Anlagenbau & Prozesstechnik

Risiken durch betriebliche Veränderungen - Teil 2

Veränderte externe Einflüsse und Änderungen bei Zulieferern und im Vertrieb

04.07.2012 - Personen und Sachwerte zu schützen und Betriebsunterbrechungen zu vermeiden ist eine der wichtigsten Managementaufgaben. Die Herausforderung: Viele Gefahren sind nicht immer auf den ersten Blick erkennbar.

Neue Risiken durch betriebliche Veränderungen - Veränderte externe Einflüsse und Änderungen bei Zulieferern und im Vertrieb. CHEManager stellt regelmäßig Risiken und Lösungsansätze vor, auf die Sicherheitsbeauftragte und Werksleiter ein besonderes Augenmerk legen sollten - von A wie Ammoniak bis Z wie Zutrittskontrolle.

Im ersten Teil haben wir gesehen, wie sich Baumaßnahmen und Veränderungen in der Unternehmensstrategie auf die Risikostruktur eines Chemiebetriebs auswirken können. Aber auch Neuerungen bei Zulieferern und im eigenen Vertrieb sowie veränderte externe Einflüsse können sich nachhaltig auf das Gesamtrisiko des Unternehmens auswirken - auch wenn dies auf den ersten Blick oft nicht erkennbar ist.

Ausfallrisiken bei Zulieferern im Blick behalten
Im Zeitalter globalisierter Lieferketten arbeiten auch in der Chemieindustrie viele Produktionsbereiche nach dem Just-in-time-Prinzip. Dies steigert zum einen Produktivität und Profitabilität, kann aber auch jeglichen Material- und Werkstoffpuffer rauben und das Unternehmen im Falle von plötzlichen Nachfragesteigerungen, Transportproblemen, Streiks oder Zuliefererausfällen erheblichen Risiken aussetzen. Durch ein effektives Lieferkettenmanagement kann ein Unternehmen sich gegen viele dieser Einflüsse absichern. Ziel muss es sein, vor Vertragsabschluss den neuen Geschäftspartner besser kennen zu lernen. Das schließt vor allem auch seine Arbeitsprozesse sowie betriebsbedingte und standortbezogene Risiken mit ein, aber auch mögliche Abhängigkeiten des neuen Zulieferers von eigenen Rohstoff-, Chemie- oder Materiallieferanten.

Ist ein Unternehmen hingegen von einer einzigen Produktionsstätte oder einem einzigen Lieferanten abhängig, muss sich das Unternehmen verstärkt auf dessen Engagement zur Schadenverhütung verlassen. Nur ein enger Kontakt und Austausch mit dem Zulieferer kann hierbei helfen. Auf diese Weise lässt sich oft auch sicherstellen, dass der Zulieferer ebenso hohe Sicherheitsstandards anlegt, wie sie auch im eigenen Unternehmen befolgt werden. Dennoch bedeuten Liefermonopole immer ein erhöhtes Maß an Anfälligkeit für das eigene Unternehmen, vor allem in Hinblick auf Naturkatastrophen, Feuer, Streiks oder Qualitätsprobleme. Auch die finanzielle Stabilität und die Qualität des Business Continuity Managements des Lieferanten spielen hier eine entscheidende Rolle, denn von ihnen kann es abhängen, wie gut er im Ernstfall Ausfälle seiner eigenen Zulieferer verkraften kann. Denn alle genannten Risiken können langfristige Ausfallzeiten, Betriebsunterbrechungen und sogar den Verlust von Marktanteilen zur Folge haben.

Besonders in der Chemie gefährlich: Produktveränderungen
Zugleich führen veränderte Kundenanforderungen und Innovationsdrang laufend zu Verbesserungen und Produktmodifikationen. Verändern sich die chemischen Eigenschaften eines Produkts, kann sich dies natürlich auch auf dessen Brennbarkeit auswirken. Insbesondere in der Chemiebranche gilt daher: Wer ein Produkt neu einführt oder verändert, sollte automatisch prüfen, ob auch die Brandschutzkapazitäten für den geplanten Schritt ausreichen. Insbesondere bei brennbaren Flüssigkeiten können Produktmodifikationen die Intensität des Feuers oder die Entzündlichkeit erhöhen und gravierende Schäden verursachen. Hat sich das Brandrisiko auch nur leicht verändert, muss zur Sicherheit von Mitarbeitern und Standort unbedingt nachgerüstet werden. Möglicherweise werden zusätzliche Schutztüren, Absaugvorrichtungen, andere Löschmittel oder weitere Sprinkler benötigt. Das gilt nicht nur für die Produktionsbereiche, sondern auch für die Lagerungsorte. Veränderte Rohstoffspezifikationen können auch in den chemischen Reaktionen zu unerwünschten Nebenreaktionen führen. Diese können nicht nur ein Qualitätsproblem hervorrufen, sondern auch zu erhöhtem Gefährdungspotential führen. Veränderungen der Rohstoffe sollte immer ein „Management of Change"-Programm durchlaufen.

Während sich aber die Produktentwickler und die Mitarbeiter in der Produktion über die veränderten Eigenschaften eines Reaktants bzw. eines Produkts meist in vollem Umfang bewusst sind, kann ein Lagerarbeiter nicht ohne Weiteres erkennen, dass ein bereits verpacktes oder abgefülltes Reaktant oder Produkt neue Gefahren mit sich bringt. Ohne regelmäßige Schulungen und einen unternehmensinternen Austausch über neue Gefahrenlagen im Betrieb könnte er im Notfall möglicherweise nicht rechtzeitig oder angemessen reagieren.

Gefahr von außen kommt oft unerwartet
Veränderungen erreichen das Unternehmen aber auch von außerhalb. Allgemein gilt es natürlich sicherzustellen, ob der jeweilige Standort durch Naturereignisse wie Hochwasser, Erdbeben, Schnee oder Sturm gefährdet ist und ob die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden. So liegen viele Chemiewerke in unmittelbarer Nähe großer Wasserstraßen und bedürfen eines besonderen Hochwasserschutzes. Steigt der Pegel, braucht das Wasser gar nicht die Schutzwände zu übersteigen - es kann auch durch Zu- und Ablaufleitungen ins Gelände drücken und dort in tiefer gelegenen Gebäudebereichen erhebliche Schäden anrichten. Bei Hochwasser besteht auch die Gefahr, dass Schadstoffe ins Fließwasser geraten und sich rasch ausbreiten. Jedes Chemieunternehmen sollte mit einem entsprechenden Notfallplan auf den Katastrophenfall vorbereitet sein, der auch die Koordination zwischen externen Rettungskräften, Behörden sowie Werksfeuerwehr und Werksschutz umfasst.

Doch auch das externe Risikopotential für einen Standort kann sich ändern. Flüsse können begradigt werden, um einen Flussabschnitt für die Schifffahrt zu verbreitern oder um Deiche und Überflutungszonen zu schaffen. Was in dieser Region das Risiko senkt, kann andernorts eine gegenteilige Wirkung nach sich ziehen, wenn es beispielsweise flussaufwärts oder in den Flusszuläufen zu einem Rückstau kommt oder flussabwärts mit deutlich größeren Wassermengen zu rechnen ist.

Veränderungen koordinieren und vorausschauend planen
Die meisten Veränderungen gehen auf das Ziel zurück, Verbesserungen zu erreichen. Andere Veränderungen wiederum erreichen die Unternehmen von außen. Dadurch können neue Risiken entstehen, die immense Sachschäden, langfristige Betriebsunterbrechungen und den Verlust von Marktanteilen verursachen können. Veränderungen müssen deshalb im Betrieb genau koordiniert und vorausschauend geplant werden, bei externen Veränderungen ist zudem auch eine laufende Beobachtung der Umgebung erforderlich.

Im dritten Teil erfahren Sie mehr über die Auswirkungen von personellen Veränderungen und menschlicher Faktoren auf die Risikostruktur eines Unternehmens.

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