatrend „Female Shift“ – gemeint ist die Tatsache, dass Frauen vermehrt in die Arbeitswelt drängen und damit künftig auch mehr leitende Positionen innehaben werden. Dieser gesellschaftliche Wandel spiegelt sich auch in den Führungsetagen deutscher Unternehmen wider. Etwa bei Heraeus. Zwar sind die Managementebenen des Technologieunternehmens noch männlich geprägt, aber gerade im mittleren Management gibt es immer mehr Frauen in Leitungspositionen.

Dr. Muriel Thomas ist Teil dieses „Female Shift“. Die 41-jährige Ingenieurin bekleidet seit 15 Jahren verschiedene Führungspositionen im In- und Ausland. Derzeit leitet sie das Start-up Material Systems bei Heraeus Electronics und führt dabei ein Team von mehr als 50 Leuten. Thomas spricht mit Bedacht und schafft es so, auch komplexe Sachverhalte einfach zu erklären. Über ihren Job sagt sie: „Heute sind wir ein Materialanbieter für Elektronikmaterialien, künftig sind wir ein Lösungsanbieter.“ Hinter dieser vermeintlich einfachen Aufgabe verbirgt sich nichts Geringeres als die Neupositionierung des gesamten Bereichs. Denn mit der Erweiterung der Wertschöpfungskette von Materialien hin zu neuen Materialkombinationen dringt Heraeus in neue Märkte vor. Das Ziel: „Unsere Kunden profitieren von einer besseren Performance hinsichtlich Lebensdauer oder Effizienz des Produkts und sparen so Kosten.“

Auch ihre Kollegin Dr. Lotta Gaab scheut nicht die großen Aufgaben – auch wenn die 36-jährige Ingenieurin ein weit kleineres Team im Bereich Material- und Neuentwicklungen bei Heraeus Noblelight leitet. „Wir entwickeln die Strahlungsquellen der Zukunft“, sagt sie. Denn für ganz unterschiedliche industrielle Heizprozesse – vom Lackhärten in der Autoindustrie bis zum Einsatz im Anlagenbau für Photovoltaik – sind immer wieder Innovationen im Bereich der Infrarotlichtquellen gefragt. Dafür erarbeitet Gaab mit ihrem Team die wesentlichen Grundlagen, entwickelt neue Testreihen und evaluiert gemeinsam mit Partnern Ergebnisse für Produktneuentwicklungen.

Ihre Ausbildung haben die beiden Führungskräfte in unterschiedlichen Ländern begonnen – Thomas wählte die École Européenne d'Ingénieurs en Génie des Matériaux in Nancy, Frankreich, als Ausbildungsstart, Gaab begann an der Technischen Universität Darmstadt ihr Studium. Ihre Karrieren aber gleichen sich in vielen Punkten: Beide Frauen interessierten sich schon zu Schulzeiten für Naturwissenschaften, haben sich für ein Ingenieurstudium an einer angesehenen Hochschule entschieden und anschließend im Bereich Materialwissenschaften promoviert.

Die Zahl der Hochschulabsolventinnen steigt

Damit bestätigen die Managerinnen das, was Zukunftsforscher als die entscheidende Ressource im Wettbewerb um Führungspositionen identifizieren: höhere Bildung. Und die Zahl der Hochschulabsolventinnen in Deutschland steigt stetig. Allerdings: Während der Anteil der Studienabsolventinnen von 1992 bis 2009 von 39 % auf 51 % kletterte, vergrößerte sich im selben Zeitraum der Anteil von Frauen in Führungspositionen nur von 26 % auf 30 %. Das wird sich ändern, glauben Experten: Je mehr qualifizierte Frauen auf den Arbeitsmarkt drängen, umso größer wird auch der Druck auf die Unternehmenshierarchien.

Noch sind gerade Industrieunternehmen in Deutschland eindeutig männerdominiert. Managerinnen wie Gaab und Thomas sind nach wie vor die Ausnahme – auch bei Heraeus. Und selbst in ihren Teams ist nur ein zaghafter Wandel erkennbar. Denn wenn Thomas von „überraschend vielen Frauen“ in ihrer Mannschaft spricht, meint sie lediglich rund 20 % ihrer Mitarbeiter. Und auf der Suche nach qualifiziertem Personal stellt folglich auch Thomas immer noch häufiger Männer ein als Frauen. Woran liegt das? „Es fängt mit der Zahl der Bewerberinnen an“, sagt Thomas. „Es bewerben sich weniger Frauen und das zieht sich dann durch den gesamten Auswahlprozess hindurch. Die Frauen, die sich bewerben, sind also keinesfalls schlechter als ihre männliche Konkurrenz. Sie sind schlichtweg in der Unterzahl.“ Wohl auch, glaubt Thomas, weil bspw. in Produktionsbereichen der Umgang miteinander etwas rauer ist als in Labor- oder Verwaltungsbereichen. „Ich glaube, viele Frauen bevorzugen letzteres und bewerben sich deswegen eher auf F&E-, Qualitätsmanagement- oder administrativen Positionen.“

Dazu kommt die besonders in Deutschland oft diskutierte Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Vielleicht hilft da ein Blick auf das Nachbarland Frankreich? Thomas gibt auf diese Frage eine, wie sie selbst sagt, „sehr französische Antwort“: „Wenn man sich gut organisiert, dann funktioniert das wunderbar. Mein Mann und ich kümmern uns beide zu gleichen Teilen um unsere 8-jährige Tochter. Und wir sind als Familie damit sehr glücklich.“

Das Verständnis von Führung ändert sich

Für jene Frauen – ob mit oder ohne Kinder –, die es wagen, auch in einem männerdominierten Feld ihre Karriere zu starten, sind die Karriereaussichten heute viel besser als noch vor einigen Jahren, glauben die Heraus-Managerinnen. Das liegt vor allem an einem neuen Verständnis von Führung. „Heute ist situative Führung gefragt“, erläutert Gaab. „Es geht um die richtige Balance von Empathie und Klarheit.“ Und mit Blick auf ihr Start-up ergänzt Thomas: „Als Führungskraft muss ich begeistern können, meinen Mitarbeitern glaubhaft vermitteln, warum diese gemeinsame Aufgabe, die vor uns liegt, so unglaublich spannend ist.“ Das dabei natürlich der Blick auf die Zahlen nicht verloren gehen darf, darüber sind sich Thomas und Gaab einig.

Das neue Verständnis von Führung, das Thomas und Gaab genauso verkörpern wie ihre männlichen Kollegen in leitenden Positionen bei Heraeus, ist keineswegs ein Modetrend. Sondern vielmehr eine Notwendigkeit. Anders als noch vor einigen Jahren, fordern die Kunden nicht nur Produkte, sondern Lösungen. Die Aufgaben für Technologieunternehmen wie Heraeus sind daher komplexer geworden. Thomas erklärt: „Erfolgreiches Management bedeutet heute, verschiedene Stärken im Team zu nutzen und zusammenzubringen, um erfolgreiche Lösungen für den Kunden zu entwickeln. Auch deshalb sind die Zeiten der patriarchalischen Führung vorbei.“ Neue Anforderungen prägen also einen Führungsstil, der neue Führungspersönlichkeiten erfordert. Und andersherum werden Führungspositionen so für eine größere Bandbreite an Persönlichkeiten attraktiv. Kurzum: Egal ob männlich oder weiblich – die Führungsetagen werden bunter.

Nur, blickt man auf Führungsetagen heute, ist das noch Zukunftsmusik. Was also raten Thomas und Gaab Frauen, die schon heute nach oben wollen? „Ich beobachte immer wieder, dass Männer mit ihren Erfolgen und Misserfolgen anders umgehen. Viel selbstbewusster als manche Frauen. Mein Ratschlag lautet daher: Es hilft mutig zu sein. Man kann nur lernen.“ Gaab nickt: „Das gilt auch für Bewerbungen: Wer auf die Stellenanzeige wartet, die 100 % passt, verpasst Gelegenheiten. Man sollte sich nicht kleinmachen an den Dingen, die man vielleicht noch nicht kann.“ Und sie resümiert: „Wichtig ist es, nicht auf Anerkennung zu warten, sondern sich sichtbar zu machen. Weiter kommt nur, wer auf sich aufmerksam macht.“ (ag)

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