Anlagenbau & Prozesstechnik

Schrittweise Migration auf ein durchgängiges CAE-System

Umstieg wagen, Kosten sparen

04.11.2020 - Dieser Beitrag von Rösberg Engineering aus Karlsruhe zeigt anhand eines realen Beispiels, wie die Migration vom Papier zur digitalen Lösung im laufenden Betrieb gelingt.

Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass sich moderne verfahrenstechnische Anlagen nur dann effizient betreiben lassen, wenn die Daten aus der Planungsphase auch für Betrieb, Instandhaltung und Modernisierung verfügbar sind. Eine papiergestützte Dokumentation ist jedoch umständlich, praktisch nie konsistent und fehleranfällig. Bunte Mischungen aus Office-, Excel- und CAD-Anwendungen, wie z.B. MicroStation, sind meist ebenfalls wenig effizient. Sie haben einen hohen Wartungsaufwand, wobei Anlagenrealität (As-Built) und Dokumentation keineswegs zu jedem Zeitpunkt verlässlich übereinstimmen. Aber nur dann werden kostspielige Neueingaben sowie unnötiger Engineering-Aufwand vermieden und die Anlagenverfügbarkeit steigt. Der Umstieg auf ein zukunftssicheres PLT-CAE-System (PLT = Prozessleittechnik, CAE = computer aided engineering), das dies leistet, will gut überlegt sein, ist aber durchaus zu bewältigen. Wie das folgende Beispiel zeigt, kann eine Migration sowohl bei Anlagenmodernisierungen als auch bei Bestandsanlagen schrittweise ablaufen, ohne den laufenden Betrieb negativ zu beeinträchtigen, weil die alten Datenbestände währenddessen verfügbar und die Kosten überschaubar bleiben.

Kuraray Europe setzt mit leistungsfähigen Materialien, Technologien und Anwendungslösungen immer wieder Akzente in der Chemiebranche. Damit das auch in Zukunft so bleibt, investiert das Unternehmen kontinuierlich in seine Fertigungsanlagen, um sie technisch auf dem neuesten Stand zu halten. Bei der Anlagenmodernisierung gilt es alle Änderungen zu dokumentieren, damit sie nachvollziehbar sind und in der Anlagendokumentation zur Verfügung stehen, z.B. für die Instandhaltung oder die Planung zukünftiger Projekte.

 

Modernisierung einer Chemieanlage als Chance
Beim Umbau einer Prozessanlage für die Herstellung von Poval (Polyvenylalkohol, einem wasserlöslichen, biologisch abbaubarer Kunststoff, der z.B. in der Papier- und Verbraucher­industrie als Verpackungsmaterial zum Einsatz kommt) im Jahr 2016 am Standort Höchst wollte das Chemieunternehmen bei der Dokumentation mit dem Umstieg auf ein durchgängiges PLT-CAE-System die Weichen für die Zukunft stellen. Bisher wurden für die Dokumentation unterschiedliche Tools genutzt, die jetzt zusammengeführt werden sollten. „Wir konnten die Verantwortlichen schnell davon überzeugen, dass unser PLT-CAE-System ProDOK NG die passende Lösung ist. Wir schlugen ein schrittweises Vorgehen vor, ohne „alles neu zu machen“, was sich schlussendlich auch finanziell als interessant erwies“, erinnert sich Christian Stolz, Senior Account Manager Plant Solutions bei der Rösberg Engineering.

Das leistungsfähige System des Automatisierungsspezialisten sorgt für einen integrierten Planungsprozess nach einheitlichen Regeln und setzt dabei auf modernste Software-Technologie. Dadurch wird das System zur Out-of-the-box-Lösung, die einfach zu bedienen, flexibel sowie kostengünstig ist und viele Möglichkeiten erschließt, z. B. in Hinblick auf Visualisierung, Modularisierung, Integration in verschiedene Systemlandschaften, Datenbanken und Cloud-Anwendungen.

Erst analysieren, dann migrieren
Bevor die Migration begann, gab es zunächst eine umfangreiche Bestandsaufnahme. Für die Dokumentation waren bei Kuraray unterschiedliche Tools im Einsatz, z.B. MicroStation-Dateien für CAD-Zeichnungen (von Schalträumen, -schränken, Klemmen etc.), VinApp-Dateien für Gerätedaten sowie zahlreiche Excel-Tabellen aus den unterschiedlichsten Gewerken. Sie alle galt es schrittweise in das PLT-CAE-System zu überführen und aufgrund der Datenmenge möglichst automatisiert zu konvertieren.

Nach Aufnahme und Durchsicht der verschiedenen Formate und Varianten wurden die im PLT-CAE-System vorhandenen Konverter entsprechend angepasst, um die Daten in das neue Dokumentationssystem soweit wie möglich automatisiert zu überführen. Insgesamt wurden so bspw. 7.400 MicroStation DNG-Dateien, bestehend aus 3.600 Wirkschaltplänen und 3.800 Schaltraum-/Schrank-Dokumenten, sowie sonstige Dokumente (inklusive 300 DXF-Dateien) automatisiert in DWG-Dateien mit Zeichnungsrahmen konvertiert. Hinzu kamen auch 2.000 neue PLT-Stellen mit verlinkten CAD-PLT-Stellenplänen in den neuen Anlagenteilen. „Die Daten waren dadurch gleich in der neuen Dokumentation vorhanden und konnten nach und nach in intelligente CAD-Zeichnungen mit zusätzlicher Informationstiefe gewandelt werden. „Während der Migration stand dadurch die Dokumentation immer zur Verfügung, auch wenn nicht alle Dokumente gleichzeitig smart waren“, berichtet Elisabeth Wächter-Schäper, Head of Electrical & Instrumentation bei Kuraray.

Ähnlich gingen die Automatisierungsspezialisten beim Import der Projekt- und Stammdaten aus den VinApp-Systemen vor. Diese Daten wurden zunächst in Excel-Formate umgesetzt, importiert und stehen nun im Geräte­engineering von ProDOK NG zur Verfügung. Vorhandene Daten wurden übernommen und können leicht mit gerätespezifischen Daten, Anschlusspunkten, grafischen Symbolen, z.B. für den PLT-Stellenplan, Baumusterprüfbescheinigungen sowie Bedienungsanleitungen und Ex(i)-Daten für Ex-Schutzberechnungen ergänzt werden.

Immer Zugriff auf die aktuelle Dokumentation
„Das Gute an der Migration ist, dass es nun ein einheitliches System mit einer Datenbank gibt, jeder immer auf die aktuellen Daten Zugriff hat, nichts doppelt dokumentiert wird und dass dies über die mögliche Cloud-Anbindung bald für alle unsere Standorte gelten könnte“, freut sich Wächter-Schäper. Als dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen war, wurde 2018 eine weitere Produktionsanlage auf das neue System migriert. Da diese Produktionsanlage für Mowital (Polyvenylbutyral, einem Kunststoff für Folien für Verbundgläser und als Bindemittel in der Druckindustrie) währenddessen nicht umgebaut wurde, konnte der Umstieg auf ProDOK NG schneller vollzogen werden, denn während der Migration mussten keine neuen Projekte in die Dokumentation eingepflegt werden.

Im Zuge beider Migrationsprojekte schulten die Automatisierungsspezialisten sowohl die Mitarbeiter des Chemieunternehmens als auch die Kontraktoren, die als verlängerte Werkbank jetzt ebenfalls von der durchgängigen Dokumentation profitieren, z. B. auch bei zukünftigen Modernisierungen. Änderungen, die sich im laufenden Anlagenbetrieb ergeben, lassen sich jetzt ebenfalls komfortabel erfassen und in die Dokumentation einpflegen. Dafür sorgt LiveDOK NG, eine Dokumentationssoftware, die auf die Prozesse und Belange des Engineerings, der Inbetriebnahme sowie der Betriebsbetreuung von Maschinen und Produktionsanlagen zugeschnitten ist. Sie bietet die Möglichkeit, sämtliche Dokumente, Pläne und Unterlagen von industriellen Anlagen digital und in Echtzeit zu verwalten, zu durchsuchen und zu korrigieren. Änderungen, Ergänzungen und neue Dokumente werden sofort eingespielt und sind für alle Projektbeteiligten sichtbar. Bei Kuraray stehen am Standort Höchst alle Anlagendaten im PLT-CAE-System als digitalisierte „as-built-Dokumentation“ zur Verfügung und können mit LiveDOK sehr einfach auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Das schrittweise Vorgehen hat sich gelohnt und der Aufwand war überschaubar.


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