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Risikomanagement in Industrieparks

Versteckte Gefahren aufspüren und Risiken minimieren

22.02.2010 -

In Industrieparks ist das Risiko von Bränden und Explosionen aufgrund der zahlreichen unter einem Dach ansässigen Unternehmen, des täglichen Umgangs mit den verschiedensten brennbaren Stoffen und der Komplexität der Maschinen und Anlagen besonders hoch. Brennt es erst einmal, steigen die Schadensummen vor dem Hintergrund der hohen Konzentration von Anlage- und Güterwerten schnell in ungeahnte Höhen. Der größte Schaden entsteht den Unternehmen meist jedoch durch die aus einem Brandereignis resultierende Betriebsunterbrechung. Genau diese Konstellation erfordert ein betriebsspezifisches und zugleich in weiten Teilen eng mit den umliegenden Unternehmen und dem Betreiber abgestimmtes Risikomanagement. Andreas Mittländer, Engineering Specialist beim Industrieversicherer FM Global Deutschland, betreut als Risikoberater seit vielen Jahren Kunden aus der Chemie- und Pharmaindustrie in ganz Europa. In CHEManager spricht er über seine Erfahrungen.

CHEManager: Herr Mittländer, sind die in einem Industriepark ansässigen Unternehmen unter Brandschutzgesichtspunkten stärker gefährdet als andere Unternehmen?

A. Mittländer: Industrieparks bieten den dort ansässigen Unternehmen zunächst viele Vorteile, allen voran die gemeinsam genutzte Infrastruktur. Zu dieser zählen Versorgungsmedien wie Strom oder Dampf sowie die mit diesen Systemen verbundene Wartung und Instandhaltung, aber auch die Werkfeuerwehr. Der Umstand, dass in einem Industriepark viele Betriebe auf engem Raum angesiedelt sind, birgt auf der anderen Seite jedoch auch spezielle Risiken. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von Nachbarschaftsgefährdung. Simple Beispiele für diese Art der Gefährdung wären Schweißarbeiten an einer Rohrbrücke oder die unsachgemäße Lagerung von Leerpaletten auf dem Gelände des Nachbarbetriebes. Diese Beispiele zeigen: Selbst wenn ein Unternehmen größte Umsicht mit Blick auf die eigenen Explosions- und Brandrisiken walten lässt, kann weiterhin ein nicht unerhebliches Gefährdungspotential bestehen.

Dann reichen die baurechtlich vorgeschriebenen Brandschutzmaßnahmen aus Ihrer Sicht nicht aus, um einen Betrieb umfassend zu schützen?

A. Mittländer: Der bauliche Brandschutz dient in erster Linie dem Personenschutz. Sollen jedoch auch die Sachwerte - Gebäude, Maschinen und Güter - ausreichend geschützt werden, sind weiter gehende technische und organisatorische Maßnahmen unausweichlich. Hierzu zählen z.B. ein adäquater Sprinklerschutz und eine effektive Notfallorganisation. Vor der Entwicklung von Maßnahmen zur Risikominimierung steht jedoch zunächst die Identifikation derselben.

Welches sind denn die am häufigsten unterschätzten Risiken?

A. Mittländer: Unsere Schadenstatistiken zeigen sehr deutlich, wo die versteckten Gefahren lauern. Neben der Nachbarschaftsgefährdung, z.B. durch unsachgemäß durchgeführte Heißarbeiten, zählen die Lagerung und der Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten, Gasen und Stäube sowie die brennbare Bauweise vieler Gebäude zu den größten Risiken. Häufig unterschätzt wird auch die mechanische Integrität der Anlagen. Auf sie sollte besonderes Augenmerk gelegt werden. Korrosion oder Flansche, die mit zu kurzen oder zu wenigen Schrauben miteinander verbunden sind, begünstigen den Austritt von Gefahrstoffen und bestimmen leider in vielen Betrieben das Bild. Der sichere Umgang mit Gefahrstoffen, das Erstellen entsprechender Betriebsanweisungen und die Schulung der Mitarbeiter werden ebenso häufig vernachlässigt. Dies gilt nicht nur für die chemischen Prozesse als solche, sondern auch für periphere Maßnahmen wie z.B. das Be- und Entladen von Tankfahrzeugen. Da die Risiken eines Betriebes z.T. sehr individueller Natur sind, empfiehlt sich in jedem Fall die Etablierung eines mit einer betriebsspezifischen Gefahrenanalyse verbundenen Process Safety Management Systems.

Was verstehen Sie darunter?

A. Mittländer: Process Safety Management, wie wir es definieren, umfasst insgesamt zwölf Elemente. Als Grundlage für die Gefahrenanalyse eignet sich dabei zunächst die in der chemischen Industrie weit verbreitete PAAG-Analyse - PAAG steht für: Prognose-Auffinden-Abschätzen-Gegenmaßnahmen. Ziel dieser Analyse ist es, systematisch nach möglichen Fehlerquellen und Störungen sowie deren Auswirkungen im Verfahrens- und Produktionsprozess zu suchen. Darüber hinaus sind u.a. die regelmäßige Untersuchung der technischen Integrität von Prozessen und Anlagen und das Management von Veränderungen sowie von Vorfällen und Beinahe-Ereignissen Teil eines solchen Management Systems.

Wie sollte das Risikomanagement in einem Industriepark idealerweise organisiert sein?

A. Mittländer: Zunächst gibt es Maßnahmen zur Risikominimierung, die vom Betreiber zentral geregelt werden können, z.B. der Betrieb einer Werkfeuerwehr und die Wartung der zentralen Versorgungssysteme. Darüber hinaus gibt es Vorkehrungen, die in enger Abstimmung erfolgen sollten. Bei Heißarbeiten ist ein adäquates einheitliches Genehmigungsverfahren, das u.a. die Einweisung der durchführenden Firma und eine ausreichende Brandwache nach Abschluss der Arbeiten vorschreibt, durchaus sinnvoll. Schließlich gibt es technische oder organisatorische Brandschutzmaßnahmen, deren Umsetzung schon allein aufgrund der Verschiedenheit der Arbeitsprozesse und -anlagen im betreffenden Betrieb angesiedelt sein sollten. Hierzu zählt z.B. die Installation einer auf die Betriebsbedürfnisse abgestimmten Sprinkleranlage oder das Vorhandensein von Notabschaltungen, Notkühlungen oder Sicherheitsventilen. Grundsätzlich sollte das Thema Kommunikation zwischen Industrieparkbetreiber und den dort ansässigen Unternehmen nicht unterschätzt werden. Die für Brandschutz und Arbeitssicherheit zuständigen Mitarbeiter, der Betreiber und die Werkfeuerwehr sollten in einem ständigen Dialog stehen. 

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