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VCI: Chemie- und Pharmaforschung setzt Höhenflug fort

Forschungsausgaben auf 11,8 Mrd. EUR gestiegen, To-do-Liste für die Bundesregierung

15.08.2019 -

Die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie hat noch nie so viel geforscht wie im Jahr 2018: Rund 11,8 Mrd. EUR haben die Unternehmen für ihre Forschung und Entwicklung (F&E) aufgewandt. Damit hat Deutschlands drittgrößter Industriezweig erneut mehr als 5% seines Umsatzes in F&E investiert. Das geht aus den aktuellen Forschungskennzahlen hervor, die der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt vorgestellt hat. Für das laufende Jahr prognostiziert der VCI, dass die F&E-Budgets der Branche die Marke von 12 Mrd. EUR erreichen werden. Im internationalen Vergleich bleibt Deutschland der viertgrößte Chemie- und Pharmaforschungsstandort nach den USA, China und Japan.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Zu den neuen Zahlen sagt Thomas Wessel, Vorsitzender des VCI-Ausschusses Forschung, Wissenschaft und Bildung, warnte: "Deutschland darf seine Zukunft nicht verpassen. Wir müssen neue Ideen, Produkte und Verfahren noch viel stärker fördern als bisher sowie Unternehmensgründungen erleichtern.“

Mittelfristig, so Wessel, werde es für den heimischen Forschungs- und Produktionsstandort immer schwieriger, seine gute Position zu verteidigen. "Viele Industrie- und Schwellenländer unterstützen gezielt die Innovationskraft ihrer Firmen als Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand. Gerade China gibt hohe Summen für F&E aus. Die Volksrepublik hat es so geschafft, innerhalb von nur 17 Jahren nach den USA die Nummer 2 der internationalen F&E-Standorte in der Chemie zu werden.“

Wessel sieht daher die „deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen unter doppeltem Handlungsdruck“: Sie müssen sich sowohl im weltweit steigenden Wettbewerb behaupten, wie auch ihr Know-how einsetzen, um Antworten auf wesentliche gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen zu finden. Gleichzeitig müssen sie ihre Forschungsergebnisse schneller zur Marktreife bringen.

Empfehlungen für eine To-do-Liste an die Bundesregierung
Was ist also zu tun, damit Deutschland ein attraktiver Hightech-Standort bleibt? Der VCI begrüßt die Pläne der Bundesregierung, künftig 3,5 % des Bruttoinlandsprodukts in Forschung & Entwicklung zu investieren. Dieses Ziel könne aber nur erreicht werden, wenn die Politik den passenden Rahmen setzt und so Innovationen ankurbelt. Schließlich werden rund zwei Drittel der gesamten Forschungsmittel in Deutschland von den Unternehmen aufgebracht.

Auf eine To-do-Liste der Bundesregierung gehörten daher folgende Themen, so der VCI-Sprecher:

Mit der geplanten Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung für alle Unternehmen zu Beginn nächsten Jahres hat die Bundesregierung die Weichen für notwendige zusätzliche Innovationsimpulse gestellt. Beim Thema „Auftragsforschung“ müsse allerdings nachgebessert werden. Entscheidend ist, dass der Auftraggeber die steuerlichen Anreize erhält, da er das unternehmerische Risiko der Forschung trägt.

Zurzeit ist geplant, dass die steuerliche F&E-Förderung maximal 500.000 EUR jährlich pro Unternehmen beträgt. Das könne aber nur ein Anfang sein, so der VCI-Sprecher: „Die jetzigen Pläne animieren die Unternehmen nur begrenzt, mehr Geld in Forschung und Entwicklung zu investieren. Da ist noch Luft nach oben.“ Die Bundesregierung sollte die steuerliche Forschungsförderung deshalb im Laufe der Zeit kontinuierlich erhöhen.

Weiter auf der To-do-Liste sollte eine ressortübergreifende Innovationspolitik stehen, die mit der Hightech-Strategie 2025 gekoppelt ist. Dadurch ließen sich weitere Fortschritte zur Stärkung des heimischen Hightech-Standorts generieren; in der Energiewende und Elektromobilität etwa. Die Erfahrung zeige, dass immer wieder ambitionierte und wichtige F&E-Projekte versanden, weil die Förderprogramme teilweise unterfinanziert sind. So seien die Zuwendungen des Bundesforschungsministeriums an die Wirtschaft von 2009 bis 2016 um 9% gesunken.

Zur To-do-Liste für eine gute Forschungspolitik gehöre auch, bestehende und künftige Vorschriften daraufhin zu überprüfen, wie sie sich auf neue Produkte und Verfahren auswirken. Der VCI rege daher einen Innovations-Check bei der Gesetzgebung an –in Deutschland und in Europa!

Chemie-Start-ups brauchen bessere Starthilfe
Mit Blick auf diese Entwicklung setzt sich Wessel dafür ein, „talentierte Gründer und Erfinder zu fördern, um so den deutschen Hightech-Standort zu stärken.“ Gerade Chemie-Start-ups könnten als agile, schnelle Akteure im Innovationsgeschehen neue Ideen schneller voranbringen und den Wettbewerb um die besten Lösungen für Kunden und Nutzer von Chemieprodukten beleben. „Schwachstellen wie eine aufwendige Bürokratie, zu wenig Wachstumskapital, und eine unzureichende Infrastruktur erschweren jedoch die Gründung junger innovativer Unternehmen“, erklärte Wessel. Er schlägt daher einen spürbaren Abbau von Bürokratie sowie eine Vereinfachung der Förderprogramme vor. Möglichkeiten sieht er beispielsweise durch eine beschleunigte Antragsprüfung und eine auf Start-ups zugeschnittene Bonitätsprüfung.

Für den deutschen Wagniskapitalmarkt spielen Investitionen in junge Chemieunternehmen nur eine untergeordnete Rolle. Von 2015 bis 2018 gingen lediglich durchschnittlich 0,3% pro Jahr der gesamten Risikokapitalinvestitionen in Deutschland in Chemie-Start-ups. Wagniskapitalfonds sollten sich nach Auffassung von Wessel deshalb nicht nur an digitalen Themen ausrichten, sondern auch den Bedürfnissen von jungen innovativen Unternehmen gerecht werden, die Werkstoffe und Wirkstoffe entwickeln und bei langen Entwicklungszeiten einen hohen Kapitalbedarf haben. „Vielversprechende Ideen dürfen nicht an mangelndem Geld für die Wachstumsphase scheitern“, unterstreicht der Vorsitzende des VCI-Forschungsausschusses.

Für alle Chemie- und Pharmaunternehmen unabhängig vom Alter gilt, dass passende Rahmenbedingungen Innovationen insgesamt weiter vorantreiben müssen. Die geplante Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung für alle Unternehmen zu Beginn nächsten Jahres bezeichnet Wessel daher als eine richtige Weichenstellung für notwendige zusätzliche Innovationsimpulse. „Sie werden langfristig zu mehr Arbeitsplätzen und mehr Wertschöpfung führen, wenn die Förderung praktikabel und sachgerecht ausgestaltet ist“, betont er weiter. Dazu gehöre, dass der Auftraggeber die steuerlichen Anreize erhält, da er das unternehmerische Risiko der Forschung trägt. Das sei besonders wichtig für kleine und mittlere Unternehmen, denn für sie habe die Auftragsforschung eine große Bedeutung. Gleichzeitig sei es notwendig, die steuerliche Forschungsförderung im Laufe der Zeit zu erhöhen. Denn die zurzeit vorgeschlagene Förderung von 500.000 EUR jährlich pro Unternehmen würde die Firmen nur begrenzt animieren, mehr Geld in F&E zu investieren.

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