Chemie & Life Sciences

Rückgewinnung von Phosphat aus Klärschlamm mit der TCR-Technologie

07.10.2015 -

In der Schweiz wurde auf dem Gelände des Abwasserverbandes Altenrhein eine TCR-Forschungsanlage in Betrieb genommen. Das Verfahren dient zur thermo-katalytischen Zersetzung von Klärschlamm. Dabei wird Kohle erzeugt, aus der Phosphat zurückgewonnen werden soll. Der Betreiber der Anlage ist die FH Nordwestschweiz. Die Forscher wollen einen Weg finden, die Nährstoffe des Klärschlamms zurückzugewinnen und andere, belastete Reststoffe abzuscheiden. Die Susteen Technologies lieferte die TCR-Anlage Ende Juli aus, die Technologie entwickelte Fraunhofer Umsicht in Sulzbach-Rosenberg.

Im Klärschlamm sind wichtige Nährstoffe für Pflanzen wie Phosphat und Stickstoff ebenso enthalten wie schädliche Schwermetalle, beispielsweise Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber und Zink. Zudem können Krankheitserreger wie Viren, Bakterien und Parasiten in den Abwässern vorkommen. Die TCR-Technologie tötet Pathogene, wertvolle Nährstoffe hingegen lassen sich in der erzeugten Kohle binden. Wie die Kohle im Anschluss von Schwermetallen befreit werden kann, untersucht die FH Nordwestschweiz in einem Forschungsprojekt. Ziel der Forscher ist die Rückgewinnung der in der Kohle enthaltenen, wertvollen Mineralien für den Einsatz in der Landwirtschaft.

Phosphat als lebensnotwendiger Rohstoff
In der Schweiz gilt seit 2006 ein Ausbringungsverbot für Klärschlamm in die Landwirtschaft. Seitdem wird dieser überwiegend thermisch verwertet, das Phosphat verbleibt in der Asche beziehungsweise der Schlacke und wird deponiert oder bei der Zementherstellung im Zement gebunden. Phosphat ist ein knapper aber lebensnotwendiger Rohstoff. Weltweit wird für die Jahre zwischen 2020 und 2030 mit dem Höhepunkt des Abbaus der natürlichen Phosphatvorkommen gerechnet. Umso bedeutender ist es, Phosphat zukünftig im Kreislauf führen zu können und nachhaltig zu recyceln. Aus diesem Grund forschen die Wissenschaftler der FH Nordwestschweiz an nachhaltigen Verfahren zum Phosphatrecycling. Die TCR-Anlage für die Forschungsarbeiten steht auf dem Gelände des Abwasserverbandes Altenrhein. Dort wird die Schmutzwasserbehandlung für etwa 120 000 Menschen durchgeführt und insgesamt etwa Klärschlamm von 320 000 Menschen aufgenommen. Vor Ort existiert bereits eine effiziente Klärschlammtrocknung. Der getrocknete Klärschlamm wird derzeit in Zementwerken thermisch verwertet. Das aktuelle Projekt unterstützt die eidgenössische Kommission für Technologie und Innovation KTI.

TCR-Technologie zur Herstellung von Kohle
Für ihr Projekt benötigten die Eidgenossen zunächst eine zuverlässige Technologie, um mit einem thermo-chemischen Verfahren Kohle zu erzeugen. Das Problem: Bei vielen anderen Verfahren entstehen in der Regel Teere, was sehr schnell zu einer Verblockung der Anlagen führen kann. Zudem erzeugen konkurrierende Verfahren in der Regel nur Gase und Öle von minderer Qualität, die lediglich zur thermischen Nutzung und nicht zur Verstromung oder für die Mobilität eingesetzt werden können. Das TCR-Verfahren garantiert hingegen eine hohe Betriebsstabilität. Die Qualität der erzeugten Produkte ist sehr hoch, zum Teil ist der direkte Einsatz von Gasen und Ölen in Motoren möglich. So werden beispielsweise bei einem Durchsatz von 300 kg Einsatzmaterial pro Stunde etwa 150 bis 180 KW elektrische Leistung erzeugt, wodurch auch die Entsorgungskosten für Klärschlamm reduziert werden. Die TCR-Kohlen sind frei von organischen Belastungen wie polyzyklischen Aromaten. Die Wissenschaftler von Fraunhofer Umsicht entwickelten gemeinsam mit der Universität Bologna ein Testverfahren für TCR-Kohle, um diese von anderen Kohlen zu unterscheiden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Kohle frei von organischen Belastungen ist. Eine Einschränkung bei der Verwendung der TCR-Kohle bildet allerdings eine mögliche Schwermetallbelastung, welche primär abhängig vom Einsatzgut ist. Grundsätzlich bietet die Technologie eine außerordentlich flexible Technologieplattform für die Verwertung von organischen Reststoffen und zur Herstellung von energiereichem Öl, Gas und Koks. Sie eignet sich somit zur Lösung von Entsorgungsproblemen und zum Recycling von Nährstoffen. Die Technologie wurde von Fraunhofer Umsicht am Institutsteil in Sulzbach-Rosenberg entwickelt, wo die Ingenieure die erste Anlage vor der Auslieferung abnahmen.

Erstes Produkt der Susteen Technologies
„Mit der Auslieferung der ersten Anlage haben wir bewiesen, dass die TCR-Technologie bereit für den Start in den Markt ist“, freut sich der Geschäftsführer von Susteen, Thorsten Hornung. „Diese Laboranlage ist ein wichtiger strategischer Schritt. In der zweiten Phase vollziehen wir den Scale-up, das heißt, wir fertigen derzeit eine Anlage im Großmaßstab mit einem Durchsatz von 300 kg Biomasse pro Stunde.“ Das junge Unternehmen aus Sulzbach-Rosenberg entwickelt und vermarktet „Clean Technology“. Dabei konzentriert sich Susteen auf thermo-chemische Konversionsverfahren. Das Unternehmen ist eine Ausgründung des Fraunhofer-Instituts. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat dem Unternehmen eine exklusive, weltweite Lizenz an der TCR-Technologie für die Behandlung von Biomasse erteilt. Susteen Technologies betreibt die Entwicklung von Biomasseanwendungen auf Basis der TCR-Technologie und bietet das Design und die Lieferung von TCR-Reaktoranlagen an. Aktuell konzentriert sich das Unternehmen auf die kommerzielle Demonstration der Technologie, um die Wirtschaftlichkeit nachhaltiger und effizienter Energiegewinnung aus Biomassereststoffen zu zeigen. Mit dem jüngst in der Schweiz in Betrieb genommenen Produkt können wissenschaftliche Einrichtungen Anwendungsentwicklung betreiben.

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