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Wissenschaftliche Verlage schaffen Freiräume für die Forschung

Dienstleistungen wissenschaftlicher Verlage schaffen Freiräume für die Forschung

22.02.2011 -

Das Internationale Jahr der Chemie 2011 (IJC 2011) feiert die Errungenschaften der Chemie und den Beitrag, den sie zum Fortschritt in fast allen Bereichen des Lebens leistet. Wissenschaftliche Verlage wie Wiley-VCH tragen maßgeblich dazu bei, die Bedeutung der Chemie an ein breites Publikum zu kommunizieren, indem sie sowohl den Informationsaustausch unter Wissenschaftlern als auch zwischen Experten und Laien der Chemie fördern. Dr. Andrea Gruß befragte dazu Dr. Eva Wille, Vice President & Executive Director, Chemistry, bei Wiley-VCH.

CHEManager: Frau Dr. Wille, was erhoffen Sie sich als Chemikerin vom Internationalen Jahr der Chemie?

Eva Wille: Als Chemikerin wünsche ich mir, dass sich das Image der Chemie weiter zum Positiven entwickelt: Weder Glorienschein noch Verteufelung - zum Beispiel durch Werbung à la „ohne Chemie" - sind dienlich, einzig die Erkenntnis, dass es ohne Chemie nicht geht und alle Chemie beherrschen sollten. Ich hoffe deshalb, dass der Chemieunterricht entsprechend weiterentwickelt wird. Schüler, Lehrer, Eltern, jedermann sollte erkennen, dass die chemische Sprache wie eine Fremdsprache gelernt werden kann. Wer die Vokabeln und Grammatik dieser Sprache beherrscht, kann die Chemie in unserem Körper und in der Natur besser verstehen.

Viele international oder national ausgerufene Wissenschaftsjahre werden von der breiten Öffentlichkeit kaum beachtet. Worauf führen Sie dies zurück?

Eva Wille: Warum sollte sich die breite Öffentlichkeit für ein Wissenschaftsjahr interessieren? Vielleicht nähme sie es wahr, wenn Tatort-Kommissare, Lena Meyer-Landrut und die Fußball-Nationalelf ihre Chemiekenntnisse in einer Jauch-Show testen müssten - oder Politiker von Petra Roth über Gregor Gysi, Frank-Walter Steinmeier bis zu Karl-Theodor zu Guttenberg, oder die neue Generation der Königshäuser: Prinz William und Kate, die schwedische Kronprinzessin Victoria und Gemahl. Am besten eine Sendung pro Monat und mit einem großen Eurovisions-Finale. Doch haben die Programmverantwortlichen wohl nicht den Mut dazu - sie hatten vermutlich auch keinen lebensnahen Chemieunterricht. Keiner blamiert sich gerne, und solange man überall bestens mit ‚Chemie war mein schlechtestes Fach, das habe ich gleich abgewählt‘ durchkommt, wird sich daran auch nichts ändern.

Welche Rolle übernehmen führende internationale Verlage wie Wiley/Wiley-VCH im Internationalen Jahr der Chemie?

Eva Wille: Als führender Chemieverlag backen wir realistische Brötchen und arbeiten von ‚innen nach außen‘. Als erstes haben wir unseren Kernzielgruppen nahegebracht, dass das IJC 2011 kommt. Dann schlugen wir Chemikern und Gesellschaften Publikationen vor, die die konkreten Ziele des Wissenschaftsjahres unterstützen. Ausgewählte Ideen setzen wir mit Gesellschaften wie der GDCh, EUCheMS sowie ChemPubSoc Europe und Autoren um. Journalisten, Verbänden und Chemikern, die in die Öffentlichkeit wirken wollen, bieten wir zusammen mit ChemPubSoc Europe, 16 kontinentaleuropäischen chemischen Gesellschaften, mit unserem freien Onlinedienst ChemistryViews.org täglich Informationen über weltweite Aktivitäten zum Austausch und zur Inspiration. Auch haben wir einen Video-Wettbewerb zu Chemie im Alltag ausgelobt und unterstützen als Sponsor jede Menge Aktionen durch attraktive Buchpreise, z. B. einen großen Luftballonwettbewerb des Jungchemikerforums. Und für solche, die rasch noch die Basics der Chemie lernen möchten, bieten wir Einsteigerbücher wie: ‚Chemie kompakt für Dummies‘ oder ‚Nanotechnologie für Dummies‘.

Welche Rolle spielen Verlage für den Fortschritt in Wissenschaft und Forschung?

Eva Wille: Wissenschaftliche Verlage sind Dienstleister und Qualitätsgaranten! Ich weiß nicht, wie viel Ihrer kostbaren Lebenszeit Sie sich selbst nehmen oder die Ihrer Mitarbeiter und Kollegen dafür einsetzen wollen, um alle notwendigen Informationen aus dem Internet selbst herauszusuchen, zu bewerten und so Wissen zu schaffen.
Auch das Veröffentlichen, Aktualisieren und Löschen von Artikeln, Videos, Daten kann man heute selbst in die Hand nehmen und viel Zeit damit verbringen. Doch ist es nicht sinnvoller, spannender und befriedigender in eben dieser Zeit sich über mögliche Wege und Erkenntnisse, zu neuen Ideen, zu neuen Forschungsansätze Gedanken zu machen, sie mit anderen zu diskutieren, voneinander neues zu lernen und Experimente auszuprobieren?
Qualifizierte Redakteure und Lektoren selektieren, beobachten, verdichten, archivieren und schaffen dadurch Freiräume für die Forschung.

Wie stehen Sie zum Thema Open Access, der Idee, dass wissenschaftliche Literatur kostenfrei und öffentlich im Internet zugänglich sein sollte?

Eva Wille: Es ist heute so viel wissenschaftliche Literatur für jedermann frei zugänglich wie nie zu vor. So bietet beispielsweise Research4Life, eine Initiative der WHO und anderer Organisationen, Entwicklungsländern den freien Zugang zu Forschungsliteratur. 85 % aller Wiley-Blackwell Zeitschriften sind dort z.B. kostenfrei zugänglich.
Die Chimäre des Closed Access als derzeitigen Stand der Kommunikationstechnik aufzubauen und deshalb Open Access zu fördern, geht daher an der Wirklichkeit vorbei. Genauso wenig stimmt es, dass alles schon einmal vom Steuerzahler bezahlt wurde, einschließlich der begutachteten Veröffentlichung, in einer von Profis stets in hartem Wettbewerb weiterentwickelten Zeitschrift, sowie der permanenten Neuaufbereitung der Inhalte für alle möglichen elektronischen Neuentwicklungen wie gerade jetzt Mobile.
Open Access ist ein anderes Geschäftsmodell. Es zahlt der Autor oder ein Sponsor oder der Staat via Forschungsförderung statt der Bibliothek. Aber auch dieses Geschäftsmodell hat seine Haken und Ösen: Die Industrie bekommt bei Open Access alle Forschungsinformationen staatlich geförderter Institutionen umsonst, die Forschungsförderer können direkt durch die Mittelvergabe die Anzahl der Veröffentlichungen beeinflussen und steuern. Redaktionen könnten schließlich dazu verleitet werden, Manuskripte geringerer Qualität anzunehmen um die Erlöse zu steigern. Wo bleibt da die Freiheit der Wissenschaftler?
Die zum Teil sehr emotional geführten Diskussionen bringen nicht weiter. Wir haben uns daher zum Experimentieren entschlossen und bieten seit ca. zwei Jahren Open Access gegen eine Gebühr für alle Originalartikel in unseren Chemie-Zeitschriften an. Die Fakten bisher: Nur wenige Autoren wählen das neue Geschäftsmodell und es zeigt sich, dass das die von vielen erhoffte und beschworene Steigerung der Zitate durch Open Access-Veröffentlichungen nicht eintritt. Wir werden sehen!

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