Anlagenbau & Prozesstechnik

Strukturschäden ­mittels Schall ­frühzeitig erkennen

26.03.2019 -

Ob im Forschungslabor, in der Industrie oder im Krankenhaus: die meisten Sterilisatoren werden in Reinräumen betrieben. Dies stellt die Betreiber vor besondere Herausforderungen bei wiederkehrenden Prüfungen. Insbesondere, wenn dazu ein Ausbau des Sterilisators erforderlich ist, der eine erhebliche Staubentwicklung verursacht. Hier verspricht die Schallemissionsprüfung Abhilfe. TÜV SÜD-Experten stellen Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens sowie alternative Prüfmethoden vor.

Sterilisatoren werden in den unterschiedlichsten Größen und Bauformen in der Industrie, den Forschungslaboren oder den Zentrallaboren der Krankhäuser eingesetzt. Gerade in den Zentral­sterilisationen, die als interner oder externer Dienstleister im Auftrag eines oder mehrere Krankenhäuser arbeiten, ist die Auslastung im Mehrschichtbetrieb auf einem hohen Niveau. Dies hat mit dazu geführt, dass sich die Betriebsstunden pro Sterilisator über die Jahre deutlich erhöht haben. Außerdem bleiben die Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen oft länger im Einsatz. Die Folge: Das Risiko einer Materialermüdung steigt.
Dies betrifft vor allem die Schweißnähte, die für Anrisse besonders gefährdet sind. Werden die Schwachstellen nicht rechtzeitig entdeckt und beseitigt, drohen hohe Kosten durch ungeplante Stillstände und Reparaturen. Außerdem können daraus unter Umständen Gefährdungen für die Mitarbeiter resultieren. Ebenso sehen sich externe Dienstleister mit Regressforderungen konfrontiert, wenn aufgrund undichter Stellen die Wirksamkeit der Dampfsterilisation gemindert wird und daraus nachweisbar Hygienemängel resultieren.

Dampfsterilisation von Medizinprodukten
Welchen Belastungen Sterilisatoren ausgesetzt sind, zeigt das Beispiel der Dampfsterilisation von Medizinprodukten. Hier wird das zu sterilisierende Material, z. B. Operationsbesteck, in durchlässige Tücher gehüllt und hohen Temperatur- und Druckunterschieden ausgesetzt. Dazu werden spezielle Behälter – nach mehrfacher Entlüftung – mit über 130 °C heißem Dampf gefüllt. Das Entlüften erfolgt bei einem Unterdruck von 0,9 bar, der die großen Stahlwände zusammenzieht. Anschließend wirkt während der Sterilisation ein Überdruck von mehr als zwei bar auf die Gehäusewände ein und presst diese wieder auseinander. Die eckige Konstruktion wird somit immer wieder wDruckdifferenzen von mehr als einem bar ausgesetzt. Dadurch werden insbesondere die Eckradien und die Verankerungen der Türen stark beansprucht.

Zerstörungsfreie Analysemethoden im Vergleich
Gemäß der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sind Sterilisatoren als Druckgeräte wiederkehrend zu prüfen. Zusätzlich geben weitere Regelwerke und Merkblätter (siehe Infokasten) vor, welche Elemente in welchen Abständen zu untersuchen sind. Die Anforderungen betreffen sowohl die Herstellung als auch Inbetriebnahme und den laufenden Betrieb. Zur Prüfung eignen sich verschiedene Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung (ZfP). Mit ihnen ist es möglich Erkenntnisse über die Qualität des Prüfgegenstands zu erlangen, ohne die Integrität des Materials zu beeinträchtigen. Jedes der im Folgenden vorgestellten Verfahren hat seine spezifischen Vorteile und Einschränkungen, so dass eine Kombination der Prüfverfahren sinnvoll sein kann. Abschließend muss ein Sachverständiger die Prüfergebnisse als innere Prüfung (Bewertung der drucktragenden Wandung) bescheinigen.

Achtung, wenn es bunt wird
Ein einfach auszuwertendes Verfahren ist die Farbeindringprüfung. Hierbei sprühen die Prüfer ein spezielles Eindringmittel auf die gereinigten Oberflächen. Kapillarkräfte ziehen das Prüfmittel in vorhandene Risse. Anschließend wird ein sogenannter Entwickler aufgebracht, der die Farbe aus den Rissen zieht. Durch einen starken Farbkontrast zwischen Eindringmittel und Entwickler (häufig rot und weiß) werden auch feinste Rissverläufe gut sichtbar. Allerdings hat die Methode zwei Nachteile. Unter Umständen müssen vor der Prüfung vorhandene Isolationsschichten entfernt oder der Sterilisator ausgebaut werden. In diesem Fall sind Aufstellwände notwendig, um die Umgebung vor Staubentwicklung zu schützen. Dies ist vor allem in Reinräumen nur mit hohem Aufwand realisierbar. Zum anderen kann die Methode nur Aussagen zur Integrität der zugänglichen Stellen liefern und erfordert unter Umständen eine umfangreiche Vorbereitung, die den Ausbau des Geräts einschließt. Dies kann zusätzliche Kosten und Ausfallzeiten verursachen.

Ultraschall mit hoher Aussagekraft in Teilbereichen
Kaum Vorbereitungen sind dagegen für die Ultraschallprüfung notwendig. Hier sendet ein Ultraschallkopf Schallwellen aus, die von Rissen oder anderen Materialfehlern reflektiert werden. Ein Empfänger detektiert das Echo und misst dessen Intensität. Die Auswertung der Signale erfolgt rechnergestützt. Insbesondere für Hauptkammer und Türplatten liefert die Ultraschallanalyse schnelle und aussagekräftige Ergebnisse. Inhomogenitäten lassen sich exakt lokalisieren und im Hinblick auf einen sicheren Weiterbetrieb gut bewerten. Allerdings ist auch diese Prüfmethode nicht geeignet, um alle Bauteile des Sterilisators in Gänze zu beurteilen. Grund dafür ist die Anlagengeometrie sowie bauliche Gegebenheiten, die die Platzierung des Prüfkopfs limitieren.

Schallemission verrät frühzeitig auch kleinste Schwachstellen
Diese Einschränkungen gelten in der Regel für Schallemissionsmessungen nicht. Auch unzugängliche Bereiche wie z. B. Bodenbleche lassen sich prüfen. Allenfalls bei kritischen Anzeigen ist ein Ausbau oder ein teilweises Abisolieren notwendig. Das Prüfverfahren basiert darauf, dass vorhandene Risse unter mechanischer Belastung, z. B. durch Druck, Schallwellen emittieren. Die Prüfer bringen zuerst mehrere Sensoren in der Sterilisierkammer an, die anschließend ebenso wie der Mantel mit Wasser gefüllt und unter Druck gesetzt werden. Vorhandene Risse weiten sich dabei aufgrund der Belastungszunahme minimal aus und emittieren Schallwellen im Kilohertzbereich. Das Verfahren ist äußerst empfindlich und registriert dynamische Verschiebungen an der Oberfläche im Nanometerbereich.
Die Schallemission wird von den Sensoren detektiert und computergestützt ausgewertet. Aus den Ergebnissen können die Prüfexperten sowohl Position als auch Ausmaß der Fehlstelle ablesen. Nur bei kritischen Anzeigen ist es erforderlich, mit einem anderen ZfP-Verfahren nachzuprüfen. Da selbst zu verbauten und unzugänglichen Bereichen schnell belastbare Aussagen getroffen werden können, lohnt es sich, zuerst eine Schallemissionsanalyse durchzuführen. Denn liefert das Verfahren einen unkritischen Befund, müssen keine weiteren, in der Durchführung aufwendigeren Analysen vorgenommen werden. Damit ist das Schallemissionsverfahren in vielen Fällen das wirtschaftlichste und kann dem Betreiber notwendige bauliche Maßnahmen und damit verbundene Einschränkungen und Kosten ersparen.

In Zukunft noch leistungsfähiger
Die Interpretation der Signale einer Schallemissionsprüfung ist nicht trivial. So erzeugen kleine Spannungsänderungen in Sensornähe mitunter größere Amplituden als weiter entfernte, stärkere Quellen. Auch müssen Hintergrund- oder Störgeräusche per Software herausgerechnet und einzelne Frequenzbereiche gefiltert werden. Dies stellt hohe Anforderungen an die verwendete Technik. So sind moderne, leistungsfähige Computer eine Voraussetzung, um die durch hohe Abtastraten erzeugten Datenmengen zuverlässig zu verarbeiten. Wichtige Impulse für die zukünftige Weiterentwicklung des Prüfverfahrens gehen von neuen Methoden zur Mustererkennung aus. Mit ihnen soll es in Zukunft gelingen, Typ und Tiefenlage einer Signalquelle abzuleiten, die aus der Beziehung zwischen dem Frequenz-Zeit-Verhältnis des Schalls entsteht. Auf diesem Feld versprechen sich die Entwickler in Zukunft bedeutende Fortschritte durch KI-Systeme. Insgesamt gehen TÜV SÜD-Experten davon aus, dass die Aussagekraft und Zuverlässigkeit des Verfahrens weiter zunehmen werden.

Experten-Know-how bleibt unverzichtbar
Doch bei allen technischen Fortschritten ist und bleibt das Wissen erfahrener Experten für eine zuverlässige und belastbare Bewertung der Prüf­ergebnisse unabdingbar. Dies gilt insbesondere für die Einschätzung, ob der Befund einer Schall­emissionsprüfung weitere Maßnahmen erforderlich macht. Dazu wurde die systematische Ausbildung der Prüfer über die Jahre kontinuierlich verbessert. Dies betrifft vor allem das Wissen über das physikalische Verhalten der Werkstoffe, die unterschiedlichen Gerätetypen und Konstruk­tionsweisen sowie Fragen der schweißtechnischen Verarbeitung.

Fazit
Da auch unzugängliche Bereiche des Sterilisators geprüft werden können, ist die Schallemission eine geeignete Wahl als erstes Prüfverfahren. Unabhängige Experten unterstützen Betreiber und Anwender bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang zusätzliche zerstörungsfreie Prüfungen vorgenommen werden müssen, um rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen und Personen- und Sachschäden zu vermeiden. Mit ihrer langjährigen Erfahrung sind die Prüfexperten in der Lage, die Analysedaten im Hinblick auf einen gefahrlosen Weiterbetrieb der Geräte zu interpretieren. Die hohe Aussagekraft der Ergebnisse und die Möglichkeit, einen Ausbau oder andere bauliche Maßnahmen zu vermeiden, gewährleisten eine sowohl sichere als auch wirtschaftlich tragfähige Lösung.

Rechtliche Anforderungen und Regelwerke
AD 2000-Merkblätter
Die AD 2000-Merkblätter der Arbeitsgemeinschaft Druckbehälter adressieren überwiegend die Hersteller von Sterilisatoren. Diese geben an, wie viele Sterilisiervorgänge ein Behälter theoretisch übersteht, bevor die Wahrscheinlichkeit für eine kritische Materialermüdung überproportional zunimmt. Die maximal zulässigen Lastwechsel unterscheiden sich je nach Werkstoff und Bauform des Geräts, wobei 1.000 Einsätze als Minimalwert gelten. Nach 50 % der zulässigen Lastwechsel muss die Einsatzfähigkeit der Geräte durch zerstörungsfreie Prüfungen nachgewiesen werden. Andere Regelwerke, wie die harmonisierte Norm EN 13445 für „unbefeuerte Druckbehälter“, enthalten abweichende Prozentangaben.
Lastwechseldokument
Das AD2000-Regelwerk fordert, die Lastwechsel in einer geeigneten Weise zu protokollieren. Üblicherweise übernimmt diese Aufgabe der Chargenzähler der Sterilisatorsteuerung. Wenn die im Regelwerk vorgegebene maximale Anzahl an Lastwechseln erreicht ist, müssen die entsprechend ausgewiesenen, hochbeanspruchten Stellen durch zusätzliche zerstörungsfreie Prüfungen untersucht werden.
Betriebssicherheit
Für Betreiber von Sterilisatoren gilt in der Regel die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Diese schreibt für Druckgeräte ab einem bestimmten Druck und Volumen (im Allgemeinen über 0,5 bar bzw. mehr als 2 L) vor, dass diese vor der Inbetriebnahme und im anschließenden Betrieb wiederkehrend geprüft werden müssen. Die äußere Prüfung erfolgt alle zwei Jahre und umfasst den Zustand des Geräts sowie sicherheitstechnische Einrichtungen wie Notaustasten und Türleisten. Eine innere Prüfung ist alle fünf Jahre vorgeschrieben. Zu ihr zählt auch die Bewertung der drucktragenden Wandungen. Alle zehn Jahre muss zusätzlich eine Festigkeitsprüfung vorgenommen werden.

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