Logistik & Supply Chain

Lückenlose Transparenz in der Supply Chain

Vier wichtige Handlungsfelder für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement

12.10.2021 - Ob beim Gefahrguttransport oder einer ganz normalen Routenplanung: Supply Chains bergen bei der Ausrichtung des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsziele sowohl Risiken als auch Chancen.

Vier Handlungsdimensionen sind entscheidend, um beim Management der Lieferketten diese Chancen zu nutzen und zugleich Reputationsschäden oder Haftungsfälle zu verhindern.

In der Analyse einer Lieferkette stellen sich folgende Fragen: Wie sind die einzelnen, vorgelagerten Stufen der Wertschöpfung gestaltet? Welche Akteure sind für welche Aufgaben verantwortlich? Gefährden oder unterstützen diese die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bzw. der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsstandards? Ein Supply Chain Mapping visualisiert den Aufbau der Lieferkettenstufen vom Rohstofflieferanten bis zum ausgelieferten Produkt.
Dazu sollten Operationsmanager Informationen aus zwei Quellen zusammenstellen, wie interne Daten, KPI, Berichte zur Lieferantenstruktur jenseits der Stufe der Direktlieferanten. Diese liegen in der Regel z.B. im Einkauf, Qualitätsmanagement, F&E oder bei Compliance-Verantwortlichen vor. Zum anderen könnten die Direktlieferanten bereits selbst Lieferketten abbilden und damit wertvolle Informationen beisteuern. Risiken in der gesamten Wertschöpfungskette sind zu identifizieren:

  • Über die direkten Geschäftspartner hinaus alle Stakeholder und deren Aktivitäten benennen – von den Rohstofflieferanten bis zur letzten Meile in der Logistik
  • Alle wesentlichen Produkt- und Leistungsgruppen abbilden und nach Beschaffungskosten oder CO2-Relevanz priorisieren

Risk Assessment: Gefahrenlage einschätzen

Welche Risiken lauern in den Lieferketten des Unternehmens – sei es in Hinblick auf negative Auswirkungen auf die Umwelt oder für das eigene Unternehmen (Haftung, Reputation etc.)? Aufbauend auf dem Supply Chain Mapping geht es darum, entsprechende „Gefahrenzonen“ zu identifizieren. Wir empfehlen ein Vorgehen in vier Schritten:

  • Produktionsbedingungen nach Ländern/Regionen klären
    Überprüfen, ob der Hersteller/Lieferant in einem Land mit niedrigem, mittlerem oder hohem Risiko gemäß der Länderrisikoklassifizierung ansässig ist.
  • Branchenspezifische Risiken und potenzielle Schwachstellen identifizieren
    Industrielle Prozesse können auto­matisiert und so gut wie unbedenklich sein, obwohl sie in einem Hochrisikosektor angesiedelt sind. Dennoch sollte man branchenbezogene Risiken nicht unterschätzen.
  • Rohstoffkategorien bewerten
    Die Herkunft der Rohstoffe muss eindeutig rückverfolgbar und durch amtliche Dokumente nachweisbar sein.
  • Zertifizierungen prüfen
    Verfügbare Zertifizierungen und eingesetzte Managementsysteme der Hersteller/Lieferanten kontrollieren. Hier muss die Verifizierung gewährleistet sein und man sollte nur international registrierte und anerkannte Zertifizierungssysteme akzeptieren.

Monitoring: Erfolge und Misserfolge überwachen

Halten sich Zulieferer und Partner an die vereinbarten Standards, etwa an Sozial-; Sicherheits- oder Umweltvorschriften? In der Praxis hat sich der Einsatz folgender Kontroll­elemente bewährt:

  • Nachhaltigkeitszertifikate nennen relevante Prüfkriterien und haben, wenn sie von einer dritten Partei ausgestellt werden, eine angemessene Aussagekraft. Hierbei müssen auch der Prüfer und Umfang des Zertifikats bewertet werden.
  • Interne Studien wie Lieferantenbefragungen dienen als Grundlage für weitere Interaktionen, da sie detaillierter sind als Zertifizierungssysteme. Dabei sollte man stets sicherstellen, dass der Lieferant die Fragen richtig verstanden hat. Zudem sind Foto- und Videodokumentationen äußerst hilfreich.
  • Audits können von der antragstellenden Organisation selbst durchgeführt werden – etwa um Fabriken zu kontrollieren, die nicht für Audits durch Dritte in Frage kommen. Die Alternative sind Audits durch einen verifizierten Dienstleister wie SGS, Intertek oder TÜV.
  • Vor-Ort-Besuche bleiben der Königsweg, um die Situation richtig zu beurteilen. Sie sollten bei hochrelevanten Lieferanten als Standardverfahren etabliert werden und sind immer dann sinnvoll, wenn auf anderen Wegen keine zuverlässigen Informationen erhältlich sind.

Capacity Building: Nachhaltigkeits­kompetenzen auf- und ausbauen

Durch ein erfolgreich bestandenes Audit haben die Zulieferer nachgewiesen, dass sie die angestrebten Nachhaltigkeitsvorgaben erfüllen. Doch wie lässt sich nun sicherstellen, dass die dazu notwendigen Leistungen nach dem Audit nicht nur gehalten, sondern auch weiter verbessert werden?

Wir empfehlen, wie folgt vorzugehen:

  • Hersteller/Lieferanten, die in den Monitoring-Prozess einbezogen sind, können durch Kapazitätsaufbau unterstützt werden, um sie auf ein Audit vorzubereiten oder um nach einem Audit Korrekturmaßnahmen durchzuführen.
  • Die Hersteller/Lieferanten sollten nicht nur befähigt werden, das Thema eingehend zu verstehen und selbst höhere Nachhaltigkeitsstandards erreichen zu können. Ebenso wichtig ist, dass sie dieses Wissen in der Lieferkette weitergeben.
  • Wer sammelt und koordiniert Pläne für Abhilfemaßnahmen, Selbstbewertungen, E-Learnings und alle weiteren Inhalte und Methoden, über die in der Organisation Wissen über Nachhaltigkeit zirkuliert? Diese Verantwortlichkeit sollte im Operationsbereich klar zugeordnet werden.

KI-gestützte Kontrolle

Best Practice Unternehmen der chemischen Industrie verstärken die Effektivität der erläuterten Schritte mit Technologien, die ihre Lieferketten in Echtzeit überwachen und absichern – etwa mit einer Plattform, auf der alle Beteiligten (Transporteure, Lieferanten, Kunden) in Echtzeit kommunizieren. Mit einem solchen „Control Tower“ lassen sich der Weg und Status eines jeden einzelnen Produktes beobachten und analysieren. Nach Prinzip eines „Digital Twins“ entsteht ein virtuelles Abbild des Weges, den das Produkt bzw. die Ware von der Fertigung über den Transport bis zur Auslieferung zurücklegt. Damit erhalten Unternehmen zusätzliche wertvolle Informationen, um z.B. durch ressourcenschonendere Routenplanun­gen ihren Carbon Footprint zu reduzieren.

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