Personal & Karriere

Vom Ingenieur zum Produktionsleiter – der Schritt in die Gesamtverantwortung

28.10.2014 -

Ingenieure, die Position eines Produktionsleiters anstreben, werden mit Aufgaben konfrontiert, die sie im Vorfeld eher selten vollständig erfassen können. Je greifbarer die Rolle und je klarer die Perspektive für sie wird, desto authentischer und erfolgreicher wird ihr Einstieg als technische Führungskraft.

Gleich welcher Strategie der Produktionsleiter den Vorzug gibt - ob es die Präsenz von Stärke ist oder das Knüpfen von Allianzen, ob „das eigene Ding gemacht" oder besonders gut zugehört wird - die Führungskraft wird beäugt, sie wird getestet, Tag für Tag.

Die Mitarbeiter testen

Mehr noch als in anderen Führungskonstellationen stehen technische Führungskräfte unter dieser besonderen Beobachtung. Die oftmals international zusammengesetzte Belegschaft will wissen, ob die Leitung in der Lage ist „das Richtige zu tun" und ob sie „mit anpacken" kann, oder ob sie einfach nur klug ist im Sinne von: „Das ist ein interessanter Sachverhalt, ich werde mich dem einmal konzeptionell nähern und die Variablen prüfen." Es bedeutet nicht selten einen Paradigmenwechsel, festzustellen, dass Wissen und Expertise weniger gefragt sind, als die Fähigkeit, die Ärmel hochzukrempeln, zu schrauben, zu stemmen und zu drehen.

Umfragen unter Fachleuten zeigen den Weg: Danach sind vor allem drei Faktoren, die den Erfolg leichter gestalten. Erstens: eine Ausbildung vor dem Studium, die einen ersten Stallgeruch vermitteln kann. Zweitens: die innere Haltung, sich den Respekt noch verdienen zu wollen. Und drittens: die Bereitschaft da zu sein, wenn es darauf ankommt. Das bedeutet bspw. auch einmal am Wochenende in der Fertigung zu sein, wenn die Hütte brennt. Solche Signale bauen Vertrauen auf und schaffen Respekt in der Belegschaft - mehr als eine gute Besprechung, die fraglos auch ihre Bedeutung hat.

Mit der Führung im Sandwich

Nicht genug, dass die Belegschaft die Führungskraft auf neuem Terrain fordert. Auch die Geschäftsführung braucht einen verlässlichen Ansprechpartner und verlängerten Arm in die Produktion. Und schon ist die Produktionsleitung mitten drin im sog. Führungssandwich. Sie sollte diese Rolle bewusst gestalten und natürlich eine eigene Handschrift hinterlassen, ansonsten machen es andere, und dieses Sandwich kann dann unbekömmlich werden.

Drei konkrete Tipps für Produktionsleiter im Führungssandwich:

1. Überzeugen Sie durch Loyalität. Sie unterstützen und vertreten die Entscheidungen der Geschäftsführung nach innen und außen, ebenso wie Sie sich hinter Ihre Teams stellen und Ihnen den Rücken stärken. Ein schwieriger Spagat? Er ist einfacher als Sie denken.  Denn Vorsicht: Verbrüdern Sie sich mit einer Seite werden Sie manipulierbar, angreifbar und verlieren rasch Vertrauen.

2. Schaffen Sie Vertrauen, denn Vertrauen fällt nicht vom Himmel. Setzen Sie Akzente. Warten Sie nicht, bis andere es tun. Wie? Ihre Entscheidungen sind eindeutig, ebenso wie Ihre Stellungnahmen. Lieber einmal falsch entschieden, als gar nicht oder mit drei Hintertürchen. Seien Sie berechenbar. Nehmen Sie ein Blatt, setzen sich hin und klären Sie die Frage für sich: „Warum genau sollte man mir vertrauen?"

3. Leben und fördern Sie den Teamgedanken. Einerseits werden Sie als Teil des Führungsteams wahrgenommen - agieren Sie entsprechend. In der Belegschaft können Sie andererseits schon mit Gesten und innerer Haltung zum Teamgeist beitragen. Ein Beispiel: Leiharbeiter helfen Kosten zu sparen und geben Flexibilität, sicherlich. Sie sind jedoch keine Mitarbeiter zweiter Klasse. Leben Sie es vor, seien Sie wertschätzend und verbinden Sie Menschen anstatt sie zu trennen. Ein „Adecco" (Zitat eines Produktionsleiters, d. Verfasser) ist kein Titel für Mitarbeiter!

Auf die Sprache kommt es an

Führen bedeutet Kommunizieren. Umfragen z.B. von der Akademie für Führungskräfte untermauern die Forderung ganzer Belegschaften nach stimmiger und professioneller Kommunikation in der Organisation.

Die Sprache des Ingenieurs ist idealerweise geprägt von Zahlen, Daten, Fakten. Denkansätze zeugen von einem strukturierten, schrittweisen Vorgehen und Sprachmuster folgen einem eher logischen und technokratischen Duktus.

Die Geschäftsführung braucht den Strategen in der Führungsrolle, einen, der Planungsszenarien mit Leben füllen und Dinge auf den Punkt bringen kann. Andererseits brauchen „Paul und Wassili" in der Linie rasche Hilfe zur Behebung eines Problems. Sie wollen dann nichts von einer „Herausforderung" hören, sondern den 18er Schlüssel sehen und „das Ding zum Laufen bringen". Hinzu kommt, dass die Sprache in der Produktion neben dem Hands-on-Charakter auch oft genug international geprägt ist.

Adaptieren Sie daher Ihre Kommunikation situativ und bedenken Sie, dass andere Länder auch andere Sitten haben. Verhaltensforscher wie der Niederländer G. Hofstede oder der Amerikaner Edward T. Hall zeigen in eingängigen Konzepten die Unterschiede zwischen den Kulturkreisen auf. Ein Blick ins Internet oder der Besuch entsprechender Fachseminare sorgen nicht selten für einen gehörigen Aha-Effekt. Denn nationale Unterschiede gibt es etwa in der Direktheit der Sprache, im Umgang mit der Zeit und in der Akzeptanz von Macht und Hierarchien.

Motivation in der Produktion

Das sprichwörtliche „Tschaka" hat ausgedient und sichert langfristig schon lange nicht mehr den Erfolg. Viel eher wirken:

-       gemeinsame Meetings mit Management und Produktion,

-       das Beheben von Sicherheitslücken und Schwachstellen im Produktionsablauf,

-       regelmäßige und faire Leistungsbeurteilungen,

-       Sanktionen auf unkooperatives Verhalten,

-       Leistungsgedanken unterstützen mit kurz- und langfristigen Zielen,

-       Anerkennung von Leistung, die die Erwartung übertrifft,

-       und herausfordernde Arbeiten als Belohnung für fähige Mitarbeiter.

Es geht letztlich darum, den Mitarbeitern zu vermitteln, dass sie einen wichtigen Teil an der Gesamtleistung erbringen.

Management by walking around

Es liest sich wie ein Managementguide für Führungskräfte, die nicht wissen wohin mit der Zeit. Es erweist sich jedoch gerade in der Produktion als ein Konzept, mit dem Glaubwürdigkeit gestärkt wird. Der Produktionsleiter hat es zumeist mit so großen Belegschaften zu tun, dass diese einen mächtig großen Tisch bräuchten, damit alle daran Platz fänden. Was liegt also näher, als selbst unterwegs zu sein? Die Erfahrung zeigt auch hier, dass ein Blick, ein Lächeln, ein Griff auf die Schulter oder ein kurzes Gespräch wahre Wunder bewirken können, denn „der Chef ist da ... er kümmert sich." Welche Umgangskultur hier passt und welcher Ton gesprochen wird, spürt die aufmerksame Führungskraft und beeinflusst diese so selber maßgeblich mit.

Die ersten 100 Tage

Wenn beim Schritt in die Gesamtverantwortung Sätze fallen, wie: „Warum eigentlich nicht?" oder „Das haben andere entschieden." könnte es sein, dass noch Hausaufgaben zu machen sind. Aber auch wenn man glaubt, gut gerüstet zu sein, sollten einige Fragen in Bezug auf Anforderungen, Organisation und Führung sowie Kommunikation im Vorfeld bedacht werden, z.B.:

-       Was erwartet die Geschäftsleitung?

-       Welche Kompetenzen/Stärken fordert die Position der Produktionsleitung?

-       Welche Einladungen sollten angenommen/ausgeschlagen werden?

-       Welche informellen Hierarchien/Führer gibt es in der Organisation?

-       Welche betrieblichen Rituale spielen eine Rolle?

-       Wie wird das innere Team am Führungsprozess beteiligt?

-       Wie werden Delegation und Zielkontrolle aussehen?

-       Welche Kultur wird vorgelebt?

Der Einstieg in die neue Position verläuft wie ein guter Projektstart: Jede Vorbereitungsminute zahlt sich später zehnfach aus.

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