Chemie & Life Sciences

Die neue Perspektive der Lohnfertigung

Mit reiner Auftragsproduktion können Lohnfertiger heute nicht mehr punkten

02.10.2018 - Produktqualität, Liefersicherheit und Kundenorientierung sind selbstverständliche Erwartungen von Kunden. Darüber hinaus werden heutzutage die Fähigkeit zum vernetzten Denken und Handeln und Lieferantenqualitäten von Grund auf neu definiert.

Zukunftstauglich sind nur noch Unternehmen, die zum Bewältigen der unaufhaltsamen und kompromisslosen Veränderungen ausreichende Ressourcen zur Verfügung haben. Herausforderungen der Digitalisierung, Globalisierung der Märkte, zunehmende Regulierungen und die Suche bzw. das Halten von Fachkräften erfordern Beachtung. Die simple Produktion von chemischen Produkten muss hinten anstehen. Dieser Part wird stattdessen an einen qualifizierten Lohnfertiger übertragen.

Das externe Fertigen von chemischen Produkten im Kundenauftrag nehmen Unternehmen in Anspruch, die selbst die Produkte nicht herstellen können, dürfen oder wollen. Fehlende technische Aggregate, rechtliche Genehmigungen oder die strategisch-politischen Philosophien der Unternehmen sind Gründe, Lohnfertigung in Anspruch zu nehmen. So oder ähnlich werden Lohnfertiger von der chemischen Industrie definiert ­­­– aus Unkenntnis.

Eigenständiges Geschäftsmodell

Kaum beachtet von den etablierten Produzenten chemischer Produkte, entwickeln professionelle Lohnfertiger ein eigenständiges Geschäftsmodell. Sie schließen die Lücke zwischen den Herstellern von Grundchemikalien und den Produzenten von Anwendungsspezialitäten. Die Zielkompetenz der Hersteller von Grundchemikalien ist die Prozesseffizienz durch optimierte Produktionsanlagen, maximale Anlagenverfügbarkeit  und häufig die Kostenführerschaft in einem Marktsegment.  Auf der anderen Seite stehen die innovationsgetriebenen Anwendungsspezialisten, die branchen- und kundenspezifische Veredlungsprodukte oder Systemlösungen vertreiben. Innovationskraft, Investitions- und Risikobereitschaft sowie Flexibilität zeichnen solche Produzenten aus.

Zwischen den beschriebenen Modellen platzieren sich die Lohnfertiger als Experten für auftragsspezifische Misch- und Reaktionsprodukte. Sie entlasten und unterstützen alle Produzenten bei der Bedienung der Lieferketten. Dabei helfen ihnen weitgefächerte, übergreifende Chemie- und Branchenkenntnisse. Multifunktionelle Produktionsanlagen und eine intensive Zusammenarbeit zwischen Produzent und Lohnfertiger sind dabei Erfolgsfaktoren.

Tiefen der Zusammenarbeit

Je nach  Intensität und Tiefe der Zusammenarbeit ergeben sich unterschiedliche Vorteile für einen Produzenten durch den Lohnfertiger. Im einfachsten Fall begleitet der Lohnfertiger den Produzenten nur als Engpass- und Ergänzungslieferant in der Lieferkette. Der Nutzwert besteht für den Produzenten in der Kapazitätserweiterung oder dem Zugang zu technischen Möglichkeiten, die er selbst nicht besitzt.       

Die weitere Vertiefung der Zusammenarbeit in Form von dokumentierten Qualitätsabsprachen und langfristigen Mengen- sowie Ressourcenplanungen steigert den Nutzwert für den Produzenten. Der Lohnfertiger wird zu einem zertifizierten Lieferanten. Für den Produzenten befindet sich auch die Übertragung von Teilverantwortung für die Auslieferkette im Fokus.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit für den Lohnhersteller, als sog. Kooperationslieferant noch näher an den Produzenten heranzurücken. Im Idealfall werden für das operative Geschäft  IT-Anbindungen und Kommunikationsnetzwerke eingerichtet und gepflegt. Der Lohnfertiger übernimmt selbstständig Teilaufgaben aus der Zuliefer- und Auslieferkette. Im Rahmen dieser höherwertigen Form der gemeinsamen Aktivität lässt sich die Ressourcenentlastung als  Hauptvorteil für den Produzenten benennen.

Den höchsten zukunftsträchtigen Wert generieren Produzenten, wenn sie mit dem Lohnfertiger eine strategische Partnerschaft eingehen. Die gemeinsame Betreuung der Lieferketten, Gespräche mit Endkunden und Lieferanten sowie gegenseitig ergänzende Produktentwicklungen zeichnen solche Partnerschaften aus.

Die Ära Chemie 4.0

Die Digitalisierung durchdringt die Wirtschaft. Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungsphase der Chemiebranche,  der Ära Chemie 4.0, zeichnet sich ein weiteres Argument für diese besondere, hochwertige Form der Dienstleistung ab: Ressourcenschaffung. Damit ist nicht nur das Generieren von Ressourcen für die Produktion gemeint; vielmehr werden zusätzliche Betriebsressourcen für andere Aufgaben freigesetzt, wie z.B. das Bewältigen des digitalen Wandels.

Durch die Weiterentwicklung von linearen Fertigungsketten zu komplexen ökonomischen Netzwerken verliert die Wertigkeit des reinen Produktionsprozesses zunehmend an Bedeutung. Die zuvor beschriebenen dynamischen Netzwerke lösen traditionelle Funktionalitäten von sequenziellen Lieferketten ab. Alle Beteiligten eines Geschäftsvorgangs (Zulieferer, Logistiker, Produzenten, IT-Dienstleister, Kunden, Technik-Dienstleister und andere industriefremde Firmen) arbeiten zeitgleich miteinander und nebeneinander an dem Auftrag in der Lieferkette. Das Idealbild einer wertbringenden, Ressourcen schaffenden Zusammenarbeit zeigt sich in einem strategischen, dynamischen und vertrauensvollen Partnerschaftsmodell zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Beide Unternehmen arbeiten abteilungsübergreifend partnerschaftlich zusammen und haben stets auch einen Blick aus der Perspektive des Anderen. Der Markt mit all seinen Chancen und Risiken, innerbetriebliche technische Herausforderungen, Personalplanungen, regulatorische Aufgaben und mehr münden in gemeinschaftlichen Projekten. Die Entwicklung von beidseitigen Kompetenzen und Wissen ist das Ergebnis. Bei diesem Modell ist der Lohnfertiger bildlich ein Unternehmensteil des Produzenten.

Lohnfertigung mit neuen Perspektiven

Unter Berücksichtigung dieser Tatsache lässt sich eine weitere, neue Wertperspektive von Lohnfertigern beleuchten. Viele Unternehmen aus der chemischen Industrie, insbesondere aus der Großchemie, machen sich fit für die digitalisierte Zukunft.  Multistoffanlagen mit Batchbetrieb werden durch automatisierte, vollkontinuierliche Betriebsstätten ersetzt. Herstellungsprozesse der mengenmäßig großen Produkte werden digitalisiert und rationalisiert. Für die Rest- oder Kleinprodukte ist dieser Vorgang unwirtschaftlich oder zu aufwendig. Diese Produkte werden gerne an externe Lohnhersteller vergeben.

Zugleich betreffen die genannten Veränderungsprozesse der Chemie 4.0 auch die Lohnfertiger. Auch sie müssen mit dem Fortschritt mithalten. Als wichtiger Bestandteile der dynamischen Netzwerke vertreten die Lohnfertiger stellvertretend und eigenverantwortlich die Positionen des Produzenten gegenüber deren Kunden oder Behörden. Als Experten für auftragsspezifische Misch- und Reaktionsprodukte sind vor allem kleine und mittelgroße Betriebe prädestiniert, die als moderne Dienstleister ihren Kunden ein hohes Kompetenzangebot zur Verfügung stellen. Es werden moderne technischen Standards für Produktionsprozesse im Batchbetrieb bereitgestellt. Flexible Einrichtungen zur Prozesssteuerung und -überwachung sind für einen ständigen Produktwechsel ausgelegt.                  

IT-Strukturen besitzen eine offene Schnittstelle zu den IT-Systemen der Produzenten, damit Daten überall und zu jeder Zeit verfügbar sind. Agile, lernfähige Organisationsstrukturen und Mitarbeiter mit der Fähigkeit, sich kontinuierlich an komplexe, stets verändernde, teils turbulente und unsichere Zukunftsaufgaben anzupassen, zeichnen solche Lohnfertiger aus.

Zusammenfassung

Verschiedene Geschäftsmodelle werden angeboten. Die Spanne der Möglichkeiten reicht vom einfachen Engpass-Lieferanten bis hin zur strategischen Partnerschaft. Das Geschäftsmodell entscheidet, in welchem Ausmaß Ressourcen beim Kunden freigesetzt werden.

Lohnfertigung der Zukunft ist somit mehr als nur die Auftragsproduktion von chemischen Produkten. Technische Möglichkeiten, Kompetenz und Agilität der Lohnfertiger ermöglichen den Produzenten, den Fokus auf die Gestaltung des digitalen Wandels zu richten.

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