Logistik & Supply Chain

Lang-Lkw - Die Praxis wird es zeigen

Lang-Lkw und ihre Integration in Logistiknetzwerke

18.11.2010 -

Im Jahr 2011 werden aller Voraussicht nach lange Lastkraftwagen (Lang-Lkw) in einem weiteren Feldversuch durch Deutschland rollen. Trotz eines insgesamt ablehnenden Votums der Länderverkehrsministerkonferenz im Oktober 2010 hält Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer an dem geplanten Vorhaben fest. Auf ausgewählten landesweiten Strecken sollen die bis zu 25,25m langen Fahrzeuge auf ihre Praxistauglichkeit hin untersucht werden. Die Einführung einer neuen Fahrzeuggattung wird auch starken Einfluss auf die Gestaltung bestehender und neuer Logistiknetzwerke in der Chemie- und Pharmaindustrie haben.

Zusammengekoppelt aus verschiedenen, standardisierten Lkw-Modulen, wird aus einem „einfachen Lkw" ein, wie ihn das Bundesverkehrsministerium seit 2010 nennt, „Lang-Lkw". In der öffentlichen Debatte haben sich für diese Klasse von Fahrzeugen auch Begriffe wie z. B. „Gigaliner", „EuroCombi", „Ökoliner", oder mitunter auch „Monstertruck" etabliert. Diese bis zu 25,25m langen und bis maximal 44t schweren Fahrzeuge werden nun 2011 im Rahmen des landesweiten Feldversuchs intensiv erprobt.

Die einzusetzenden Lkw werden in diesem Fall aus einem Motorwagen bestehen, dem mit Hilfe einer lenkbaren Dollyachse ein Sattelauflieger angehängt wird. Erfahrungen aus Schweden, wo heute 90% der Transportleistung mit diesen Fahrzeugen bewältigt wird, bescheinigen einer so gekoppelten Kombination gute Fahreigenschaften. Mit dem zulässigen Gesamtgewicht von 44t bringen die neuen Fahrzeuge nicht mehr Gewicht auf die Straße als die bereits heute in Deutschland im Vor- und Nachlauf des Kombinierten Verkehrs eingesetzten Lkw.

Fahrzeugauslastung entscheidet über Effizienz

Durch die unveränderte Obergrenze des Gesamtgewichts sind die modularen Kombinationen speziell für Volumengüter interessant, bei denen eher der verfügbare Laderaum als das Gewicht der transportierten Güter den limitierenden Faktor darstellt. In der Chemie- und Pharmaindustrie können dies beispielsweise leichte, palettierte Verpackungsmaterialien wie z. B. Blister oder auch Produkte wie z. B. Dämmmaterialien im Bereich der Bauchemie sein. Die etwa 150m³ Ladevolumen eines Lang-Lkw können bei solchen Produkten annähernd komplett ausgefüllt werden.

Eine hohe Fahrzeugauslastung ist entscheidend, denn erst ab einem Auslastungsgrad von über 80% befördert ein Lang-Lkw ein Packstück kostengünstiger als ein konventionelles Fahrzeug. Zwei Lang-Lkw können das Volumen an Gütern befördern, das bislang durch drei konventionelle Lkw abgefahren wurde. Die an früheren bundeslandspezifischen Feldversuchen beteiligten Spediteure sprachen von einem Kosteneinsparungspotential der Lang-Lkw von 25%. Streckenbezogene Modellrechnungen der Mannheimer Unternehmensberatung für Logistik und Unternehmensführung Tim Consult haben diese Größenordnung bestätigt.

Voraussetzungen beim Verlader

Auch bei der Planung von Distributionsnetzen in der Chemie- und Pharmaindustrie ergeben sich durch die Lang-Lkw sowohl neue Effizienzpotentiale als auch gewisse Einschränkungen:

Längere Fahrzeuge haben nicht nur auf der Straße einen größeren Platzbedarf, insbesondere die Ladehöfe sehen sich neuen Herausforderungen gegenüber. Praktische Erfahrungen aus Schweden belegen, dass sich ein Lang-Lkw wie ein normaler Gliederzug rückwärts an die Rampen setzen lässt. Doch ist für das Rangieren eine größere Fläche notwendig. Gleichermaßen wird der Platzbedarf für parkende und auf die Abfertigung wartende Fahrzeuge ansteigen. Logistikstandorte mit begrenzten umliegenden Freiflächen können die Lang-Lkw unter Umständen nicht abfertigen. Das volle Rationalisierungspotential ausschöpfen werden nur die Verlader können, die ihre Abläufe in Be- und Entladung inkl. der Verkehrsabwicklung in ihren Standorten anpassen.

Durch ihre Abmessungen werden diese Fahrzeuge in der Regel nicht zwischen allen Standorten in der Fläche verkehren können. Dies insbesondere dann, wenn ihr Einsatz nur auf qualifizierten Straßen zugelassen werden sollte, im Extrem bspw. auf vierspurigen Fernstraßen. Unter diesen Umständen könnten sie nur zwischen exzellent angebundenen Logistikzentren zum Einsatz kommen oder zwischen neu einzurichtenden, strategisch gelegenen Wechselplätzen. Der Vor- und Nachlauf zu diesen Punkten würde dann weiterhin mit konventionellen Lkw durchgeführt werden.
Insofern fördert die Einführung der Lang-Lkw die weitere Industrialisierung des Transport-prozesses auf der Straße und wird mittelbar zur weiteren Marktkonzentration in der Transportbranche beitragen.

Ergänzung zum Kombinierten Verkehr

Aus der operativen Prozesssicht ähnelt der Lang-Lkw stark dem Kombinierten Verkehr (KV), wo zwischen zwei Umschlagterminals das gebündelte Transportvolumen mehrerer Einzelrelationen per Bahn oder Schiff transportiert wird. Somit ist das Konzept des Lang-Lkw, des Road Trains im buchstäblichen Sinn, als Ergänzung zu den bisher verfügbaren Verkehrsträgern zu sehen. Ihr Einsatz bietet sich insbesondere dort an, wo das Aufkommen einzelner Direktrelationen sinnvoll gebündelt werden kann, jedoch aus wirtschaftlichen oder prozessbedingten Gründen (Laufzeit, Zuverlässigkeit, Flexibilität etc.) oder aufgrund fehlenden Zugangs zur Infrastruktur nicht auf die Bahn oder das Schiff verlagert werden kann.
Der kommende Feldversuch wird letztlich zeigen müssen, wie der Lang-Lkw sinnvoll in Logistiknetzwerke integriert werden kann. Wichtig hierbei wird eine im Nachgang objektive Beurteilung dieser Fahrzeuge sein. Selektiv eingesetzt stellen sie eine vernünftige Erweiterung des Angebots an Verkehrsträgern dar. 

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