Anlagenbau & Prozesstechnik

Wirtschaftlichkeit verbessern mit Profibus PA

Grünes Licht für Feldbus und Co.

06.06.2012 -

Konzentriert huschten seine Finger über das Display des Smartphones. In diesem Anlagenbereich war er noch nie gewesen, aber er hatte mehr Aufgaben und Verantwortung bekommen, seitdem viele seiner Kollegen in den Ruhestand gegangen waren. Der Anflug eines Lächelns ging über sein Gesicht. Er hatte seine älteren Kollegen beneidet um die langjährige Erfahrung, die ihnen im Feld immer geholfen hat, brenzlige Situationen zu meistern. Aber nach und nach waren die Kollegen auch zu ihm gekommen und hatten ihn um Rat gefragt.

Besonders wenn es darum ging, vor Ort Gerätedaten oder Reparaturanweisungen aus dem Internet zu recherchieren, war seine Hilfe begehrt. Manche sprachen zwar immer noch vom „Teufelskram", wenn er sein Smartphone zückte, aber mehr und mehr mischte sich Selbstironie in ihre Aussagen - er war akzeptiert.

Aber jetzt schien der junge Wartungstechniker an Grenzen zu stoßen. Er durfte sein Smartphone - er nannte es lieber PDA, seinen persönlichen digitalen Assistenten - zwar auch hier in der Zone 1 benutzen, aber was er über pneumatische Instrumentierung im Netz fand, war dürftig. Wie konnte er das pneumatische Ausgangssignal des Messumformers vor Ort überprüfen?

Er vermutete, dass mit dem Gerät etwas nicht stimmte, aber es war halt nur eine Vermutung, kein Wissen. Wieder bedauerte er, keinen seiner erfahrenen Kollegen an seiner Seite zu haben, aber ein Hilferuf an sein soziales Netzwerk war schon unterwegs...

Panta rhei

Pantha rhei - alles fließt, alles ist in Bewegung, der Fortschritt lässt sich nicht bremsen: Das wussten zumindest schon die alten Griechen. Zwar bedeutet Fortschritt nicht immer Verbesserung, aber er kann - richtig genutzt - zur Verbesserung beitragen. Die technischen Entwicklungen der letzten 60 Jahre, also der Zeit nach dem letzten Weltkrieg und der Wiederaufbauphase in Deutschland mit dem daraus resultierenden Wirtschaftswunder, haben die meisten Bereiche unseres Lebens drastisch verändert.

Insbesondere die Produktivität ist in vielen Bereichen des Arbeitslebens deutlich gestiegen. Fuhren in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts in jedem Bus und jeder Straßenbahn neben dem Fahrer noch ein Fahrkartenverkäufer und ein Fahrkartenkontrolleur, so ist heute daraus trotz deutlich größerer Fahrzeuge für erheblich mehr Passagiere ein Ein-Mann-Betrieb geworden. Die Bemühungen der englischen Gewerkschaften, nach der Umstellung bei den britischen Eisenbahnen von Dampfloks auf Diesel- und Elektroloks weiterhin einen Heizer mitfahren zu lassen, haben nicht zur Modernisierung des Eisenbahnnetzwerkes in England beigetragen. Gerade im harten wirtschaftlichen Wettbewerb zahlt es sich also aus, neue Technologien mindestens so gut wie der Wettbewerber gewinnbringend zu nutzen, aber natürlich auch Fehlentwicklungen und Scheinfortschritt zu vermeiden.

Fertigungsautomatisierung

Natürlich hat der technische Fortschritt auch das Bild der industriellen Produktion grundlegend verändert. In der Stückgutfertigung hat die „Factory Automation" dafür gesorgt, dass Automaten und Roboter heute Aufgaben verrichten, die früher von unzähligen Werkern ausgeführt wurden. Ob bei der Bestückung von Leiterplatten, in der Verpackungstechnik oder der Automobilfertigung - Charlie Chaplin´s „Moderne Zeiten" sind deutlich moderneren gewichen. Dabei haben die genannten Branchen eines gemeinsam: der „Modellwechsel" findet innerhalb weniger Jahre statt und zwingt die Hersteller, ihre Fertigungseinrichtungen immer wieder anzupassen oder komplett neu zu gestalten. Das ermöglicht eine schnelle Umsetzung des technisch sinnvollen Fortschrittes in den neuen Fertigungseinrichtungen.

Neben der Produktivität ist dabei auch die Qualität der Produkte erheblich gestiegen. Zu beidem trägt die moderne industrielle Kommunikation bei, die mit einem durchgängigen Datenaustausch von der Feldebene bis zum MES- oder ERP-System ganz neue Methoden der Fertigungssteuerung ermöglicht. Gleichzeitig erschließen sich neue Möglichkeiten, die Ressourceneffizienz weiter zu steigern. Beispielhaft sei hier das Profinet-Profil ProfiEnergy genannt, das gemeinsam von der Profibus Nutzerorganisation (PNO), ihren Mitgliedsfirmen und Anwendern aus der Automobilindustrie entwickelt wurde und das zu deutlichen Energieeinsparungen im Produktionsprozess beiträgt.

Die konsequente Nutzung neuer Technologien hat dazu geführt, dass heute auch in einem Land wie Deutschland mit einem - im globalen Maßstab gesehen - großen Wohlstand und hohen Lohnniveau die Massenfertigung von Gütern möglich ist. Insbesondere in der Automatisierung gibt es dabei ein recht ausgewogenes Verhältnis von Push und Pull: Nicht nur die Hersteller von Automatisierungstechnik entwickeln neue Technologien, sondern auch die Anwender, allem voran in der Automobilindustrie, fordern mit präzisen Vorgaben die rasche Entwicklung anwendungsgerechter Technologien. Das hat einen Feldbus wie Profibus DP oder eine ethernetbasierte Kommunikationslösung wie Profinet schnell zu hoher Qualität und Marktdurchdringung gebracht: die digitale Kommunikation ist seit vielen Jahren Standard in der Factory Automation.

Prozessautomatisierung

Die „Process Automation" hat in den verfahrenstechnischen Anlagen in den letzten 60 Jahren ebenfalls zu drastischen Veränderungen geführt. Wurden Prozesse zunächst vor Ort bedient, entstanden dann Leitwarten, in denen ein Vielzahl von erst pneumatischen und dann elektrischen Einheitssignalen zusammen liefen, die angezeigt wurden und in Regelungen einflossen. Schier endlose Reihen von Anzeigern, Schreibern und Reglern prägten das Bild dieser Warten, die heute durch ergonomisch optimierte Leitstände mit Bildschirmbedienung über moderne Prozessleitsysteme abgelöst sind.

Auch in einer Chemieanlage sind Produktivität, Produktqualität und Ressourceneffizienz hochrangige Ziele. Zum Unterschied von Fertigungsanlagen zum Beispiel in der Automobilindustrie haben Chemieanlagen aber in aller Regel eine deutlich längere Laufzeit und ein höheres inhärentes Gefahrenpotenzial. Deshalb genießen hier praxiserprobte und bewährte Produkte und Technologien einen besonders hohen Stellenwert, was gleichzeitig zu einem nur zögerlichen Eindringen neuer Technologien und einem erst späten Nutzen der damit eventuell verbundenen Wettbewerbsvorteile führt.

Dies gilt insbesondere für die industrielle Kommunikation via Feldbus und Ethernet. Während in den neu entstehenden Anlagen im nahen Osten, in Asien oder Südamerika der Einsatz von Feldbussen wie Profibus PA nahezu eine Selbstverständlichkeit ist, fristet er in deutschen Anlagen noch mehr oder weniger ein Schattendasein.

Dies kann mit dazu beitragen, dass sich mittelfristig ein Wettbewerbsnachteil ergibt, lassen sich doch Themen wie Condition Monitoring, ein umfassendes Asset Management, eine weitgehend automatisierte Anlagendokumentation oder aber auch eine zustandsbasierte Parametrierung der Feldgeräte ohne den Einsatz von Feldbussen nur mit manuellem Mehraufwand erreichen - höhere Kosten und zusätzliche Fehlerquellen sind die Folge. Dabei haben auch hier Feldbusorganisationen wie die PNO, Hersteller und Anwendervereinigungen wie die NAMUR zusammengearbeitet, um anwendungsgerechte Lösungen zu erarbeiten.

Die NAMUR-Ampel für die Diagnose von Feldgeräten oder die Field Device Integration (FDI) für die einheitliche Feldgeräteintegration sind Beispiele für diese erfolgreichen Kooperationen.

Grünes Licht für Feldbus und Co.

Dem breiten Einsatz von Profibus PA in verfahrenstechnischen Anlagen steht nichts im Wege. Die seit vielen Jahren stabile Version 3 des Profils bietet dem Anwender zahlreiche Vorteile - von der Beschaffung über die Implementierung und den Betrieb bis hin zur Wartung und dem Gerätetausch. Das bestätigen viele Anwender, die nicht nur die niedrigeren Anschaffungskosten (CapEx), sondern auch die deutlich niedrigeren Betriebskosten (OpEx) als einen Nutzen von Profibus PA betonen.

Was kann Profibus PA, was mit herkömmlichen Technologien nicht auch schon erreicht werden kann? Nun, in erster Linie kann Profibus PA alles was ein 4 - 20 mA Normsignal auch kann - die Übertragung eines Messwertes, auch im Ex-Bereich. Neben dem Hauptmesswert können aber auch noch weitere Messwerte übertragen werden, beispielsweise bei einem Durchflussmessgerät die Temperatur und die Masse des Mediums. Somit stehen bei gleicher Zahl von Feldgeräten mehr Informationen über den Prozess zur Verfügung.

Aktuelle Feldgeräte sind flexible Messinstrumente mit vielfältigen Möglichkeiten zur Parametrierung, also der optimalen Anpassung an das Prozessumfeld. Zum Betrieb mögen nicht alle Parameter zwingend notwendig sein; je intensiver sich ein Anwender mit dem Messgerät beschäftigt, desto nutzbringender kann er auf die Möglichkeiten der Parametrierung des Messgerätes zurückgreifen.

Profibus PA erlaubt also das Übertragen von vielen Informationen. Heutige Feldgeräte haben umfassende Algorithmen zur Selbstdiagnose implementiert. Stellt ein Feldgerät einen Fehler fest, so ist es in der Lage, diesen Fehler mitzuteilen: Vom prozessabhängigen Fehler bis hin zum Ausfall von Sensoren oder Elektroniken.

Laufen alle diese Informationen an zentraler Stelle zusammen, können Wartungsmaßnahmen schnell und gezielt getroffen werden. So werten denn auch viele Anwender die Durchgängigkeit der Informationen vom Feld bis zum MES oder ERP System als besonderer Nutzen der Feldbuskommunikation - bei hoher Übertragungsgeschwindigkeit und robustem Verhalten des Netzwerkes.

Dunkle Wolken hingen am Himmel. Ab und zu blies der Wind dicke Regentropfen gegen die Fensterscheibe. Der junge Wartungstechniker hatte den Rundgang durch die Anlage genossen, aber so richtig wohl fühlte er sich jetzt vor seiner Servicekonsole. Die Diagnosesysteme für die neuen Anlagenteile 7 und 8 zeigten ihm, dass alle am Feldbus angeschlossenen Geräte einwandfrei arbeiteten: alle Ampeln standen auf grün. Die Signalpegel waren im zulässigen Bereich und es gab kaum Übertragungsfehler, die zu Telegrammwiederholungen führten.

Das Gewitter stand jetzt direkt über der Anlage, der Donner folgte unmittelbar nach dem Blitz. Ein erneuter Blick auf die Konsole zeigte ihm, dass sich Profibus PA davon wenig beeindrucken ließ. Der junge Wartungstechniker hoffte auf besseres Wetter für den nächsten Tag, wenn er einen zusätzlichen Durchfluss-Messumformer in Clamp-On Technik installieren sollte. Montage und Anschluss an das Profibus PA - Netzwerk sollten kein Problem sein, aber eine halbe Stunde ohne Regen würde er dafür schon gut finden ...


Achema 2012: Halle 11.V, Stand B29 

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