Anlagenbau & Prozesstechnik

Rührend für die Umwelt

Prozesstechnische Auslegung von Rührwerken für Biogasfermenter Teil 2: Optimaler Materialeinzug & Verhinderung von Schwimmschichten

04.11.2020 - Wie kann frisches Material optimal zur schnellen Verteilung des frischen Substrates in den Biogasfermenter gefördert werden und wie kann im Dauerbetrieb die Bildung von Schwimmschichten verhindert werden.

Da die Suspension im Behälter zum größten Teil aus organischen Material besteht, neigen die Feststoffe durch seine geringere Dichte zur Flotation und damit zur Ausbildung von Schwimmschichten von z.T. erheblicher Größe an der Flüssigkeitsoberfläche, wenn das Rührwerk falsch konzipiert wurde.

Optimales Einzugsverhalten
Viele Biogasrührwerke werden mit einem oberen Rührflügel nahe an der Flüssigkeitsoberfläche ausgestattet, um Schwimmschichten wieder einzuziehen. Einige dieser Rührwerk wurden dann nachträglich von Kunden mit Zusatzrührwerken, wie z.B. Tauchmotorrührwerken nachgerüstet, da sich trotz gut gemeintem Konzept Schwimmschichten bildeten.

Ein zu nahe an der Oberfläche angeordnetes Rührelement kann die Schwimmschicht nicht einziehen. Der Grund liegt darin, dass seine gesamte Förderwirkung zusammenbricht. Das Material wird kaum eingezogen und es bildet sich für das obere Rührelement eine von den anderen Rührern unabhängige Zirkulationsschleife, also ein Short-Cut. Das Material wird nicht mehr den unteren Stufen zu gefördert. Dieses äußert sich sogar in einem höheren Leistungsverbrauch, da nun jede Rührerstufe einzeln im Behälter arbeitet, anstatt eine zusammenhängende Zirkulation aufzubauen.

Um ein optimales Einzugsverhalten zu erhalten, wurden Basisversuche mit Zentralrührwerken in Technikums- und Produktionsmaßstab durchgeführt sowie diese parallel durch CFD Simulationen begleitet. In der Darstellung ist die zentrale axiale Förderung von Produkt von der Flüssigkeitsoberfläche bis zum Behälterboden über alle drei Rührorganebenen gut zu erkennen.

Die Rührorgane sind so angeordnet, dass Material von der Oberfläche eingezogen und nach unten ohne stagnierende Bereiche gefördert wird. Auf der Außenseite in Nähe der Behälterwand wird das Material wieder komplett bis an die Oberfläche gefördert, so dass sich ein vollständiger Loop ohne Unterbrechung ergibt.

Bei Fehlanordnung, zu kleinen Rührern, zu kurzer Rührerwelle oder zu geringer Rührer­leistung bauen die Rührer einzelne Zirkulationsschleifen auf ohne als Gesamtsystem zusammen zu agieren. Die Auswirkungen sind schlechte Homogenitätsgrade, Aufbau von Schwimmschichten, Bodenablagerungen und schlechte Biogasausbeute.

Anordnung von Rührelementen
Um Rührwerke bzgl. Investitionskosten möglichst günstig zu gestalten, hat sich leider am Markt eine Tendenz zu zum Teil sehr kleinen Rührelementen – geringer Stufenzahl und großen Bodenabständen gebildet. Damit wird das Rührwerk erst einmal preiswert in der Investition – die Folgekosten für Um- oder Aufrüstungen können allerdings erheblich sein.

Die prozesstechnischen Auswirkungen werden erst bei längerem Betrieb festgestellt – die Ausbeuten sind gering – die wärmetechnische Reglung ist aufwändig, es bilden sich starke Bodenablagerungen von anorganischem Material. Letzteres bemerkt der Betreiber manchmal erst nach drei Jahren. Das Absetzen von Material am Boden geschieht sehr langsam – die Auswirkungen sind aber umso dramatischer, wenn sich hunderte von Tonnen Feststoffe am Boden angesammelt und bergmännisch abgebaut werden müssen. Dazu wird schon einmal ein Fermenter ausgebaggert, oder seitlich aufgeschnitten, um die riesigen abgesetzten Feststoffmengen heraus zu bringen.

Der Bodenabstand ist also optimal so zu gestalten, dass garantierte Bodenanströmgeschwindigkeiten erzielt werden, dazu gibt es eindeutige Untersuchungen und Empfehlungen. Ansonsten sammeln sich im Laufe der Zeit schwerere Stoffe in Bodennähe und blockieren irgendwann den Fermenter. Zu geringer Bodenabstand behindert die Förderwirkung der Rührer, sie beginnen gegen ihre eigene Strömung zu arbeiten. Zu großer Bodenabstand verringert Bodengeschwindigkeiten und führt zu Absetzerscheinungen.
Das Produkt wird gleichmäßig im zentralen Bereich nach unten gefördert- strömt den Behälterboden mit u > 0.3 m/sec an und bildet nach außen eine gleichmäßige Aufwärtsströmung.

Bei falscher Rührwerksauslegung ist die zentrale Abwärtsströmung unterbrochen, es bilden sich Abrisse im Gesamtloop – die Rührer arbeiten segregiert in Einzelzonen ohne gegenseitige Zuförderung des Materials.

Zugabeoptimierung
Das Produkt wird häufig in Vormischern angerührt bevor dieses in die Fermenter gepumpt wird. Die Vormischer können je nach Prozessführung auch als stoßweise belüftete oder unbelüftete Hydrolysen betrieben werden. Durch die Vormischer kann das Rohmaterial bereits biologisch zum Teil abgebaut werden, so dass die eigentlichen Hauptfermenter optimaler arbeiten können. In Abb. 4 ist eine Hydrolyse dargestellt. Es werden Spezialrührer eingesetzt, um das Material schnell einzuziehen und für eine schnelle Homogenisierung zu sorgen.

Aus der Hydrolyse geht das Produkt dann in die eigentlichen Biogasfermenter, wobei der Rührwerkshersteller auch hier gefragt ist, optimale Zugabepunkte anzugeben. Das vorgemischte Produkt soll schnell im Biogasfermenter verteilt werden ohne dass sich stagnierende Zonen mit lange unvermischten Bereichen ergeben.

Die untere Abbildung zeigt dazu eine typische Anwendung mit seitlicher Stoffzugabe und Verteilmechanismus in die Bulkphase. Das Produkt wird schnell in die Strömung von den Rührelementen eingezogen und in die Gesamtströmung eingebracht.

Die beschriebene Technik der Produktvorbereitung und Einbringung in den Biogasfermenter kann je nach Prozess variieren. Sie hat sich allerdings als optimal herausgestellt im Vergleich zur direkten Feststoffeinbringung, die sehr lange Mischzeiten aufzeigt und sogar zu mechanischen Problemen am Rührwerk führen kann, Beispiel Presskolbentechnik.

Der abschließende dritte Teil dieser Serie beschäftigt sich in der nächsten Ausgabe mit strömungstechnisch optimierte Rührelemente für Biogasanlagen.

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