Anlagenbau & Prozesstechnik

Saltigo will Fokussierung weiter verstärken

Wolfgang Schmitz im Interview über die Herausforderungen für Auftragshersteller von Agro- und Pharmachemikalien

07.03.2013 -

Saltigo ist einer der führenden Anbieter auf dem Gebiet der Auftragssynthese. Die Lanxess-Tochter stellt im Kundenauftrag Wirkstoffe und Zwischenprodukte vor allem für die Pflanzenschutz- und die Pharmaindustrie her.

Während im Agrogeschäft saisonale klimatische Effekte die Auftragslage der CMOs, wie Auftragshersteller international genannt werden (kurz für Custom Manufacturing Organization), bestimmen, hängt das Geschäft im Pharmamarkt mehr von strukturellen Faktoren ab, und hier liegen momentan große Herausforderungen: Patentabläufe, versiegende Forschungspipelines, Generikakonkurrenz.

Dies führt dazu, dass im Custom Manufacturing-Markt Überkapazitäten vorhanden sind. CMOs, die mit der Pharmabranche zusammenarbeiten, sind also gezwungen, kontinuierlich auf diese Herausforderungen und die Marktsituation zu reagieren und ihre Geschäftsmodelle anzupassen. So auch Saltigo. Michael Reubold sprach darüber mit Saltigo-Geschäftsführer Wolfgang Schmitz.

CHEManager: Herr Schmitz, Ihre wichtigsten Kunden kommen aus der Pharma- und Agroindustrie. Wie ist das Geschäftsjahr 2012 für Saltigo verlaufen, sind Sie mit der Geschäftsentwicklung zufrieden?

Wolfgang Schmitz: Saltigo hat sich im Jahr 2012 gut und stabil weiterentwickelt. Insbesondere in der Agrochemie, unserem größten Bereich, haben wir ein starkes Geschäft gesehen, mit weiter wachsender Tendenz. Ich glaube aufgrund der gegenwärtigen Indikatoren, dass sich unser Agrogeschäft auch 2013 gut entwickeln wird. Im Pharmabereich lief unser Geschäft im vergangenen Jahr auf dem erwarteten Niveau stabil.

Der Custom Manufacturing-Markt ist weiterhin umkämpft. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Wolfgang Schmitz: Im laufenden Jahr verfügen wir über eine gut gefüllte Projektpipeline. Gleichwohl ist die Marktentwicklung schwer vorherzusagen, weil mehrere Dinge zusammen kommen. Zum einen verdaut die Pharmaindustrie immer noch die Auswirkungen der zahlreichen Patentabläufe, d.h. des Patent Cliff. Gleichzeitig bringt die Branche weniger neue Medikamente auf den Markt als früher. Der Generika-Druck ist hoch.

Auf der anderen Seite kann das aber auch eine Chance für die Custom Manufacturing-Industrie sein, wenn sich Pharmafirmen mehr und mehr auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, um künftig erfolgreich und profitabel agieren zu können. Dadurch kann das Outsourcing-Potential für die Custom Manufacturing-Industrie wachsen.

Wie reagieren Sie auf diese Herausforderungen?

Wolfgang Schmitz: Wir haben Mitte des vergangenen Jahres entschieden, uns in Zukunft stärker auf Produkte zu konzentrieren, die in der Phase III der klinischen Prüfung oder bereits auf dem Markt sind. Denn wir haben gesehen, dass wir in den letzten zwei, drei Jahren den überwiegenden Akquisitionserfolg im Late-Stage- und im Launch-Bereich hatten. Wir wollen uns also in Zukunft verstärkt auf diesen Bereich fokussieren.

Ein Beispiel für diese Ausrichtung ist eine Vereinbarung mit mehrjähriger Laufzeit die Ende 2012 zwischen der Lanxess Corporation und dem US-Pharmaunternehmen Relypsa aus Redwood City, Kalifornien, geschlossen wurde. Gegenstand dieser Vereinbarung sind die Substanzherstellung für eine New Drug Application - NDA - sowie Durchführung der kommerziellen Produktion und Bereitstellung eines neuen Wirkstoffs gegen Hyperkaliämie und die damit verbundene Synthese- und Verfahrensweiterentwicklung durch Saltigo. Die Vereinbarung mit Relypsa ist ein überzeugendes Beispiel für unsere strategische Absicht, die Zusammenarbeit mit innovativen pharmazeutischen Unternehmen nicht nur aufrecht erhalten, sondern diese Partnerschaften weiter auszubauen. Dabei sind Projekte in der späten klinischen Phase bzw. an der Schwelle zur Markteinführung besonders attraktiv.

Kann das ein Erfolgsrezept für die gesamte Branche sein?

Wolfgang Schmitz: Ich kann nur für Saltigo sprechen. Wir sehen, dass in der Custom Manufacturing-Industrie jeder Mitspieler versucht, seinen eigenen Weg zu finden, mit dieser Situation umzugehen. Es gibt Firmen, die sich vorwärts integrieren und nun auch Formulierungen anbieten. Andere CMOs bieten mehr Forschungsdienstleistungen an, verfolgen also einen CRO-Ansatz. Und wieder andere bieten sowohl Research als auch Manufacturing an, verstehen sich also als CRAMs.

Dahin will sich Saltigo aber nicht entwickeln?

Wolfgang Schmitz: Nein, wir wollen uns auf Custom Manufacturing konzentrieren, weil wir glauben, dass das unsere Stärke ist. Aber wir wollen in Zukunft einen stärkeren Fokus auf den Bereich der Non-Life-Science-Anwendungen legen. Wir nennen das Feinchemie, das umfasst alles außerhalb von Agro und von Pharma.

Das ist kein Neuland für Saltigo.

Wolfgang Schmitz: Richtig! Da sind wir immer schon aktiv gewesen. Wir haben Geschäfte mit Kunden im Bereich Flammschmutzmittel, im Bereich Elektronikchemie und wir arbeiten an Spezialitäten für die Kautschukchemie. Wir haben also einen bunten Strauß von Anwendungen, in die unsere Produkte hineingehen. Und diesen Bereich der Non-Life-Science-Anwendungen wollen wir stärken, weil wir glauben, dass Kunden das, was wir aus unserem Werkzeugkasten anbieten, sehr gut einsetzen können. Dort werden wir künftig noch aktiver unterwegs sein, um diese Geschäfte voranzutreiben.

Erwarten Sie, dass sich das Outsourcing in diesen Anwendungsbranchen verstärkt und etabliert?

Wolfgang Schmitz: Das ist schwer zu sagen. Diese Segmente sind noch relativ klein; zu klein, um einen allgemeinen Trend abzuleiten. Fälle, in denen Kunden vor der Herausforderung stehen, größere Produktmengen zur Verfügung zu stellen, und uns kontaktieren, nehmen aber zu. Wir haben Projekte, bei denen Kunden selbst Kapazitäten haben und jetzt über die nächste Ausbaustufe nachdenken. Dann diskutieren sie zunächst mit uns ein „Make or Buy"-Szenario. Bevor Firmen heute frisches Geld für Erweiterungsprojekte anfassen, stellen sie sich häufig die Frage, ob ein Partner sie beim Ausbau ihrer Produktionskapazitäten begleiten und unterstützen kann. Firmen sind heute offener für diese Form von strategischen Entscheidungen.
Und da kommen unsere beiden Kernkompetenzen zum Tragen.

Welche Kernkompetenzen sind das?

Wolfgang Schmitz: Einerseits unsere Technologiekompetenzen basierend auf dem Anlagenmix und dem Anlagen-Set-up, andererseits die Kompetenzen unserer Mitarbeiter, die hervorragende Projekte managen. Zum einen sind wir also in der Lage, mit unseren Projektteams einen sehr schnellen Ramp-up zu gewährleisten. Zum anderen arbeiten wir anschließend mit dem Kunden gemeinsam daran, kontinuierliche Verbesserungen in den Prozess zu bringen und so die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Wir haben eine Reihe solcher Projekte realisiert, insbesondere in der Agroindustrie, wo wir große Marktnachfragen befriedigen konnten, indem wir sehr schnell Kapazitäten aufgebaut haben. Unsere Chemiker und Ingenieure führen diese Projekte mit hoher Qualität und mit großer Zuverlässigkeit und Sicherheit aus und schaffen so Wert für unsere Kunden. Und das ist eine Reputation aufgrund der uns auch Firmen aus anderen Branchen als einen potentiellen Partner betrachten.

Ihre Wachstumsstrategie basiert also auf einer stärkeren Fokussierung. Wie unterstützen Sie das Wachstum mit Investitionen?

Wolfgang Schmitz: Wir arbeiten mit einer Reihe von Konzepten daran, auch künftig zu wachsen. Dazu gehören Investitionen, aber auch gute Partner im Sourcing von Vor- und Zwischenprodukten. Mit gezielten Investitionen sorgen wir dafür, dass Saltigo im dynamischen Custom Manufacturing-Markt optimal aufgestellt bleibt. So werden wir zwischen 2012 und 2015 insgesamt rund 20 Mio. € aufwenden, um in vier Betrieben am Standort in Leverkusen zusätzliche Kapazitäten für die Feststoffisolierung zu schaffen. Gerade für die Herstellung von Wirkstoffen und wirkstoffnahen Zwischenstufen sind Techniken wie Kristallisation, Filtration und Trocknung von zentraler Bedeutung und werden zunehmend nachgefragt.

Daneben wollen wir auch verstärkt mit einer guten Handvoll fester Partner in Asien zusammenarbeiten, um freie Synthesekapazitäten in Leverkusen und Dormagen zu schaffen, die wir für unser künftiges Wachstum benötigen. Da gibt es sowohl in Indien als auch China Unternehmen mit Fachkapazitäten, mit denen wir sehr gut zusammenarbeiten. Mit diesen Partnern wollen wir das Geschäft weiter ausbauen, weil sie auf unserem Qualitätsstandard arbeiten, sodass wir wiederum unseren Kunden die Sicherheit und Qualität der Supply Chain garantieren können.