Chemie & Life Sciences

Europas Chemieindustrie schaltet einen Gang zurück

15.11.2010 -

Europas Chemieindustrie kann mit dem Geschäftsjahr 2007 durchaus zufrieden sein. Der Höhenflug der vorangegangenen Jahre setzte sich fort, wenngleich die Dynamik allmählich nachließ. Produktion, Branchenumsatz und Erzeugerpreise legten im Jahr 2007 zu: Die Produktion stieg um knapp 3%. Der Branchenumsatz wuchs dank des anhaltenden Preisauftriebs sogar um 5%. Das Exportgeschäft blieb der wichtigste Impulsgeber. Aber auch das Binnengeschäft zog spürbar an (Grafik 1). Trotz dieser Zahlen hat sich die Stimmung in den Chefetagen der europäischen Chemieunternehmen zuletzt eingetrübt. Der Optimismus hat seit Mitte des Jahres 2007 nachgelassen. Sowohl die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen waren in den letzten Monaten auf hohem Niveau rückläufig. Der starke Euro, hohe Ölpreise und vor allem die Unsicherheit über die Auswirkungen der US-Hypothekenkrise drückten auf die Stimmung. Dennoch ist die Mehrheit der Chemieunternehmen in Europa zuversichtlich, dass sich die gute Geschäftslage im Jahr 2008 fortsetzt. Die Hoffnungen ruhen auf den dynamisch aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens und einer robusten europäischen Binnenkonjunktur. Diese beiden Faktoren sollten trotz einer sich abzeichnenden Rezession in den Vereinigten Staaten die Weltwirtschaft stabilisieren. Vor diesem Hintergrund wird das europäische Chemiegeschäft seinen Aufwärtstrend in den kommenden Monaten mit niedrigerem Tempo fortsetzen.

Chemieproduktion mit nachlassender Dynamik

Nach gutem Jahresbeginn drosselten die europäischen Chemieunternehmen im zweiten Quartal des Vorjahres ihre Produktion. Im zweiten Halbjahr setzten sich die Wachstumsimpulse zwar erneut durch. Der Auftrieb hatte jedoch an Dynamik eingebüßt. Im vierten Quartal 2007 stagnierte die Produktion sogar auf dem Niveau des vorangegangen Quartals. Sie lag von Oktober bis Dezember lediglich 2,5% höher als ein Jahr zuvor (Grafik 2). Für das Gesamtjahr wurde ein Wachstum von knapp 3% verbucht.

Dabei liefen die Chemiegeschäfte in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sehr unterschiedlich (Grafik 3): Die osteuropäischen Volkswirtschaften setzten ihren Aufholprozess fort. Dank einer starken Ausweitung der Industrieproduktion stieg dort die Nachfrage nach Chemikalien dynamisch. In Polen konnte die Chemieproduktion um mehr als 7% ausgeweitet werden. Unter den großen Chemieproduzentenländern Europas waren Deutschland und Frankreich im vergangenen Jahr die Wachstumslokomotiven. In beiden Ländern lag das Chemiewachstum über 4%. In Frankreich und in Deutschland sorgten die Pharma- und Kosmetikhersteller für ein hohes Wachstum. In Deutschland profitierten zudem die Hersteller von Fein- und Spezialchemikalien von der guten Industriekonjunktur. Deutlich zurückhaltender blicken die Chemieunternehmen in Großbritannien, Belgien und Italien auf das abgelaufene Geschäftsjahr zurück. In diesen Ländern war die Chemieproduktion rückläufig.

Preisanstieg hält an

Noch zu Beginn des Jahres 2007 hatten die europäischen Chemieunternehmen auf niedrigere Ölpreise und damit niedrigere Rohstoffkosten gehofft. Im März setzte an den internationalen Rohstoffbörsen erneut eine Ölpreishausse ein. Gegen Ende des Jahres musste für ein Fass Rohöl bereits knapp 100 US-$ gezahlt werden. Wegen der guten Weltkonjunktur konnten die Chemieunternehmen die gestiegenen Rohstoffkosten zumindest teilweise an ihre Kunden weiterreichen. Im gesamten Jahresverlauf 2007 stiegen daher die Chemikalienpreise in Europa (Grafik 4). Im Jahresdurchschnitt waren chemische Erzeugnisse mehr als 2% teuerer als ein Jahr zuvor. Angesichts anhaltend hoher Notierungen beim Rohöl dürfte sich der Preisauftrieb auch in den kommenden Monaten fortsetzen. Wenngleich es wegen der nachlassenden Weltwirtschaft zunehmend schwieriger werden dürfte, den Kostendruck über höhere Preise an die Kunden weiterzugeben.

Deutliches Umsatzplus

Produktionszuwächse und steigende Erzeugerpreise hinterließen auch in der Umsatzstatistik ihre Spuren. Im Gesamtjahr 2007 stieg der europäische Chemieumsatz um gut 5%. Allerdings liefen die Geschäfte zuletzt nicht mehr so rund. Der Aufwärtstrend hat zum Jahresende an Fahrt verloren. Im vierten Quartal konnte der Branchenumsatz gegenüber dem Vorquartal kaum noch zulegen. Der Abstand zum entsprechenden Vorjahresquartal verkürzte sich auf etwas mehr als 4% (Grafik 5).

Das Auslandsgeschäft blieb die wichtigste Stütze der europäischen Chemiekonjunktur. Der anhaltende weltwirtschaftliche Boom ließ die Chemieexporte kräftig steigen. Die Verkäufe der Branche jenseits der EU-Grenzen legten im Gesamtjahr 2007 um rund 6% zu. Die Verkäufe an europäische Kunden zogen ebenfalls deutlich an. Der Branchenumsatz innerhalb der Europäischen Union stieg um knapp 5%. Die Branche profitierte dabei von der guten Industriekonjunktur und einem sich belebenden privaten Konsum. Der starke Euro machte jedoch den Unternehmen zunehmend zu schaffen. Er belastete die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemieproduzenten und dämpfte das Exportwachstum. Gleichzeitig stieg der Importdruck von Chemikalien nach Europa.

Vorsichtiger Optimismus für 2008

Die europäische Chemieindustrie ist mit dem Geschäftsjahr 2007 überwiegend zufrieden. Der Aufwärtstrend setzte sich fort. Allerdings hat die Dynamik erwartungsgemäß nachgelassen und die Chemiekonjunktur lief längst nicht in allen EU-Ländern rund. In Großbritannien, Belgien und Italien war die Chemieproduktion sogar rückläufig. Demzufolge trübte sich die Stimmung der Branche in der zweiten Jahreshälfte 2007 leicht ein. Dennoch wird die aktuelle Geschäftslage zu Beginn des Jahres 2008 weiterhin positiv eingeschätzt. Für die weitere Geschäftsentwicklung ist man vorsichtig optimistisch. Dieser Optimismus stützt sich auf die Hoffnung einer anhaltend hohen weltwirtschaftlichen Dynamik und einer stabilen europäischen Binnenkonjunktur. In diesem Szenario würde die europäische Chemieproduktion im Jahr 2008 um 2,5 bis 3% wachsen. Allerdings haben die Risiken zuletzt wieder zugenommen: Die hohen Rohölpreise, der starke Euro und die US-Hypothekenkrise könnten sich schneller und stärker auf die europäische Wirtschaft auswirken als bisher angenommen.

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