Strategie & Management

Innovation in der Chemieindustrie

Effektive Steuerungsmechanismen sind ein unentbehrliches Werkzeug beim Management von Innovationen

16.07.2014 -

Der erste Teil der Beitragsserie „Innovation in der Chemieindustrie" in CHEManager 9/2014 befasste sich mit dem Aspekt Innovationsstrategie. Die Kernaussage darin lautete: Zur Maximierung des Ertrags aller Innovationsanstrengungen ist eine Innovationsstrategie notwendig, die die im Unternehmen vorhandene Energie fokussiert. Die Entwicklung dieser Strategie erfordert eine Einbindung interner und externer Meinungen sowie Fakten. Die Strategie liefert dann einen unternehmensspezifischen Rahmen für die Steuerung und Organisation des Innovationsprozesses.

Dieser zweite Teil der Beitragsserie „Innovation in der Chemieindustrie" behandelt die wertorientierte Steuerung der kreativen Aktivitäten im Innovationsprozess.

Beobachtete Probleme

„Wie sollte man Innovation beobachten und steuern können, wenn noch nicht einmal klar ist, was in unserem Unternehmen als Innovation angesehen wird?" Oder: „Innovation ist das Resultat kreativer Einfälle, die man erstens nicht steuern kann. Und zweitens sollte man tunlichst vermeiden, Kreativität zu reglementieren."

Solche und viele ähnliche Aussagen belegen, dass kontinuierliche Optimierung von Innovation vorgelagerten Aktivitäten noch nicht auf der Tagesordnung einer Vielzahl von Unternehmen steht. Dabei ermöglicht ein permanenter Abgleich mit klar definierten Innovationszielen, durch fördernde Maßnahmen bei Zielerreichung bzw. korrigierende Maßnahmen bei Zielverfehlung, einen erheblichen Mehrwert für Unternehmen. Durch auf die Innovationsziele ausgerichtete Anreizstrukturen kann auch Einfluss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit genommen werden.

Die Realität sieht in der Chemieindustrie meist anders aus. Innovation zeigt sich häufig als Teil eines schwer greifbaren Schattenprozesses, oder sie manifestiert sich als eine Abfolge von Erkenntnismomenten, die Unternehmen schicksalhaft und willkürlich heimsucht. Anders zum Beispiel in der IT/Elektronik- oder Automobilindustrie: Unternehmen dieser Branchen scheinen es zu schaffen, weitreichende Innovationen kontinuierlich und schnell in Gang zu setzen. Fortschritt und Entwicklung stellen sich als Ergebnis gezielter Anstrengungen dar. Das zeigt ein Blick auf Jahrzehnte zurückreichende Technologieführerschaften oder auch unternehmerische „Best Practice"-Positionen.

Übertragen auf die Unternehmenswelt bedeutet dies:

l Es lohnt sich, sowohl die gezielte als auch die zufällige kreative Leistung in Bereichen zu fördern, die Innovationen mit dem größten Werthebel versprechen.

l Innovation ist das Resultat kreativer und dynamischer Prozesse, die in Verbindung mit der Unternehmenskultur von allen Unternehmensbereichen angetrieben werden sollten. Die Innovationsziele sollten regelmäßig hinterfragt und kontinuierlich mit den laufenden Aktivitäten abgeglichen werden. Eine effektive Anreizstruktur kann hierbei helfen, eine Innovationskultur mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit und optimalen Wertbeiträgen zu schaffen, die auf Zielerreichung und Langfristigkeit ausgerichtet ist.

Alle Ideen müssen folglich mit einer Innovationsstrategie abgeglichen werden. Ein systematisch geführter Selektionsprozess ist erforderlich, um die richtigen Vorhaben herauszufiltern. Spätestens hier erfährt der Innovationsprozess in den meisten Unternehmen bereits einen Knick.

Ziel und Zweck

Nicht jede machbare Innovation ist auch sinnvoll. Große Wirkung entfalten Innovationen dann, wenn sie einen besonders großen wertschöpfenden Hebel erzeugen - etwa dort, wo eine Differenzierung vom Wettbewerb Vorteile bringt. Zu einer funktionierenden Innovationskultur gehört auch die Beherrschung der Werkzeuge, die den Effekt innovativer Projekte langfristig berechenbar machen. Darüber hinaus müssen sich Chemieunternehmen in die Lage versetzen - durch eigene Kraft oder mit Unterstützung kompetenter Berater -, Ideen und Vorhaben zu bewerten, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen bereits eine bewusste Innovationsstrategie entwickelt hat und nun vor der Herausforderung steht, seine Ziele samt Strategie nachhaltig zu verfolgen, indem Steuerungsmechanismen zum Tragen kommen.

Methode/Vorgehen

Hat das Unternehmen eine Innovationsstrategie entwickelt und seine Ziele definiert, sind funktionierende Steuerungsmechanismen von großer Bedeutung. Der Schwerpunkt liegt nun also weniger auf der Innovation selbst, sondern vielmehr auf dem Rahmen und den Anreizstrukturen, die einen permanenten Abgleich aller Aktivitäten mit dem Innovationsziel sicherstellen. Zwei Punkte sind für die erfolgreiche Umsetzung wesentlich:

l Sicherstellung eines kontinuierlichen Zielabgleichs.

l konsequente Fokussierung auf identifizierte Innovationspotentiale.

Dabei kann der erste Punkt als „Verwaltung" des laufenden Aktivitätenportfolios betrachtet werden, wohingegen der zweite die zukünftige Allokation von Ressourcen auf die richtigen Vorhaben sicherstellen soll. Parallel dazu müssen für die zwei genannten Punkte die Verantwortlichkeiten abgestimmt und die Entscheidungsträger bzw. -organe ernannt werden.

Errichten eines kontinuierlichen Zielabgleichs

Basierend auf den zuvor bestimmten Innovationskriterien und Priorisierungen gemäß den vielversprechendsten Werttreibern müssten Unternehmen in der Lage sein, ihre laufenden Aktivitäten gemäß ihrer Innovationsstrategie zu steuern:

l ständige Bewertung und permanenter Abgleich des Portfolios an laufenden Aktivitäten und der Innovationserrungenschaften mit den formulierten Innovationszielen.

l Berücksichtigung der Effektivität, mit der Innovationsziele verfolgt werden.

l die Möglichkeit, Innovationsziele flexibel an neue Marktrealitäten anzupassen.

Anhand des Innovationswirkungsschemas lässt sich zusätzlich Aufschluss über die Effektivität einzelner Investitionsausgaben gewinnen, indem ihnen die erwarteten Renditen gegenübergestellt werden (vgl. Abbildung 1).

Die wertorientierte Steuerung innovativer Prozesse verlangt, die übergeordneten Innovationsziele ständig zu überprüfen, sie also regelmäßig zu bestätigen oder gegebenenfalls anzupassen. Je nach Ergebnis kann es auch notwendig werden, die Innovationsstrategie zu modifizieren.

Um die laufenden Aktivitäten hinsichtlich ihres innovativen Beitrages, ihrer Effektivität und Aktualität sorgfältig bewerten zu können, empfiehlt sich die Errichtung einer unabhängigen und verantwortlichen Zuständigkeit.

Konsequente Fokussierung auf identifizierte Innovationspotentiale

Im Folgenden wenden wir uns dem Auswahl- bzw. Steuerungsprozess von zur Entscheidung anstehenden Innovationsaktivitäten zu. Auf Basis der Innovationsstrategie muss nun sichergestellt werden, dass:

l neue Initiativen oder Aktivitäten der Innovationsstrategie entsprechen.

l für neue Initiativen oder Aktivitäten klare Zielvorgaben (Milestones) festgelegt werden.

l grundsätzlich jede die Innovationsstrategie verfolgende Idee potentiell die Aussicht auf Förderung und positiven Entscheid hat.

Der erste Punkt stellt sicher, dass alle neuen Aktivitäten auf die Zielerreichung hinwirken. Wenn nicht bereits im Kriterienkatalog formuliert, können zusätzliche Selektionshilfen herangezogen werden: risikoangepasster Barwert (NPV = Net Present Value); Mischung des neuen Produktportfolios; Ressourcenverfügbarkeit nach Region, Fähigkeiten oder Funktion; Entscheidungsbäume; Simulationen und Test-/Launch-Ergebnisse.

Durch den zweiten Punkt wird erreicht, dass sich alle neuen Aktivitäten in den im vorherigen Abschnitt beschriebenen kontinuierlichen Zielabgleich einfügen lassen.

Der dritte Punkt ist einer der bedeutendsten, um eine innovative Kultur für alle Mitarbeiter im Unternehmen erlebbar zu machen: Nur wenn die Ideen und Vorschläge der Mitarbeiter ein Forum bekommen und unvoreingenommen bewertet werden, können sie sich im Unternehmen entfalten.

Es gibt verschiedene Ansätze, diese Anforderungen zu erfüllen. Alle basieren zum einen auf entsprechenden Anreizmechanismen, zum anderen auf einem klar definierten Entscheidungsprozess durch hierfür eigens eingerichtete Entscheidungs- bzw. Beratungsorgane. Die „Härte" der Entscheidungsgewalt, die Frage, ob zentral oder dezentral gesteuert werden soll, und der Grad der Unabhängigkeit der Entscheidungsträger kann von Unternehmen zu Unternehmen variieren, solange das Innovationsziel nicht gefährdet wird. Darüber hinaus muss eine allgemein anerkannte IT-gestützte Plattform genutzt bzw. errichtet werden, um ein breites Publikum in der Belegschaft zu jedem Zeitpunkt über die aktuellen Innovationsziele und die verfolgte Innovationsstrategie zu informieren.

Effektive und effiziente Steuerungsmechanismen, die eine permanente Abgleichung aller Aktivitäten mit dem Innovationsziel sicherstellen, sind ein unentbehrliches Werkzeug beim Management von Innovationen. Insbesondere gilt dies für die Chemieindustrie mit ihren teilweise langen und oft sehr kostenintensiven Innovationsprojekten.

Der folgende dritte Teil dieser Serie über Innovation in der Chemieindustrie in CHEManager 11/2014 behandelt die erfolgreiche Implementierung eines Innovationsprozesses.

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