Standorte & Services

Standortentwicklung organisieren

Nachhaltige Existenzsicherung von Chemieparks – Teil 3: Fokus Standortmanagementorganisation

08.12.2009 -

In Teil 1 und 2 dieser dreiteiligen Artikelserie (CHEManager 9/2009 bzw. 15-16/2009) wurde gezeigt, dass das Potential von effektiven Aufbauorganisationen bisher vielerorts nicht ausgeschöpft worden ist und wie ein 4-Schritt-Modell zu konvergenten Aufbauorganisationen führt und unnötige Komplexität am Beispiel von Marketing- und Vertriebsorganisationen reduziert. Dieser dritte Teil konzentriert sich inhaltlich auf die Ableitung einer zweckgerichteten Standortmanagement­organisation.

Die konzeptionelle, logische Darstellung zur Entwicklung von konvergenten Aufbauorganisationen in den ersten beiden Teilen darf nicht zu der Annahme führen, dass mit der pflichtgemäßen Abwicklung der vier Schritte das Optimierungspotential gehoben ist. Vielmehr sind zum einen die zwischenmenschlichen, persönlichen Abhängigkeiten und zum anderen die divergenten Sichtweisen auf Ziele und Lösungen große Blockaden hin zur konvergenten Aufbauorganisation. Die Aufbauorganisationen um die Menschen zu bauen, kann und soll nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der Anteil der konzeptionell, logisch richtigen Aufbauorganisation muss jedoch größer sein als der Anteil der beziehungsgeleiteten Lösung. Die verschiedenen Sichtweisen auf ein und dieselbe Wirklichkeit ist ein völlig normales Phänomen der Organisationspsychologie (systemisch-konstruktivistische Theorie) und kann professionell gesteuert werden.
Zur Entwicklung einer geeigneten Standortmanagementorganisation müssen die Akteure an einem Standort genau differenziert werden. Sinnvoll ist aus unserer Projekterfahrung eine Trennung zwischen folgenden Standortbeteiligten: Eigentümer des Standortes, Betreiber von Standortfunktionen, Manager des Standortes und natürlich Kunden des Standortes, die am Standort produzieren, forschen, entwickeln, Dienste leisten.
Der Standort wird durch die Fläche des Standortes, Lage des Standortes (geografisch, logistisch), seine Genehmigungen/Eignungen und seine Beeinträchtigungen definiert. Der Eigentümer des Standortes ist strategisch nicht immer sehr flexibel. Mögliche Altlasten führen dazu, dass grundsätzlich eine gewisse Restpflicht besteht, diese entsprechend zu managen (Pflege der Abfalldeponien, Sicherung der Abwasserreinigung). Wenn diese Altlasten nur in geringem Umfang bestehen, steigt die Flexibilität und der Eigentümer kann zwischen zahlreichen Optionen von Renditeerzielung auf seine verpachteten Flächen bis hin zum Verkauf von Standorten entscheiden. Dieses strategische Ziel inklusive der avisierten Eignung des Standortes (Chemie, Gewerbe, Logistik) sollte eindeutig festgelegt und den Standortparteien kommuniziert sein.
Der Standortbetreiber ist für die Versorgung aller Standortparteien mit Infrastrukturleistungen verantwortlich. Zu den Infrastrukturleistungen werden die Medienversorgung, Entsorgung, Facility Management, Technische Dienstleistungen (Instandhaltung, Labor, Engineering), Sicherheit, Logistik und kaufmännische Dienstleistungen (IT-Services, Bildung, Projektmanagement) gezählt. Das Dienstleistungsportfolio kann in einer Hand oder von verschiedenen Serviceunternehmen erbracht werden.
Der Standortmanager dagegen plant, steuert und kontrolliert die wirtschaftliche, technische und partnerschaftliche Entwicklung des Standortes. Zu den wirtschaftlichen Belangen zählt als großer Schwerpunkt die erfolgreiche Entwicklung des Kundenportfolios am Standort. Auf der langfristigen Zeitachse entstehen und verschwinden Produktionsanlagen (Marktbereinigungen, Kapazitätsanpassungen, Wegfall von Kundenbedarfen etc.). Darüber hinaus sind die Flächen nach den strukturellen Bereinigungen der letzten beiden Jahrzehnte in den meisten Fällen keine restriktive Größe. Damit wird deutlich, wie wichtig das aktive Managen des Kundenportfolios wird, um die langfristige Überlebensfähigkeit des Standortes (Flächenausnutzung, Kapazitätsauslastung Standortbetriebsfunktionen) sicherzustellen. Diese Geschäftsentwicklung beinhaltet:

  • 1.) Die Festlegung eines strategischen Schwerpunktthemas (z. B. Konzentration auf Subbranchen wie Basischemie oder Spezialchemie, fokussierte Entwicklung von Anwendungen wie Biotechnologie oder Innovative Werkstoffe).
  • 2.) Ein aktives Ansiedlungsmanagement bei bestehenden und neuen Kunden.
  • 3.) Die weltweite Vermarktung der gewählten Fokussierung bei entsprechenden Interessengruppen (Forschungszentren, Verbände, Gesellschaften für Außenwirtschaft und Standortvermarktung, Interessenvereinigungen der potentiellen Kunden). Zu einer weiteren wichtigen Aufgabe der wirtschaftlichen Entwicklung zählt das aktive Management des Betreiberportfolios. In Abstimmung mit den Kunden und Eigentümern muss ein für den Standort optimaler Fit von Infrastrukturbetreibern gefunden werden. Bei der Erweiterung oder Verringerung des Portfolios zählen u. a. Kriterien wie Wettbewerbserhöhung bzw. Monopolvermeidung, angemessene Kapazitäten (Basis- und Spitzenlast), Preisoptimierung für die Standortkunden und Sicherstellung von Umwelt-, Sicherheits- und Qualitätsstandards.

Die technische Weiterentwicklung enthält insbesondere die Aufgaben des Verbund- und Flächenmanagements und die In­frastrukturplanung. In der Verbundplanung existiert Transparenz über die Produktströme zwischen den einzelnen Produktionsschritten am Standort. Diese Transparenz ermöglicht es dem Standortmanager, aktiv den Standortkunden bei der weiteren Optimierung ihrer Supply Chain zu helfen. Produktflüsse, die z. B. an der einen Stelle den Standort verlassen, werden an der anderen Stelle des Standortes als Vorprodukt benötigt. Zudem ist dieser Input unersetzlich für die aktive Vermarktung des Standorts. Verbundlücken oder sinnvolle Ergänzungen des Supply-Chain-Netzwerkes am Standort können aktiv mit entsprechenden Partnern ergänzt werden. Das Flächenmanagement schafft Klarheit über die am Standort zur Verfügung stehenden Flächen und deren Einsatzmöglichkeiten. Als Instrument dient eine Flächen-/Zonenplanung. Das Ergebnis dient der aktiven Steuerung von Um- und Ansiedlungen am Standort. Dabei sind genehmigte Produktionsflächen mit entsprechend hochwertigen Produktionen und Randzonen mit Infrastrukturdienstleistern zu besetzen. Die Infrastrukturplanung stellt Bedarfe der Kunden an Infrastrukturdienstleistungen und entsprechende Kapazitäten gegenüber. Dieser Input ist entscheidend für die wirtschaftliche Betrachtung, welche Betreiberfunktionen mit welchen Betreibern besetzt werden. Dabei kann das Ergebnis sein, dass einige Infrastrukturdienstleistungen wie Straßen-, Kanal-, Schienenbetrieb, Standorteinfriedung und Anbindung an das kommunale Netz beim Standortmanager verbleiben. In Ausnahmefällen kann z. B. sogar der Betrieb einer Chloranlage beim Standortmanager verbleiben, wenn dadurch die strategische Entwicklung und das operative Supply-Chain-Netzwerk der Kunden sichergestellt werden muss.
Zur partnerschaftlichen Entwicklung zählen die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation, Einhaltung von Sicherheits- und Umweltschutzbedingungen und der Kundeninteraktion. In der Öffentlichkeitsarbeit/Kommunikation geht es um den Austausch mit den wichtigen Interessengruppen wie Nachbarn, Kommune, Land, Bund, Vereine und Verbände. Das Aufgabenfeld reicht vom klassischen Dialog mit der Presse bis hin zur Krisenkommunikation, die bei einem Störfall sehr schnell über die weitere strategische Entwicklung des Standorts entscheiden kann. Damit der Standort seine Berechtigung als Chemiestandort langfristig erhält, ist die Kommunikation mit Behörden bezüglich der Einhaltung von Sicherheits- und Umweltschutzbedingungen notwendig. In der Praxis dem Standortmanagement nicht immer zugeordnet ist die Aufgabe der Kundeninteraktion. Hier steht nicht die Diskussion um Preise, Leistungserstellung oder Qualitäten wie bei den Betreiberfunktionen im Vordergrund, sondern die mittel- und langfristige Entwicklung des Kunden am Standort - also Diskussionen rund um die Themen Zufriedenheit mit der Gesamtheit der Infrastrukturdienstleister, Zulieferer- und Kundensituation, strategische Entwicklung des Kundenstandortportfolios, wirtschaftliche Perspektiven und gemeinsame Optimierungsansätze. Daraus entsteht eine andere Sicht auf den Kunden, und ermöglicht einen partnerschaftlichen Zugang zum Standortkunden.
Diese aufgabenorientierte Darstellung des Standortmanagers führt dann zu einer eher funktionsorientierten Aufbauorganisation im Standortmanagement. Es lassen sich die Funk­tionen Wirtschaftliches Standortmanagement, Technisches Standortmanagement und Partnermanagement mit den entsprechen Subfunktionen ableiten. Die Ressourcendimensionierung hängt dann von der Komplexität des Standorts ab. Wenn (wie in Teil 1 dargestellt) jedoch die Kernprozesse im Vordergrund stehen, entsteht eine andere Sichtweise auf die Standortmanagementorganisation. Die Bedürfnisse der Standortmanagementkunden sind die Entwicklung des Geschäfts und die Erhöhung der Standortattraktivität. Diese Bedürfnisse entsprechen den Kernprozessen Geschäftsentwicklung und Erhöhung der Standortattraktivität (siehe Grafik) und sind als Organisationseinheiten in der Standortmanagementorganisation zu verankern. Über entsprechende Kennzahlen wie Ansiedlungsvorhaben (Pipeline, realisierte Projekte) oder Standortattraktivität sind diese Prozesse zu steuern. Funktionen, die für beide Kernprozesse von Belang sind, wie Verbundplanung oder Flächenmanagement, können als Supportprozesse organisiert sein. Diese zwei Vorschläge der Aufbauorganisation durchlaufen dann die bereits im ersten Teil erläuterten Effizienzkriterien Führungs-, Markt-, Ressourcen- und Prozesseffizienz.
Mit der Vorgehensweise der konvergenten Aufbauorganisation wird es möglich, die gesamte Organisation, aber auch Teile einer Gesamtorganisation stringent und effizient auszurichten. Das bedeutet, die Kernprozesse, das Steuerungsmodell, das Systemverhalten und die strategischen Ziele spiegeln sich in der Aufbauorganisation wider. Das Thema der Aufbauorganisation wird von vielen Experten als das zukünftige Instrument zur Optimierung von Effektivität und Effizienz avisiert.

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