Strategie & Management

Nur mit Ihren Daten!

Betriebliches Gesundheitsmanagement braucht eine solide Datenbasis

22.09.2015 -

Was würden Sie sagen, wenn Ihr Arbeitgeber Ihren Body Mass Index bis zum nächsten Jahresgespräch optimiert sehen will? Oder Ihnen aufzeigt, wie viele Meter Sie im Vergleich zum Mittelwert der Abteilung wöchentlich laufen. Vielleicht fragt er auch, ob Sie gut schlafen oder bereit sind Ihren Nikotin- oder Alkoholkonsum zu überdenken?

Nein, dieser Beitrag wird kein künftiges Schreckensbild des ständig vital vermessenen Mitarbeiters zeichnen. Dennoch können und werden Informationen dieser Art im betrieblichen Gesundheitsmanagement bereits erhoben und eingesetzt, wenn auch der Umgang – hoffentlich – deutlich sensibler erfolgt als in den erdachten Szenarien.

Warum werden diese Informationen benötigt? Diese Datenfrage zielt ins Herz eines professionellen betrieblichen Gesundheitsmanagement, denn immer mehr Unternehmen verabschieden sich vom bunten Strauß an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und möchten die Investitionen in die Gesundheit steuern. Über Kennzahlen.

Nordic Walking und Tai Chi mögen für den Einzelnen attraktive Angebote sein, deren Beitrag zur Gesundheit und Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz müsste jedoch nachgewiesen werden. Die Kosten-/Nutzen-Frage drängt sich auf.

Denn ein Managementprozess braucht einen messbaren IST-Zustand, also den Gesundheitszustand des Mitarbeiters oder ganzer Mitarbeitergruppen (Außendienst, Schichtarbeiter). Erst dann können Ziele und dazugehörige Maßnahmen entworfen werden, welche dann wiederum durch einen Vergleichswert überprüft werden: War das eingeführte Gesundheitsangebot das richtige? Haben wir die richtigen Messgrößen für unsere Ziele gewählt? Waren die gesteckten Ziele zu ambitioniert? Welche Fortschritte sind erkennbar?

Datenschutz zentral für Interessenausgleich

Einigkeit herrscht meist in der Hinsicht, dass die Verbesserung oder der Erhalt der Gesundheit sowohl im Interesse jedes einzelnen Mitarbeiters wie auch des Arbeitgebers liegt. Trotzdem ist nicht jeder Mitarbeiter bereitwillig Datenlieferant. Hier muss das Gesundheitsmanagement mit besonderem Fingerspitzengefühl die Privatsphäre im Blick halten und einen vertrauenswürdigen Weg finden, fundierte Gesundheitskennzahlen mit den individuellen Datenschutzinteressen zu vereinbaren. Wichtig ist dabei: Der durch den Mitarbeiter wahrgenommene Datenschutz, sein Eindruck „was mit meinen Daten passiert“, ist genauso wichtig wie der tatsächliche Umgang mit den Daten!

Wie stellt man Vertrauen in den Umgang mit Daten her?

Zum Beispiel kann das Unternehmen erhobene Gesundheitsdaten ‚entpersonalisieren’. Die Daten sollten dann so zusammengefasst werden, dass auch durch die Kombination mehrerer Merkmale, z.B. ‚Raucher‘ und ‚männlich‘, keine Rückschlüsse auf die betreffende Person möglich sind. Bei Nutzung aller verfügbaren Merkmale müssen noch immer mindestens fünf Mitarbeiter zu einer derart zusammengefassten Gruppe gehören.

Im Folgenden werden drei Instrumente aus dem Gesundheitsmanagement vorgestellt, die eingesetzt werden, um Stress und Belastungsfaktoren zu ermitteln bzw. Unterstützung in gesundheitsbelastenden Lebensumständen anzubieten. Der Umgang mit Daten ist in jedem Fall unterschiedlich abzusichern und erfolgsentscheidend für den wirkungsvollen Einsatz.

Beispiel Gesundheitszirkel: In diesem moderierten Verfahren sollen Belastungsfaktoren und Ressourcen der Arbeit in Kleingruppen erarbeitet werden. Der Vorteil dieser Methode liegt in der in Kleingruppen schneller zu erreichenden Offenheit und Kreativität, Lösungs- und Veränderungsvorschläge für gesundheitliche „Baustellen“ direkt zu erarbeiten. Um dies zu erreichen wird oft jenes Vorgehen angewandt, das keine Beteiligung von Führungskräften vorsieht und durch einen Externen moderiert wird. Als Regel der Zusammenarbeit ist es üblich, dass was in der Gruppe gesagt wird, in der Gruppe bleibt. Die Protokollierung oder sonstige Ergebnissicherung beschränkt sich daher auf die Beschreibung der Gesundheitsbaustellen und sollte keinen Rückschluss auf Beitraggeber zulassen.

Beispiel Emloyee Assistance Program (EAP): Die verkürzt oft als Notfall-Hotlines bezeichneten Mitarbeiterberatungen (mehr dazu hier) stellen einen Service externer Berater und Lotsen (Psychotherapeuten, Sozialpädagogen, Schuldnerberater o.ä.) dar, die Themen aufnehmen, die den Mitarbeiter bewegen und seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können. Das sind nicht nur originär gesundheitliche Fragen, sondern ebenso die Ehescheidung, Schulden oder die Pflege der Angehörigen. Von der Face-to-Face Beratung bis zum Online-Chat gibt es verschiedene Wege den Service abzurufen. Im Vergleich zum vorherigen Beispiel können hier die Mitarbeiterangaben nicht anonymisiert werden, es ist gerade das Ziel dem Mitarbeiter persönlich über die Falldauer zu unterstützen. Durch die Auslagerung dieser Tätigkeit an Externe kann vertraglich sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber keine personenbezogenen Informationen über Mitarbeiter erhält. Einige Anbieter solcher Plattformen unterliegen darüber hinaus besonderen Berufsgeheimnissen. Letzteres schließt nicht aus, dass der Arbeitgeber einen anonymisierten Jahresbericht über die Nutzung der Mitarbeiterberatung erhält und so zumindest die brennenden Themen seiner Belegschaft besser eingrenzen kann.

Beispiel Mitarbeiterbefragungen: Wenn Mitarbeiter ausschließlich gefragt werden, welche Gesundheitsangebote sie wünschen, muss sich niemand offenbaren: Hinter dem Wunsch nach einem Yoga-Kurs muss schließlich keine tiefgehende Aussage zur eigenen Gesundheit stehen. Möchten Sie aber über eine (onlinegestützte) Mitarbeiterbefragung zuerst den Gesundheitszustandes ihrer Beschäftigten erheben, geht es – je nach Design des Fragenkatalogs – ans Eingemachte: Hier können Fragen auftauchen, die das Herzinfarktrisiko thematisieren, Übergewicht oder psychische Vorerkrankungen. Der Zweck dieser Informationen liegt für das Unternehmen darin, bei der Angebotsgestaltung nicht länger im Dunkeln zu tappen. Auch dies gelingt nur, wenn der gesamte Prozess der Befragungsdurchführung – von der Ankündigung, über die Vergabe von Zugangsrechten bis zum Fragebogen und dessen Auswertung – datenschutzkonform und damit vertrauenswürdig ausfällt. Ansonsten sackt die Beteiligungsquote in den Keller und die Ergebnisse verlieren ihre Repräsentativität und Aussagekraft. Datenschutzkonformität setzt hierbei Vereinbarungen zum Datenschutz mit externen Dienstleistern voraus und – wo möglich – Anonymisierung und Zusammenfassung der Ergebnisse zu Mindestgruppengrößen.

Was nun zu tun ist

Wenn Gesundheitsinformationen verwendet werden, um arbeitsrechtliche Entscheidungen zu treffen, z.B. über Einstellung, Wiedereingliederung, Kündigung, geben Gesetze und Rechtsprechung bereits ausdifferenzierte Vorgaben. Möchte ein Unternehmen sein Gesundheitsmanagement freiwillig ausbauen und mit Kennzahlen steuern, müssen alle Prozesse und Maßnahmen des Gesundheitsmanagements den Anforderungen des Datenschutzrechts genügen. In der Praxis haben sich insbesondere Anonymisierung, die Zusammenfassung zu Mindestgruppengrößen und der Einsatz von externen Dienstleistern, quasi als Datentreuhänder, bewährt. Der Datenschutzbeauftragte sollte hier der erste Ansprechpartner zur Ausgestaltung des Verfahrens sein. Auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist zu wahren, denn es kann in besonderer Weise den wahrgenommenen Datenschutz unterstützen.

Aber warum diese Vorkehrungen? Der Datenschutz dient nicht nur der Compliance, er fördert vor allem auch das Engagement der Mitarbeiter und die Akzeptanz des Gesundheitsmanagementsystems, an dem Mitarbeiter, Gesundheitsmanager und Arbeitgeber gleichermaßen Interesse haben.

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