Chemie & Life Sciences

Trends bei kosmetischen Rohstoffen und Emulsionen

Kosmetische Inhaltsstoffe müssen weltweit den Verbraucherwünschen angepasst werden

23.09.2015 -

Industrielle Aktivitäten streben nach Wachstum und Gewinn. Steter Druck, Neues auf den Markt zu bringen, trifft in der Chemie auf kostenintensive Vorgaben wie REACh und weltweit steigende Rohstoffpreise. Bei Verbraucherprodukten wie z.B. Hautpflegemitteln sind die Innovationszyklen besonders kurz und der Wettbewerb intensiv. Die Hersteller nutzen zunehmend den globalen Markt für weltweit gültige Rezepturen mit global zugelassenen Inhaltsstoffen. Neuartige Texturen und immer spezieller werdende Verbraucherforderungen z.B. nach Bioprodukten sind zusätzliche Herausforderungen.

Am Beispiel kosmetischer Emulsionen wird erläutert, wie diesen aktuellen Marktanforderungen begegnet werden kann und in welchen Segmenten, Regionen und Technologien Potenzial liegt.

Rohstoffauswahl nach Anforderungen

Eine zunehmende Anzahl an Verbrauchern kauft Produkte, die zur eigenen Lebensweise und Einstellung passen. So wie man sich vegetarisch oder vegan ernährt, greift man auch zu entsprechenden Kosmetikprodukten, wenn diese angeboten werden. Der Bio- und Naturtrend hat in den vergangenen Jahren zu einem Anstieg der Markanteile kontrollierter Naturkosmetik geführt, mit den stark wachsenden Spezialsegmenten vegetarisch, d.h. ohne Produkte von toten Tieren und vegan, d.h. ohne jegliche tierische Produkte. In der Naturkosmetik werden synthetische Inhaltsstoffe abgelehnt wie z.B. petrochemische Rohstoffe, Silikone oder stark verarbeitete Rohstoffe. Dies hat im deutschen und europäischen Markt zur Zertifizierung von kosmetischen Inhaltsstoffen geführt, welche diese speziellen Anforderungen erfüllen.

Global ist möglicherweise eine andere Anforderung dominanter und der Markt derzeit stark wachsend mit Raten von ca. 13 bis 14% jährlich. Weltweit gibt es ca. 1,8 Mrd. Muslime, deren Religion auch das Alltagsleben regelt, so z.B., welche Kosmetikinhaltsstoffe „halal“, also erlaubt und welche „haram“, also verboten sind. Im Judentum heißen die gemäß den Gesetzen der Religion erlaubten Speisen und Produkte „koscher“.

Kosmetische Inhaltsstoffe und die Endprodukte bedürfen der speziellen Zertifizierung, wenn sie als „halal“ bzw. „koscher“ gelten und von den Verbrauchern akzeptiert werden sollen. In der Lebensmittelbranche hat sich dies stärker durchgesetzt.

Der globale Kosmetikmarkt hat bei Produkten gemäß der individuellen Lebensweise noch ein großes Wachstumspotenzial durch Zertifizierung des klassischen Produktportfolios. Das heißt, dass Inhaltsstoffe wie Partialglyceride oder Ester aus pflanzlichen Quellen sowohl für die Klassifizierung als vegetarisch und vegan als auch für die halal- und koscher-Zertifizierung in Frage kommen und damit neue Kundengruppen erschließen können.

Es gibt allerdings Schwierigkeiten, die nicht zu vernachlässigen sind: Es ist ein nicht unbeträchtlicher Aufwand für die Zertifizierung und die separate Produktion zu betreiben, um Kreuzkontaminationen mit nicht erlaubten Inhaltsstoffen oder Reinigungsmitteln zu vermeiden. Die Beschränkung auf die nach religiösen Gesetzen oder gemäß einer tierproduktfreien und natürlichen Lebensweise zugelassenen Inhaltsstoffe schränkt ggf. die Formulierungsfreiheit der Produktentwickler erheblich ein.

Wachstumsmärkte und Segmente

Wachstumsmärkte liegen aber gerade in Weltregionen, in denen die Lebensweise muslimisch ausgerichtet ist oder der Anteil an Vegetariern groß ist wie z.B. Indien, Indonesien und Malaysia. In China, Japan und Korea spielen besonders kontrollierte Inhaltsstoffe ebenfalls eine große Rolle. Brasilien ist ein Wachstumsmarkt, der in der chemischen Industrie, bei Treibstoffen und bei Verbraucherprodukten zunehmend auf nachwachsende Rohstoffe setzt.

Nachwachsende pflanzliche Rohstoffe und Verwertung von Abfällen und Reststoffen aus Land- und Forstwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Industrie ist der andere Megatrend, der einen neuen Zugang zu Rohstoffen und daraus hergestellten bekannten oder innovativen Inhaltsstoffen erschließen soll. Vieles ist, insbesondere bei den biotechnologischen Verfahren, noch im Forschungsstadium und erreicht voraussichtlich erst in einigen Jahren Marktreife. Für kosmetische Emulsionen benötigt man vor allem folgende Basisinhaltsstoffe: Emulgatoren, Konsistenzgeber und Wachse, kosmetische Öle und lipophile Komponenten, rheologische Additive, Feuchthaltemittel, Konservierungsmittel und Parfümöle. Dazu kommt eine Vielzahl unterschiedlichster Wirkstoffe – derzeit ist die Hauptauslobung „Anti-Aging“ – sowie UV-Filter, Farbstoffe und Pigmente.

Nachwachsende Rohstoffe sind als Quelle für viele Basisinhaltsstoffe hervorragend geeignet. Dazu gehören „halal“- und „koscher“-Glycerin, Glycerinester, Polyglycerinester, Zitronensäureester; Fettalkohole und Fettsäuren; Pflanzenöle, Ester langkettiger Fettsäuren; Alkylpolyglycoside und andere Zuckerderivate; rheologische Additive auf Basis von Polysacchariden. Für muslimische und jüdische Verbraucher sind auch vollsynthetische Inhaltstoffe akzeptabel, die in der Naturkosmetik nicht vorkommen dürfen.

Technologien für Emulsionen

Die vorgestellten Inhaltsstoffe bilden das Portfolio, aus dem Produktentwickler in den globalen Wachstumsmärkten wählen können. Dabei ist sowohl die Rezeptur als auch die Herstellmethode entsprechend der chemischen, physikalischen und kolloidchemischen Eigenschaften der Inhaltsstoffe anzupassen, im Vergleich zu klassischen Emulsionen bspw. auf die Kombination geeigneter Emulgatoren zu setzen oder insgesamt deren Konzentration zu erhöhen, um die erforderliche Stabilität einer Emulsion mit Pflanzenölen zu erreichen.

Bei der Herstellung sind ggf. andere Scherraten von Homogenisatoren anzuwenden, um eine homogene, feinteilige Emulsion zu erhalten. Besonders anspruchsvoll sind sprühbare Systeme und leichte Texturen mit geringen Ölgehalten, die dem Pflegebedürfnis eiliger Konsumenten in vorwiegend warmen Weltregionen entgegenkommen.

Eine klare Ausnahme von der weltweiten „Convenience“-Bewegung im schnelllebigen Zeitalter bilden die Schönheitsrituale chinesischer Frauen, wobei unterschiedlichste Produkte zum Einsatz kommen, u.a. auch Vliesmasken. Ähnlich wie Abschminktücher sind Vliesmasken Produkte aus einem textilen oder einem „nonwoven“ Anteil und einem kosmetischen Produkt. Ein weiterer Trend sind mehrfach wirksame Produkte, die sich wie ein Seidenschimmer über die Haut legen und sie besonders ebenmäßig erscheinen lassen. Hier müssen Mikrofeststoffe sehr fein und gleichmäßig in der Emulsionsbasis verteilt werden, was technologisch auch anspruchsvoll sein kann.

Für die gründliche Gesichtsreinigung werden u.a. rotierende Bürstchen zusammen mit kosmetischen Produkten angewendet, bei denen die Reinigungswirkung und Hautmilde gegeneinander abzuwägen ist. Die alternde Bevölkerung und Konsumenten in Asien und Afrika setzen auf einen hellen, ebenmäßigen Teint ohne Pigmentflecken (Altersflecken) bzw. auf eine aufhellende Wirkung der Gesichts- und Körperpflegeprodukte. In Asien ist zudem der Schutz der Haut vor Umwelteinflüssen wichtig. Durch die hohe Luft- und Umweltverschmutzung in manchen Megastädten ist die Haut Schadstoffen stärker ausgesetzt als in anderen Regionen der Welt.

Sowohl die Rohstoffwirtschaft als auch die Chemieindustrie und ihre Folgebranchen wie die Kosmetikindustrie haben globale Aufgaben und Entwicklungschancen. Daher werden sich innovative Unternehmen aus dem europäischen und US-amerikanischen Kulturkreis zunehmend den Bedürfnissen und Ansprüchen ihrer Kunden aus anderen Kulturkreisen und Traditionen öffnen müssen, wenn sie nachhaltig wachsen wollen.


GDCh-Fortbildungskurse

Grundlagenkurs Emulsionstechnologie am Beispiel von Hautpflegeprodukten -
Praxisorientierter Kurs für Einsteiger

26. bis 27. November 2015, Rheinbach (bei Bonn)

GDCh-Kurs: 605/15

Leitung: Prof. Stefanie Ortanderl

Anwenderkurs kosmetische und pharmazeutische Emulsionen -
Rohstoffauswahl, Herstellung, Stabilitätsprüfung

19. und 20. April 2016, Krefeld

GDCh-Kurs: 591/16

Leitung: Prof. Andrea Wanninger

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