Chemie & Life Sciences

Innovation 3.0

Hand in Hand mit Nachhaltigkeit und Rohstoffsicherung

26.03.2013 -

Verfolgt man die Themen, die in den letzten Jahren in der chemischen Industrie die Diskussion beherrscht haben, dann stehen Nachhaltigkeit, Rohstoffpreisexplosion und nicht zuletzt Innovation ganz oben auf der „Beliebtheitsskala". Oft werden diese Themenfelder innerhalb eines Unternehmens unabhängig voneinander in unterschiedlichen Bereichen bearbeitet, ohne die enge Verzahnung von Nachhaltigkeit und Absicherung der Rohstoffversorgung mit Innovation zu erkennen. Damit übersehen Unternehmen schlicht die strategische Tragweite dieser Themen, die nicht durch Delegation an operative Einheiten zu lösen sind. Vielmehr ist eine Gesamtkonzeption auf Unternehmensebene erforderlich.

Kooperation ein Muss
Nehmen wir die Rohstoffseite etwas genauer unter die Lupe: Die dynamische Rohstoffpreisentwicklung insbesondere naphthabasierter Intermediate wird gerne zur „Lösung des Problems" an den Einkauf als beschaffende Einheit delegiert. Geht es um die Zuständigkeit im Unternehmen, ist das natürlich grundsätzlich richtig. Sind aber Fragen zur zukünftigen Rohstoffbasis und Mengensicherung zu klären, weil das Gesamtunternehmen mit Auswirkungen auf Produktion, Vertrieb und letztlich Finanzen betroffen ist, reicht diese Vorgehensweise nicht weit genug.
Die Suche nach Alternativlieferanten ist eine typische Sofortmaßnahme gegen steigende Rohstoffpreise, die bereits die Interaktion mit der Entwicklungsabteilung für Rohstoffausprüfungen und letztlich die Zustimmung zur Freigabe erfordert. Somit konkurriert die Suche nach günstigeren Rohstofflieferanten mit vom Vertrieb und Marketing initiierten Produktneuentwicklungen um die generell knappen F&E-Ressourcen. Ein systematisches ­Innovationsmanagement, das Aufwand und Nutzen von Rohstoffprojekten denen von Produktentwicklungen gegenüberstellt, hilft, die richtigen Prioritäten zu definieren.

„Shale Gas geht uns alle an"
Seit der Entdeckung und beginnenden Nutzung von enormen Gasvorräten in Nordamerika befindet sich die globale Petrochemie im größten Umbruch der letzten Jahrzehnte und erfordert eine grundlegende strategische Neubewertung der eigenen Rohstoffbasis. Europäi­sche Chemiefirmen müssen sich bewusst sein, dass sie im internationalen Wettbewerb gegenüber Firmen aus Nordamerika oder dem Mittleren Osten sowohl im Exportgeschäft wie auch im Heimatmarkt mit nachhaltigen Kostennachteilen zurechtkommen müssen.
Eine Antwort darauf: ein Angebot „besserer" Produkte, die durch überlegene Produkteigenschaften beim Kunden eine höhere Preisbereitschaft generieren - ein klassisches Innovationsthema. Ein weiterer Ansatz ist aber auch die Suche nach alternativen Rohstoffplattformen. Der Blick nach China zeigt, dass es auch andere Wege gibt. Dort wird massiv in Anlagen zur katalytischen Konversion der im Überfluss vorhandenen Kohle in Olefine investiert, um den Mangel an Rohöl und Gas zu kompensieren und den energie- wie umweltbelastenden Carbidprozess zu ersetzen. In Europa erscheint eher die Beschäftigung mit nachwachsenden Rohstoffen der zweiten Generation inter­essant und geeignet, mittel- bis langfristig zumindest eine Ergänzung zur Petrochemie als Rohstoffplattform zu bilden.
Jedes Unternehmen ist gefordert, seine Chancen und Möglichkeiten auszuloten. Dies gilt umso mehr für mittelständische Firmen, die keinen Zugang zu günstigen Vorprodukten durch Importe aus Regionen wie USA und dem Mittleren Osten erlangen werden.

Erfolgsgarant Kommunikation
Eine durchdachte Flucht nach vorn ist angesagt: Der innovative Umgang mit nachwachsenden Rohstoffen sollte dabei an erster Stelle stehen. Denn diese bieten derzeit und - Stand heutigem Wissens - auch zukünftig keinen „drop-in"-Ersatz des aktuellen Rohstoffs, sondern bedingen teilweise Änderungen im Fertigungsprozess. Umso wichtiger: Das frühzeitige Einspeisen der Erkenntnisse in den Innovationsprozess. Denn intern müssen Verfahrensänderungen auf den Weg gebracht, extern die Rohstoffversorgung auf Basis einer noch in den Kinderschuhen steckenden Technologie zur Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen der zweiten Generation vorangetrieben werden. Diese Vorbereitungen sind sowohl geld- als auch arbeitszeitintensiv.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist der systematische, unternehmensstrategische Umgang mit der zukünftigen Rohstoffsicherung, bei der Einkauf und F&E zusammenarbeiten. Auch die Öffnung des Unternehmens nach außen hin zu Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die auf ähnliche Arbeitsgebiete fokussiert sind, garantieren, dass das Rad nicht zum zweiten Mal erfunden wird. Effizienz und Effektivität rund um Innovationsprojekte werden so nicht aus den Augen verloren.

Recycling als Herausforderung
Nachhaltigkeit bedeutet auch, seine Produkte rezyklierbar zu machen sowie Rezyklat als elementaren Bestandteil des Rohstoffkreislaufes zu akzeptieren. Die Konsequenzen für die Innovationsstrategie von chemischen Unternehmen sind offensichtlich. Polymerhersteller sehen sich mit einer wachsenden Verfügbarkeit von Rezyklaten konfrontiert, die den Bedarf an Frischware kannibalisiert. Hier ist proaktives Handeln gefordert. Durch die Entwicklung von Produkten, die in Abmischung mit Rezyklatware die tendenziell schlechtere Performance und Verarbeitbarkeit von Rezyklat, die aus Verunreinigungen und Inhhomogenitäten herrührt, kompensiert oder synergistisch überkompensiert, kann eine vordergründige Bedrohung in einen Wettbewerbsvorteil umgemünzt werden.
In der verarbeitenden Industrie ist der Einsatz von Rezyklaten nicht mehr wegzudenken. Sei es als Marketinginstrument, um dem Verbraucher ökologischere Produkte anbieten zu können, oder um auf Selbstverpflichtungen der Industrie oder auf staatlichen Verordnungen basierende Quoten zum Einsatz von Rezyklaten zu erfüllen. Unternehmen sollten diese Chance beim Schopfe packen. Über einen zielgerichteten Innovationsprozess muss das Dilemma zwischen mit Rezy­klatware stabilem Verarbeitungsprozess und Erhalt der gewohnten Endprodukteigenschaften aufgelöst werden.

Innovationsmanagement nach Plan
Die Themen Nachhaltigkeit, Rohstoffe und Innovation werden in vielen Unternehmen immer noch funktional getrennt bearbeitet: Für Produktentwicklungen ist die F&E-Abteilung zuständig, Rohstoff­themen sind im Einkauf angesiedelt, und mit Nachhaltigkeit beschäftigt sich die Unternehmensleitung.
Das Zusammenführen dieser Themen als unternehmensweites und zentral koordiniertes Aufgabengebiet ist im Zuge einer vorwärts gerichteten Unternehmensstrategie unbedingt erforderlich. Gemäß einem Ansatz von Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) beginnt eine konsequente Herangehensweise mit der Überprüfung des Geschäftsmodells auf Tragfähigkeit im sich verändernden Umfeld. Daran schließt sich die Formulierung einer Innovationsstrategie an, die Themen wie Nachhaltigkeit und Sicherung der Rohstoffbasis berücksichtigt. Die Überprüfung der Geschäftsprozesse, die die Funktionseinheiten Einkauf, Produktion und F&E verzahnt und für strategische Themen zentral koordiniert, muss sich anschließen. So legt die Unternehmensleitung den Grundstein für eine Zukunftssicherung des Unternehmens und signalisiert, dass sie die im Gange befindlichen exogen beeinflussten Umwälzungen nicht als Bedrohung, sondern als Chance sieht.

Kontakt

Dr. Wieselhuber & Partner Unternehmensberatung GmbH

München

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing

Wasserstoff für die Prozessindustrie

News & Hintergrundberichte

CITplus Insight

Aktuelle Themen aus der Prozess- und Verfahrensindustrie

Registrieren Sie sich hier

CHEMonitor

Meinungsbarometer für die Chemieindustrie

> CHEMonitor - Alle Ausgaben

Social Media

LinkedIn | X (Twitter) | Xing