Chemie & Life Sciences

Holzveredelungsprodukte, die Biodiversität stärken

DAW: Holzlasuren aus Leindotter sind nachhaltig und innovativ zugleich

10.12.2019 - Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet nicht nur, auf die Gewinne von heute zu blicken, sondern so zu handeln, dass auch künftige Generationen uneingeschränkt leben können. Diese langfristige Denkweise ist für DAW als inhabergeführtes Familienunternehmen selbstverständlich. Nachhaltig ausgerichtete Produkte haben bei dem Unternehmen – bekannt durch die Marken Alpina und Caparol – eine lange Tradition.


Mit Blick auf eine zunehmende Kundennachfrage nach nachhaltigeren Alternativen im Bereich der Holzlasuren hat DAW im Jahr 2014 die Möglichkeit einer Herstellung von Holzlasuren auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen evaluiert. In den Fokus kamen Pflanzenöle, deren Einsatz für den Schutz von Hölzern erprobt und technisch ausgereift ist. Als Kritikpunkt wurde in diesem Zusammenhang jedoch immer die Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche zur industriellen Rohstoffgewinnung genannt, die in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht – medial bekannt unter der „Teller oder Tank“-Diskussion. Es wurde daher festgelegt, dass für die Neuentwicklung der Holzlasuren auf Basis nachwachsender Rohstoffe die Nahrungsmittelproduktion nicht beeinträchtig werden darf – konkret wurde im landwirtschaftlichen Bereich eine Effizienzsteigerung angestrebt, die nicht zu Lasten bestehender Anbauflächen geht und/oder eine Erschließung von neuem Ackerland notwendig machen würde. Grundsätzlich sollte der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen in innovativen, nachhaltigen Holzlasuren münden.

Mischfruchtanbau von Erbsen und Leindotter fördert Biodiversität

Es folgte die Suche nach geeigneten Konzepten, um dieses anspruchsvolle Ziel umzusetzen. Ende 2015 fiel das Augenmerk auf eine alte heimische Kulturpflanze, den Leindotter. Besonders positiv wurde gewertet, dass die Leindotterpflanze mit anderen Kulturpflanzen angebaut werden kann, ohne dass es dabei zu Ernteeinbußen bei der Hauptfrucht kommt. Im sog. „Mischfruchtanbau“ müssen sich die Saaten die natürlichen Ressourcen wie Nährstoffe, Wasser, Licht und Platz teilen. Die Tatsache, dass man bestimmte Feldfrüchte ohne Verluste mit Leindotter kombinieren kann, wird durch die folgenden Faktoren begünstigt: 

Leindotter unterdrückt Unkraut. Die Leindotterpflanze bildet nach der Keimung sehr schnell einen bodenbedeckenden Blattkranz (Rosette) aus, nimmt damit anderen „Unkraut“-Keimlingen das Licht und unterdrückt sie. Von dieser Tatsache profitieren schnellkeimende Hauptsaaten, wie Erbsen oder Weizen. Zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Rosette des Leindotters voll ausgebildet ist, sind die Keimlinge der Hauptfrucht schon groß genug, um nicht mehr erfasst zu werden. Die unkrautunterdrückende Eigenschaft des Leindotters wird kurz- und mittelfristig dazu führen, dass auf Feldern mit Leindotter-Mischfruchtanbau deutlich weniger Herbizide eingesetzt werden.

Leindotter dient als Kavaliers­pflanze. Nachdem sich die Rosette ausgebildet hat, entwickelt die Leindotterpflanze einen starken, zentralen, schnell wachsenden Trieb. Dieser dient rankenden Kulturpflanzen, wie z. B. Erbsen, als stabile Rankhilfe, was diese deutlich unempfindlicher gegenüber Wind und Starkregen macht. 

Diese beiden, aus wissenschaftlichen Studien bekannten Eigenschaften konnten in den ersten Feldversuchen nachvollzogen werden. Vor diesem Hintergrund fiel die Entscheidung, die weiteren Arbeiten auf Leindotter zu konzentrieren. Hierbei scheint ein Mischfruchtanbau mit Erbsen als Hauptfrucht aus folgenden Gründen als besonders günstig:

  • Es gibt bereits einen kleinen Kreis von landwirtschaftlichen Experten, die sich mit dem Erbsen-­Leindotter-Mischfruchtanbau auskennen und als Berater fungieren können.
  • Erbsen sind Leguminosen und werden vorwiegend angebaut, um eine Anreichung von „ausgelaugten“ Böden mit Nähstoffen, vor allem Stickstoff, zu erreichen. Leindotter ist ebenfalls eine anspruchslose Pflanze, die ebenfalls auf „ausgelaugten“ Böden gedeiht. 
  • Verglichen mit dem reinen Erbsenanbau erwirtschaften Landwirte im Mischfruchtanbau eine bis zu 5%ige höhere Erntemenge. 
  • Der Mischfruchtanbau fördert die Biodiversität der Flora, da der Leindotter als gefährdete einheimische Nutzpflanze gilt. 
  • In Deutschland werden ca. 400.000 ha Erbsen in Monokultur angebaut, was das große Potenzial des Erbsen-Leindotter-Mischfruchtanbaus verdeutlicht.
  • Leindotter sollte sich als hervorragender Rohstoff für Lasuren herausstellen. 

In der Folge wurden Betriebe für die Trennung des Erntegutes und für die Pressung des Öls identifiziert, während DAW erste Versuche für eine Lasur auf Basis von Leindotteröl umsetzte. Es zeigte sich, dass das veredelte Leindotteröl sehr ähnliche Eigenschaften wie andere etablierte Pflanzenöle aufwies.

Bundesamt für Naturschutz unterstützt Studie zur Biodiversität

Während der Grundlagenforschung machten die involvierten Berater darauf aufmerksam, dass neben dem rein wirtschaftlichen Nutzen auch noch eine bislang vernachlässigte Eigenschaft der Leindotterpflanze eine große Rolle spielen könnte: Leindotter ist ein hervorragender Nektarlieferant und blüht während einer Zeit, in der die konventionelle Landwirtschaft kaum Nahrung für bestäubende Insekten, wie u.a. Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge, bietet. Ein Erbsen-Leindotter-Mischfruchtfeld zeigt damit eine deutlich höhere Biodiversität der Fauna als ein reines Erbsen-Monokulturfeld. Vor diesem Hintergrund wurde ein Förderantrag an das Bundesamt für Naturschutz gestellt. Als erstes und bisher einziges Mitgliedsunternehmen des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) erhielt DAW vom Bundesamt für Naturschutz, den Auftrag und die finanziellen Mittel, um den „Anbau eines großflächigen Mischfruchtanbaus von Erbsen und Leindotter zur Stärkung der Artenvielfalt und Ökosystemleistungen und Aufbau einer Wertschöpfungskette basierend auf nachhaltig, produzierten, heimischen Rohstoffen“ (Projekttitel) genauer untersuchen zu können. Neben der Etablierung und Kommunikation gehört die Durchführung von einer mehrjährigen Biodiversitätsstudie explizit zum Projektauftrag. Die Studie wird im Jahr 2022 abgeschlossen.

Seit 2010 verfolgt die DAW in seiner Nachhaltigkeitsstrategie die Handlungsfelder: Nachhaltiges Unternehmen – Nachhaltige Produkte – Nachhaltige Gebäude. Die strategische Entscheidung, Lasuren auf Basis von Leindotter zu entwickeln, basierte auf Erfahrungen, die die DAW im Handlungsfeld Nachhaltige Produkte bereits gemacht hatte. 

Generell befindet sich die Leindotter-Wertschöpfungskette derzeit noch im Aufbau. In Zukunft werden noch deutlich größere Mengen an Leindotter benötigt, um diese Innovation auf weitere Produkte und Märkte auszudehnen. 

Unser Ziel ist es, die Ausrichtung hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaften weiter zu unterstützen, die Sichtbarmachung des Konzeptes zu erhöhen, eine nachhaltigere Landwirtschaft zu fördern und generell zu verdeutlichen, dass die Verbindung von Nachhaltigkeit und Innovation ein Erfolgsmodell für künftige Generationen darstellen kann. 

 

ZUR PERSON

Stephan Ottens ist promovierter Chemiker und trat 2012 in die DAW ein. Er leitet seit Mitte 2019 die Entwicklung im Geschäftsfeld Innenraum, hat sich aber auch während seines gesamten Berufslebens mit Beschichtungen, insbesondere Holzbeschichtungen, beschäftigt und bringt diese Erfahrungen an mehreren Stellen koordinativ ins Leindotterprojekt mit ein.

 

ZUR PERSON

Christian Walter ist ebenfalls promovierter Chemiker. Er trat 2011 in die DAW ein und leitet seit Mitte 2019 die Forschung im Bereich Lacke und Lasuren. In dieser Funktion hat er auch die Leitung des Leindotterprojektes übernommen und arbeitet zusammen mit anderen Projektpartnern firmenübergreifend an der Umsetzung der Projektziele.

 

 

 

Kontakt

DAW SE

Roßdörfer Str. 50
64372 Ober-Ramstadt
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+49 (6154) 71-222

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