Chemie & Life Sciences

Die Fußballweltmeisterschaft im Zeichen der Nachhaltigkeit

Bei der WM in Brasilien sorgen Kunststoffe für höchste Ressourceneffizienz

16.06.2014 -

Die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien wird bis zum Finale am 13. Juli 2014 viele Millionen Menschen in ihren Bann ziehen. Trotzdem ist ein solches Großereignis nicht unumstritten, wird es doch von Kritikern mit Begriffen wie Umweltzerstörung und Energieverschwendung als nicht mehr verantwortbar angegriffen.

Der Weltfußballverband FIFA und das lokale brasilianische Organisationskomitee haben sich deshalb von Anfang an bemüht, diese Fußballweltmeisterschaft grün und nachhaltig zu gestalten und mit geeigneten Maßnahmen den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Exemplarisch sind hier zu nennen:

  • „Grüne" Spielstätten: viele Stadien erhielten eine LEED-Zertifizierung nach den Kriterien des US-Green Building Councils. Das amerikanische LEED-Modell ist ein international anerkanntes Zertifizierungssystem, die Abkürzung steht für „Leadership in Energy and Environmental Design".
  • Abfallmanagement: ein neu eingerichtetes Waste-Management-System sorgt für eine Minimierung des Abfalls und eine größtmögliche Recyclingquote.
  • Ressourcenschonung: die Effizienz von Energie- und Wassereinsatz wird soweit gesteigert, dass entsprechende Werte früherer Turniere deutlich verbessert werden, so auch die CO2-Emission, charakterisiert durch den Carbon Footprint. Zudem werden erneuerbare Energie und biobasierte Materialien bevorzugt.
  • Erfolgskontrolle: schließlich wird am Ende der Veranstaltung ein groß angelegter Report über Wirkung und Erfolg der Maßnahmen Rechenschaft ablegen.

Innovationen der Kunststoffindustrie: wichtige Träger der Nachhaltigkeit.

Die Umsetzung dieser allgemeinen Aussagen finden wir an vielen Stellen, z.B. in der Konstruktion der Stadien, ihrer Innenausstattung, aber auch in der Ausrüstung der Akteure! Wir stoßen dabei auf eine Fülle von Innovationen im Sinne von verbesserter Effizienz, gesteigerter Leistung und erhöhter Nachhaltigkeit. Innovationen, hinter denen weltweit nicht zuletzt Unternehmen der Kunststoffindustrie stehen. Dazu einige Beispiele:

Konstruktionselemente

Seit der sensationellen Zeltdachkonstruktion des Münchner Olympiastadions aus Plexiglas ist Kunststoff als Konstruktionsmaterial im Stadionbau fest etabliert. Bei seinem Einsatz kann man heute zwei Wege unterscheiden. Erstens eine Stahlkonstruktion, die mit flachen oder strukturierten Platten aus Polycarbonat, wie dem Makrolon von Bayer Materialscience oder dem Lexan von SABIC Innovative Materials bestückt wird. Zweitens eine zeltartige Bauweise, wobei mit Kunststoffen beschichtete Glas- oder Polyestergewebe für Dächer und Fassaden eingesetzt werden. Die verwendeten Kunststoffe der Wahl sind PTFE (3M/Dyneon) und PVC (Solvin).

So erhielt die brasilianische Stadion-Ikone Maracanã ein PTFE-Membrandach mit einer Fläche von 46.500 m². Transparente Massivplatten aus Makrolon werden die Zuschauer im Stadio National der Hauptstadt Brasilia vor Sonne und Regen schützen.

Kunstrasen

Eine weitere Innovation mit Kunststoff sorgt für die dringend notwendige Steigerung der Strapazierfähigkeit des Rasens. In einem Hybridsystem werden die Vorzüge des robusten, aber bei Spielern unbeliebten Kunstrasens mit den angenehmen Spieleigenschaften des Naturrasens kombiniert. Eine sehr große Zahl von Kunstrasenfasern, in der Regel aus Polyethylen (PE), wird so in Naturrasen implantiert, dass die Graswurzeln mit den Synthesefasern verwachsen. Es entsteht die Basis eines robusten Hightech-Spielfeldes, das mindestens dreimal häufiger bespielt werden kann als üblicher Sportrasen. Bei dieser Anwendung sind die Langzeitstabilität des eingesetzten Kunststoffes, der Erhalt der mechanischen Festigkeit sowie die Farb-und Formstabilität Voraussetzung für nachhaltigen Einsatz. Eine wichtige Funktion erfüllen dabei Additive, insbesondere Antioxidantien und Lichtschutzmittel, welche Korrosion und Ausbleichen verhindern Solche Hochleistungsstabilisatoren sind z.B. von BASF entwickelt und für dieses Einsatzgebiet optimiert worden.

Stadionsitze

Eine hohe Lebensdauer und Flammfestigkeit sind Kennzeichen nachhaltiger Stadionsitze. Diese Eigenschaften werden von speziellen Additiven bewirkt, wie sie von Spezialisten wie BASF und Clariant angeboten werden. Der Zwang zu Nachhaltigkeit verleiht einem weiteren Materialaspekt Gewicht: recyclierte sowie biobasierte Kunststoff sollen in die Sitzherstellung einbezogen werden. Deshalb verbessern PET-Sitzverkleidungen aus recyclierten Coca Cola-Flaschen neben Zucker-basierten Polyolefinen von Braskem die ökologische Bilanz der Stadien.

Coatings

Wie die Sitze ist auch die gesamte Konstruktion des Stadions extremen Witterungseinflüssen ausgesetzt. Überall dort, wo das Material nicht direkt durch Additive davor geschützt werden kann, um Korrosion und ihre Folgen zu vermeiden, übernehmen Coatings diese Aufgabe- Auch sie werden je nach Belastung und zu schützendem Substrat maßgeschneidert. Mit Pigmenten oder Farbstoffen dotiert unterstützen sie das Design und verbessern den Gesamteindruck. AkzoNobel, führend in der Entwicklung und Anwendung innovativer Coatings, ist auch in den Stadien des FIFA World Cup gefragt.

Hohe Spielkultur durch bessere Ausrüstung

Fußballfans in aller Welt fiebern der WM entgegen und hoffen auf spannende Begegnungen. Die Qualität eines Fußballspiels hängt ebenso wie die Gesundheit der Spieler in nicht geringem Maße auch von der persönlichen Ausrüstung ab. Auch das Spielgerät, der Ball, beeinflusst das Spiel. In diesem Bereich finden wir ebenfalls Elemente der Nachhaltigkeit und Leistungssteigerung die auf Kunststoffinnovationen beruhen.

Microfasern aus PET- Recycling

Alle Teams werden mit Trikots auflaufen, deren Material PET aus recyclierten Coca Cola-Flaschen gewonnen wurde. Zu Hightech-Mikrofasern verarbeitet liefert es Gewebe, welche selbst im heißen und schwülen Brasilien dem Träger ein angenehmes Mikroklima verspüren lassen. Die Hersteller Adidas, Nike und Puma, die allein 26 der 32 beteiligten Nationalmannschaften ausrüsten, setzen auf ein solches, in den Laboren der Kunststoffindustrie entwickeltes Material.

Stricken - die neueste Masche für Fußballschuhe

Das wichtigste Arbeitsgerät des Fußballers, sein Schuh, erfährt in diesen Tagen eine nahezu revolutionäre Veränderung. War vor kurzem noch Känguruleder das Non-plus-ultra-Material für hochwertige und superleichte Schuhe, muss es heute Hochleistungsfasern weichen, aus denen Fußballschuhe wie Socken gestrickt werden. Von Adidas und Nike wurden parallel zwei ähnliche Entwicklungen auf den Markt gebracht, bei denen das gestrickte, sockenartige Oberteil fest verbunden ist mit einer dünnen, leichten Sohle aus Hochleistungskunststoff. In den Sohlen von Fußballschuhen kommen z.B. Pebax von Arkema oder Tepex, ein innovativer Faserverbundwerkstoff von Lanxess, zum Einsatz. Hochwertige Polyurethan-Elastomere wie Adiprene (Chemtura) federn Stoßbelastungen an Kappe und Ferse ab. Die neue Schuhgeneration mit reduziertem Gewicht bietet aufgrund der im Zusammenspiel von Material und Design erreichten Kombination aus hoher Festigkeit und Elastizität einen erhöhten Tragekomfort, bessere Ballkontrolle und noch größeren Schutz vor Verletzungen.

Brazuca - Traum der Technik

Last but not least ist auch Brazuca, der Ball, um den sich beim FIFA World Cup 2014 alles dreht, eine Hightech-Entwicklung der Kunststoffindustrie, insbesondere ihres Kunden Adidas. Schon seit 1986 nicht mehr aus Leder, werden die Bälle des FIFA World Cup aus hochwertigem Polyurethan gefertigt. Zu jeder Weltmeisterschaft erscheint ein neuer, optimierter Ball, dem zunächst das renommierte Schweizer Prüfinstitut EMPA seinen Segen in Form eines Prüfzertifikats erteilen muss. Aus einzelnen PU-Segmenten bestehend, die nahtlos miteinander verschweißt sind, weist Brazuca einen konstanten Umfang von 69 cm und ein Gewicht von exakt 437 g auf. Beide Werte sind von der FIFA vorgegeben. Design und Produktion nach den modernsten Methoden der Kunststofftechnik führten zu einem Fußball mit herausragendem Spielverhalten wie Flug- und Schusseigenschaften und Ballkontrolle. Eine Oberflächenveredlung verhindert jegliche Wasseraufnahme.

Torlinientechnik: Entscheidungshilfe für Schiedsrichter

Umstrittene Schiedsrichterentscheidungen sorgen im Fußball wie in anderen Sportarten immer wieder für Diskussionsstoff. Zumindest eine Entscheidung wird den Unparteiischen bei der WM-Endrunde in Brasilien erstmals von modernster Technik abgenommen: Tor oder kein Tor? In den 12 WM-Stadien in Brasilien wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Fußballweltmeisterschaften ein System installiert, dass den Schiedsrichtern eindeutig signalisiert, ob der Ball die Torlinie in vollem Umfang überschritten hat. Die in Brasilien zum Einsatz kommende Torlinientechnologie wurde in Deutschland von der Firma GoalControl entwickelt.

Das GoalControl-System basiert auf 14 Kameras, die um das Spielfeld herum angeordnet und am Stadiondach angebracht und mit einem hochleistungsfähigen Rechner verbunden sind. Der Fußball und dessen Position wird kontinuierlich verfolgt und automatisch in drei Dimensionen mit einer Präzision von Millimetern erfasst, sobald der Ball in der Nähe der Torlinie ist. Wenn der Ball die Torlinie komplett überquert hat, sendet das System in weniger als einer Sekunde ein verschlüsseltes optisches und akustisches Signal an die Empfängeruhr des Schiedsrichters.

Die Torlinientechnologie wird - wie auch jedes andere auf Elektronik basierende System - erst durch Hightech-Materialien aus der Chemieindustrie möglich. Die Kommunikations- und Informationstechnologie - von den elektronischen Anzeigetafeln in den Stadien über die Fernsehkameras und Übertragungskanäle bis hin zu den modernen Flachbildschirmen in den Wohnungen der TV-Zuschauer und den Videoscreens bei den zahlreichen Public Viewing Events weltweit - hat ihren Siegeszug polymeren Werkstoffen, anorganischen und organischen Spezialchemikalien und vielen chemischen Prozessen zu verdanken.

Was wäre Fußball ohne Kunststoff?

Der Blick auf den FIFA World Cup 2014 führt insbesondere zu zwei Einsichten über die Bedeutung und den Wert von Kunststoffen im täglichen Leben: Mit Kunststoffen gelingen immer wieder Problemlösungen für höhere Effizienz und Lebensqualität. Gleichzeitig bieten Lösungen mit Kunststoffen in der Regel das höchste Potential für Ressourcenschonung, sind Schlüssel zur Nachhaltigkeit. Fußball, wie auch die meisten anderen Sportarten wären ohne den Einsatz von Kunststoffen zumindest mühsamer, oft langweiliger und mit Sicherheit schädlicher für eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft. Ganz egal, wer in Brasilien Weltmeister wird, eines ist sicher: An jedem Tor, das bei dem Turnier fällt, ist die Chemie maßgeblich beteiligt.

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