Anlagenbau & Prozesstechnik

Kombination von Kompetenzen

Ferrostaal und Haldor Topsoe gründen Joint Venture für Großprojekte in der Petrochemie

09.06.2015 -

Die Engineering-Unternehmen Ferrostaal, Essen, und Haldor Topsoe, Kopenhagen, haben im April das Joint Venture Ferrostaal Topsoe Projects gegründet, an dem beide Partner zu gleichen Teilen beteiligt sind. Der deutsche Projektentwickler und EPC-Dienstleister und der dänische Katalysatoren- und Prozesstechnikanbieter für petrochemische Anlagen arbeiten bereits seit geraumer Zeit zusammen. Sie wollen nun ihre Geschäftsaktivitäten in der Petrochemie weiter ausbauen und das Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in Essen als einen führenden Anbieter für die Planung, Finanzierung und Umsetzung von Großprojekten in der Petrochemie sowie der Raffinerie- und Umwelttechnik positionieren. Gegenüber CHEManager erläutert Ferrostaal-Geschäftsführer Dr. Klaus Lesker die Strategie.

CHEManager: Herr Lesker, welche Leistungen bieten Ferrostaal und Haldor Topsoe gemeinsam an?

Dr. K. Lesker: Wir bieten unseren Kunden eine ganz besondere Kombination und Partnerschaft. In dem neuen Unternehmen verbinden wir unsere jahrzehntelange Erfahrung in der Projektplanung inklusive Investitionsfragen mit der Technik eines Weltmarktführers für Katalysatoren. Das bedeutet für unsere Kunden attraktive Finanzierungsmöglichkeiten, Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Businessplans, Nutzung unseres weltweiten Netzwerks, bestmögliche technische und prozessuale Planung und Umsetzung der Investition von Anfang an.

Was ist das Besondere an diesem Angebot?

Dr. K. Lesker: Wir integrieren alle notwendigen Partnerunternehmen, strukturieren Projektgesellschaften und engagieren uns auch mit Kapital. Zudem steuern wir zusammen mit Partnern das EPC-Contracting - d.h. Planung, Modullieferung und Bau - und den Betrieb der Anlagen, um strategische Investitionen und deren nachhaltige Entwicklung sicherzustellen. Alle diese Aktivitäten sind in ein kontinuierliches Risk-Assessment eingebettet und entsprechen allen sozialen und umwelttechnischen Anforderungen. Ferrostaal Topsoe Projects ist eine perfekte Kombination von Kompetenzen entlang der Wertschöpfungskette. Damit bieten wir ein weltweit einzigartiges Angebot.

Bei diesen Kompetenzen entlang der Wertschöpfungskette spielt die Technologie sicher eine zentrale Rolle.

Dr. K. Lesker: Ja! Es ist für unsere Kunden ein großer Vorteil, dass wir die Technologie von Haldor Topsoe von Anfang an in der Projektentstehung mit an Bord haben. Haldor Topsoe sorgt als Weltmarktführer in vielen Technologiebereichen durch hohe Investitionen in der Forschung dafür, dass ständig innovative Lösungswege für unsere Kunden bereit stehen. Im Ergebnis können unsere Kunden durch unsere integrative Projektentwicklung im Vergleich zu getrennten Ausschreibungsverfahren von Industrieprojekten ihre Produkte bis zu neun Monate früher am Markt verkaufen. Dadurch steigen der Profit und die Rentabilität von Investitionen erheblich, so schaffen wir die beste Lösung für die nachhaltige Nutzung der Rohstoffe.

An welchen Projekten arbeiten sie bereits mit Haldor Topsoe zusammen?

Dr. K. Lesker: Aktuell kooperieren wir bei zwei großen Ammoniakanlagen in Tansania und Kamerun. In Mtwara, im Süden von Tansania, sind wir an der Entwicklung einer Großanlage zusammen mit der Tanzania Petroleum Development Corporation beteiligt. Dieses Projekt ist mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde US-Dollar das größte deutsche Investment-Projekt im Land und wird einen erheblichen Effekt auf die wirtschaftliche Entwicklung haben. Darauf freuen sich vor allem die Landwirte in Tansania, denn Ammoniak ist der Hauptbestandteil von Düngemitteln. Die Landwirtschaft steht für ein Drittel des Bruttoinlandproduktes in Tansania und beschäftigt mehr als drei Viertel der Bevölkerung.

Sie sprachen eben von sozialen und umwelttechnischen Anforderungen. Könnten Sie das erläutern?

Dr. K. Lesker: Es gehört zu unserer gemeinsamen Geschäftsphilosophie, dass wir einen positiven Beitrag für die Entwicklung in Schwellenländern, die ihre natürlichen Ressourcen wie Gas oder auch Kohle nutzen können, leisten wollen. So versetzen wir diese Länder in die Lage, wichtige petrochemische Erzeugnisse für ihr Land und den Export in die Regionen zu produzieren. Das schafft Arbeitsplätze und ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum in diesen Ländern.

Das Beispiel Tansania veranschaulicht das gut: Indem wir Investitionen von mehr als einer Milliarde US-Dollar in den Düngemittelkomplex ermöglichen, kann Tansania die enormen Gasvorkommen mit hohem Nutzen für die Wirtschaft und Infrastruktur verwerten. Mit dem Bau und dem Betrieb der neuen Düngemittelfabrik, die 2019/2020 fertig gestellt werden soll, werden rund 5.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze entstehen.

In welche Länder fliegen Sie derzeit, um das Joint Venture bekannt zu machen?

Dr. K. Lesker: Zusammen sind wir zuletzt nach Indonesien geflogen, um Vertreter der Wirtschaft und Politik zu treffen. Wir wollen hier mit lokalen Partnern einen großen Petrochemiekomplex verwirklichen. Auch in Tansania hatte ich Gelegenheit, anlässlich einer gemeinsamen Reise mit Bundespräsident Gauck relevante Entscheidungsträger zu sprechen. Unsere neue Zusammenarbeit im Joint Venture bietet nun die optimale 360-Grad-Lösung für solche Industrieprojekte und trifft auf große Resonanz. Wir sind vom Start weg gut vernetzt in den relevanten Märkten, da sowohl Ferrostaal als auch Haldor Topsoe im Petrochemiesegment bereits gefragte Marktteilnehmer sind.

Wo sehen Sie das größte Auftragspotenzial?

Dr. K. Lesker: Gemeinsam sehen wir großes Marktpotenzial vor allem in den stark wachsenden Schwellenländern, sind aber auch optimistisch für die Erteilung von Aufträgen aus Regionen wie Nordamerika.

Welche Auswirkungen haben äußere Bedingungen wie die instabilen politischen Verhältnisse in manchen Ländern Afrikas?

Dr. K. Lesker: In Afrika sind wir derzeit wie erwähnt vor allem in Tansania und Kamerun engagiert. Hier sind die Verhältnisse weitaus stabiler und geordneter, als es von Europa aus scheint. Unsere langjährige Erfahrung in diesen Ländern ist für uns dabei eine wichtige Voraussetzung, um die Sicherheit und Attraktivität von Investitionen für unsere Projektpartner zu beurteilen. Gerade in solchen Schwellenländern können wir auf erfolgreiche und milliardenschwere Projekte in Trinidad oder Venezuela verweisen.

Und wie beurteilen Sie den derzeit niedrigen Ölpreis für Ihre Geschäftssichten?

Dr. K. Lesker: Der niedrige Ölpreis bietet Risiken und Chancen zugleich. Einerseits führt ein niedriger Ölpreis in Regionen mit Öl-/Gaspreisbindung zu niedrigeren Feedstock-Preisen bzw. niedrigen Erwartungen an Gaspreise, andererseits sind niedrige Ölpreise negativ für Investitionsentscheidungen in der Explorationsindustrie. Insofern sind Investitionen in Öl-/Gasfelder, die sich weitgehend aus den prospektiven Einnahmen aus dem Ölverkauf amortisieren möglicherweise in ihrer weiteren Exploration gebremst, was dann auch für die Verfügbarkeit von Gas in unseren Projekten bremsend wirken kann. Hier kommt es sehr auf den jeweiligen Einzelfall an, welcher Aspekt überwiegt.

Was sind die nächsten Ziele und Meilensteine?

Dr. K. Lesker: Wir gehen davon aus, dass wir von Anfang an profitabel arbeiten können. Wir haben eine Reihe von ehrgeizigen und anspruchsvollen Projekten in der Pipeline, die sich schon 2016/17 realisieren könnten. Darüber hinaus erwarten wir einen positiven Impuls für die Finanzmärkte und Investoren, einen deutlichen Schub bei der Nachfrage unserer Technologieprodukte und einen neuen Zugang zu komplexen und hochprofitablen Projekten für das Joint Venture.

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