Anlagenbau & Prozesstechnik

Ätzendes voll im Griff

Abfüllanlage für Säuren und Laugen – Wie Kundenwünsche Realität werden

27.10.2016 -

Dieser Beitrag beschreibt in Form eines Fortschrittprotokolls die Entwicklung einer speziell auf Kundenanforderungen zugeschhnittene Lösung im Bereich der Verladetechnik.

Ein alltäglicher Vorgang in einem namhaften Chemieunternehmen: im Laufe verschiedener Prozesse fallen säurehaltige Produkte und Laugen an, die getrennt in großen Tanks gesammelt werden. Solche Verfahrensweise wird technisch herausfordernd, wenn die Medien aus den Tanks zentral in verschiedene Gebinde abgefüllt werden sollen.
Diese Aufgabenstellung, die sowohl technische Kreativität als auch Erfahrung bei der Entwicklung spezieller Lösungen erforderte, wurde von einem langjährigen Kunden vor über einem Jahr an die Verladetechnik von Voortmann heran­getragen.

Erste Gespräche
Dezember 2014: Ein erstes Projektgespräch mit dem Kunden findet statt, um unverbindlich die Rahmenbedingungen und Anforderungen an die technische Lösung herauszuarbeiten. Die Grundforderung ist überschaubar: die verschiedenen Tanks sind fest installiert und der Platz, an dem die Gebindebefüllung vorgenommen werden soll, ist ausgewählt. Der Umschlagvorgang soll in einem weitestgehend geschlossenen Raum in einer explosionsgefährdeten Umgebung erfolgen. Die Gebinde variieren von 30 bis 1.000 L Fassungsvermögen. Für jeden Tank und damit jedes Produkt ist eine eigene Befüll­armatur zu verwenden, wobei der Kunde bereits eine mögliche Armatur mit einbringt. Es ist der Einsatz einer Schlauchunterstützung geplant.

Erarbeitung eines Lösungskonzepts
Januar 2015. Für die Ausarbeitung einer rea­lisierbaren Lösung wird Voortmann ein Planungsauftrag erteilt.
Das Projekt entwickelt sich. Das Gebinde wird auf einer Waage in Befüllposition abgestellt. Ein manuelles Befüllen wird zunächst favorisiert. Sowohl die Befüllung des Gebindes mit Produkt als auch die Rückführung der Abluft erfolgen über Schlauchleitungen.
In einem zentralen „Bahnhof“ parken die mit den Tanks verbundenen Befüllarmaturen. Jeder Abfüllvorgang soll über die Waage erfasst und nach Gewicht gesteuert werden. Als Aufgabe wird jedoch erkannt, dass die Befüll­einheit das Messergebnis der Waage nicht beeinflussen darf.
Der Ansatz, mit Unterstützung eines Balancers die Befüllarmatur auf dem Behälter aufzuschrauben, wird verworfen. In Abstimmung mit unserem Kunden erarbeiten wir eine automatisierte Befüllung, bei der mit Hilfe eines hydraulischen Schlauchhandlingsystems und bei geringster körperlicher Belastung des Bedieners die jeweilige Befüllarmatur aus ihrer Parkposition entnommen und zur vorgesehenen Befüllposition transportiert wird. Anschließend wird die Armatur über einen Hydraulikzylinder exakt vertikal und berührungslos in das Gebinde eingetaucht. Die entsprechende Hydrauliksteuerung wird im Hause Voortmann entwickelt. Am bedienseitigen Ende der Schlauchunterstützung befindet sich ein Tableau mit Drucktastern zum Heben und Senken des Auslegers sowie zum Absenken der Befülleinheit in das Gebinde – damit fährt der Bediener den Behälter bis auf einen kleinen Spalt an.
Für die Anlage sind geeignete Werkstoffe auszuwählen – sie müssen sowohl beständig gegen die zu verladenen Medien sein, den statischen Anforderungen entsprechen als auch in den angestrebten Kostenrahmen passen.
Die zunächst angedachte Befüllarmatur des Kunden muss abgeändert werden. Die Aufgabe, die Befülleinheit kontaktlos über dem Gebinde zu positionieren, lösen wir mit Hilfe einer mechanischen, speziell für dieses Projekt entwickelten Klemmvorrichtung für die Schlauch­unterstützung. Sobald die Klemmeinrichtung schließt, erhält der Kunde ein Signal zur Verarbeitung in seiner Prozessleittechnik (PLT), um damit u. a. eine Befüllfreigabe zu erteilen. Zusätzlich dient die Klemmeinrichtung zur Arretierung des Auslegers in Parkstellung.
Um das Austreten von Produktgasen zu minimieren, wird unterstützend ein aktiver Absaugtrichter über der Gebindeöffnung positioniert.
Die erarbeitete Lösung mit Einbindung der Steuerung in das kundenseitige Prozessleitsystem stellt eine sehr hohe Genauigkeit und Sicherheit bei der Gebindebefüllung sicher.
Das Konzept ermöglicht es, Emissionen beim Verladen auf ein Minimum zu reduzieren. Alle eingesetzten Komponenten sind für den Einsatz in der vorgesehenen Atex-Zone geeignet. Die gesamte Abfüllanlage unterliegt den Vorgaben der Maschinenrichtlinie und im Bereich der Verladekomponenten der Druckgeräterichtlinie. Zum Schutz der Umwelt werden zusätzlich Tropfwannen installiert, um eventuell austretende Produktrestmengen aufzufangen.
Das erarbeitete Konzept wird dem Kunden in einer 3D-Animation vorgestellt.

Auftragserteilung
April 2016. Mit der Erteilung des Auftrages zur Umsetzung des Konzeptes werden die Schnittstellen klar definiert. Die Wägetechnik und Prozesssteuerung werden von anderen Fachunternehmen geliefert. Der Kunde erstellt die Verrohrungen von den Tanks bis zur Abfüllstation und stellt Absperrarmaturen und eine Überfüllsicherung bei, deren Länge von Voortmann auf Basis der hier vorhandenen Expertise festgelegt wird. Alle beigestellten Komponenten werden im Rahmen des durch Voortmann durchgeführten Engineerings in das Gesamtkonzept integriert.
Es wird ein Projektleiter benannt und ein Zeitplan aufgestellt, aus dem die einzelnen Projektphasen bis hin zu den Probeläufen ersichtlich sind.

Realisierungsphase
Juni 2016. Ein Vor-Ort-Termin findet statt, um offene Fragen, die sich im Zuge der Projektentwicklung ergeben haben, zu erörtern.
Die Absprache mit weiteren Lieferanten erfolgt auf direktem Weg – der Kunde wird über diese Gespräche und Ergebnisse regelmäßig informiert.
Im Laufe des Projektes entwickeln sich auch die Ideen weiter. Um den Befüllprozess sicherer zu gestalten und Produktverwechslungen auszuschließen, soll jede Befülleinheit codiert werden. Dies wird mit Hilfe eines Systems aus Näherungsschaltern umgesetzt. Die Parkstellung der Befülleinheit wird ebenfalls über Näherungsschalter erfasst. Die Auswertung der entsprechenden Signale erfolgt über die kundenseitige PLT.
Nachdem zunächst geplant war, erst eine Befülleinheit als Test zu entwickeln, wird nun auf die sofortige Umsetzung der Einheiten für alle Tanks umgeschwenkt.
Zeichnungen werden dem Kunden zur Prüfung und Freigabe vorgelegt. Für die betreiberseitig zu realisierenden Rohr- und Schlauchleitungen bis zu den Flanschanschlüssen der Abfüllanlage werden Gestaltungsvorschläge erarbeitet.
Juli 2016. Die Konstruktion ist beendet und das Projekt startet in die Phase der Materialbeschaffung und Fertigung, um im September die Montage bei Voortmann abschließen zu können.
August 2016. Durch unser Montagepersonal werden bereits erste Rohrleitungen beim Kunden verlegt.

Probeläufe – die letzte Projektphase ­beginnt
Oktober 2016. Zur Sicherstellung der Prozesssicherheit beginnen drei Wochen vor Auslieferung Testläufe in unserem Hause, an denen der Kunde teilnehmen kann.
Nach der erfolgreichen Abnahme wird die Anlage für die Auslieferung vorbereitet. Zur Reduzierung des Montageaufwandes vor Ort wird die Ausrüstung weitest möglich montiert und vorverrohrt. Die Montage beim Kunden wird durch Fachpersonal des Herstellers erfolgen.
Der Abschluss des Projektes steht derzeit noch aus. Falls die ersten praktischen Erfahrungen beim Kunden Optimierungspotenzial aufzeigen sollten, werden Anpassungen nach gemeinsamer Absprache vorgenommen.

Kontakt

VOORTMANN GmbH & Co. KG

Lindenau 28-30
47661 Issum

+49 2835 9233 0

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