Logistik & Supply Chain

Lang lebe die Schiene

Warum der Schienengüterverkehr die Zukunft der Supply Chain bestimmen wird

21.10.2022 - Es gab eine Zeit, da wurden die europäischen Eisenbahnen von der ganzen Welt beneidet.

Doch mit dem Aufschwung des Flugverkehrs und der Autobahnen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geriet der Schienenverkehr mehr und mehr ins Hintertreffen. Heutzutage erlebt die Bahn jedoch ein Comeback. In den letzten Jahren ist das Interesse am Schienengüterverkehr als nachhaltiger und effizienter Verkehrsträger wieder gestiegen. Dies ist u.a. auf den europäischen Green Deal zurückzuführen, der Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen soll. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, muss der Verkehrssektor seine Treibhausgasemissionen erheblich reduzieren.

Ist die Schiene auf diese ambitionierte Zukunft vorbereitet?

Zeit für mehr Licht im Dunkel

Tatsächlich ist der Schienengüterverkehr ein unverzichtbarer Bestandteil des europäischen Verkehrsnetzes und befördert jedes Jahr Millionen von Tonnen von Gütern. Fragt man die verladende Wirtschaft nach ihren Assoziationen mit dem Wort Bahn kommen jedoch Themen wie: Blackbox, kompliziert, zu teuer, unflexibel, ein Rätsel für sich. Alles Mythos oder ist an diesen Vorurteilen etwas dran?

Schauen wir auf die Aussage, der Schienengüterverkehr sei unflexibel. Es gibt viele Faktoren, die zu berücksichtigen sind, wenn man die Flexibilität des Schienengüterverkehrs mit anderen Verkehrsträgern vergleicht. Zum Beispiel sind die Fahrpläne der Züge oft zuverlässiger als die anderer Verkehrsträger, da sie nicht den gleichen Wetterbedingungen und Staus ausgesetzt sind. Diese Zuverlässigkeit kann ein großer Vorteil für Unternehmen sein, die Güter innerhalb eines engen Zeitplans transportieren müssen. Der Schienengüterverkehr kann darüber hinaus an die Beförderung fast aller Arten von Gütern angepasst werden, von Flüssigkeiten über Feststoffe bis hin zu Behältern in allen Formen und Größen.
Schienengüterverkehr hat außerdem den Ruf, teurer zu sein als andere Verkehrsträger. Auch dies ist nicht systematisch der Fall. Wenn man die Kosten für Kraftstoff, Fahrerlöhne und Fahrzeugwartung berücksichtigt, kann der Schienengüterverkehr tatsächlich kostengünstiger sein als andere Verkehrsträger.

Woher also das Unbehagen rund um Bahntransporte? Schauen wir der Realität ins Auge: Wir haben 2022, die nächste Mondlandung steht bevor, doch Bahntransporte werden immer noch mit Excel, Mail, Fax und Telefon geplant und bei der Durchführung verfolgt.

EU als Treiber: keine Verkehrswende ohne Schiene

Der Schienengüterverkehr ist die einzige verfügbare Option zur Verringerung der CO2-Emissionen unseres Verkehrssektors. Er bietet unbestreitbare logistische Vorteile, und es ist erwiesen, dass diese Form des Transports die CO2-Emissionen mehr als jede andere Methode reduziert.  

Obwohl elektrische und wasserstoffbetriebene Lkw viele Hoffnungen wecken, werden sie laut Expertenstudien bis 2030 im Fernverkehr eher eine Randerscheinung bleiben. Die Gründe dafür liegen in den Beschränkungen der Autonomie, der Notwendigkeit, das Gewicht der Ladung aufgrund des Gewichts der Batterie zu verringern, und den vielen Schritten, die für eine industrielle Produktion von Fahrzeugen erforderlich sind.

Ein kurzer Blick über die vorhandenen Technologien führte die Europäische Union zu einer Schlussfolgerung: Allein die Umweltbelange rechtfertigen die Notwendigkeit einer raschen Verlagerung auf die Schiene. Daraufhin wurde das Ziel festgelegt: Auf europäischer Ebene sollte der Anteil des Schienengüterverkehrs von heute 17 % auf 30 % im Jahr 2030 erhöht werden.

Die Investitionen der Europäischen Kommission in die Eisenbahninfrastruktur und die digitale Technologie führen zu einer Wiederbelebung des Interesses am Schienengüterverkehr als einem nachhaltigen und effizienten Verkehrs­träger. Dies ist eine gute Nachricht für Supply-Chain-Entscheider, die nach Möglichkeiten suchen, ihren ökologischen Fußabdruck und ihre Kosten zu reduzieren. Der Schienengüterverkehr hat viele Vorteile gegenüber dem Straßengüterverkehr, darunter geringere Emissionen pro Tonnenkilometer und (meist) weniger Beeinträchtigungen für die örtliche Bevölkerung. Mit den richtigen Investitionen in Infrastruktur und Technologie hat der Schienengüterverkehr das Potenzial, der dominierende Verkehrsträger in Europa zu werden.

Um die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu fördern, arbeitet die Europäische Kommission an der Verbesserung der Infrastruktur, einschließlich der Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken, der Modernisierung von Eisenbahnnetzen und dem Bau neuer Strecken mit hoher Kapazität. Aufgrund langer Planungs- und Umsetzungszeiten – der Neubau einer Bahnstrecke dauert in Deutschland durchschnittlich 20 Jahre! – stellt sich jedoch die Frage, wie die Kapazitäten auf Schiene bereits heute effizienter genutzt werden können.

 

© Everysens

 

Wie Daten das Infrastrukturproblem lindern

Die Erneuerung der Netze ist zeitaufwendig, aber wir haben nur noch acht Jahre Zeit, um unser 30%-Ziel bis 2030 zu erreichen. Könnten neu verfügbare Daten das Infrastrukturproblem umgehen?

Werfen wir einen Blick auf die Nutzung von Waggons. Eisenbahnwagen können stillgelegt werden und manchmal auch verloren gehen. Angesichts der Probleme mit der Verfügbarkeit von Waggons greifen viele Verlader darauf zurück, mehr Züge zu schicken oder eine Menge, die mit einem einzigen Zug hätte befördert werden können, durch Lkw zu kompensieren. Mit Hilfe von Waggonstandortdaten und entsprechenden Warnmeldungen können Industrieunternehmen ihren Fuhrpark besser nutzen und die gleiche Frachtmenge mit weniger Zügen befördern, wodurch das In­frastrukturproblem entschärft wird.

Ein weiteres Beispiel für die Macht der Daten kommt aus der Welt des Einzelwagenverkehrs. Diese Betriebsart beruht auf der Bündelung: Einzelwagen von vielen Verladern werden je nach Zielort zu Zügen zusammengestellt. Aufgrund mangelnder Transparenz und Zuverlässigkeit verlor dieser Dienst jedoch nach und nach die Kunden, bis er für die Bahnbetreiber unrentabel wurde. Auch hier helfen Daten, diese Leistung zu reaktivieren. Die Messung der tatsächlichen Transitzeit und die Identifizierung von Stillstandsmustern in jedem Gebiet ist ein erster Schritt, um einzelne Waggons schneller zu befördern, wie ein kürzlich durchgeführtes Projekt zwischen Everysens, Arkema und Fret SNCF zeigt.
Die Magie geschieht, wenn man Echtzeitdaten mit kollaborativer Planung verbindet (was wir bei Every­sens übrigens auch tun). In der Planungsphase werden alle Zwänge der beteiligten Partner berücksichtigt und auf Bauarbeiten, Streiks oder Verfügbarkeitsprobleme kann frühzeitig aufmerksam gemacht werden. Dadurch verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass es während des Transports zu kritischen Problemen kommt, und die volle Echtzeittransparenz über die Warenströme bleibt erhalten. Darüber hinaus lässt sich dank der äußerst zuverlässigen Analysen, die aus den Sensordaten gewonnen werden, das Netzwerk und die Planung optimieren. Ein wirkungsvoller Kreislauf.

Güterverkehr wieder auf die Schiene bringen

Zugegeben: transparente Einzelwagenverkehre, Echtzeitverfolgung aller Waggonbewegungen, jederzeit zugängliche Leistungsdaten der Schienentransporte mögen aus Sicht eines Verladers heute futuristisch klingen. Doch ist das für Unternehmen wie Arkema, HeidelbergCement oder Borealis, die die Everysens-Lösung gewählt haben, heute schon Realität. Verlader aus der Chemie, Energieindustrie und anderen Branchen, die zu unseren Kunden gehören, nutzen diese Echtzeit- und Kollaborationsdaten bereits in ihrem Bahnbetrieb. Automatisierte Planung, Echtzeittransparenz, Flottenwarnungen Estimated Time of Arrival (ETA) helfen ihnen, mehr Fracht über die Schiene zu versenden und dabei wettbewerbsfähig zu bleiben. Die beste Zeit, um auf die Schiene zu wechseln, war gestern. Die zweitbeste ist jetzt. Werden Sie sich der Bewegung anschließen?

Autorin: Pélagie Mepin-Koebel, Country Director Germany, Everysens, Duisburg

 

„Der Schienengüterverkehr ist die einzige verfügbare Option zur Verringerung der CO₂-Emissionen unseres Verkehrssektors.“

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