Chemie & Life Sciences

Verantwortung im Arbeitsschutz

Rechtliche Anforderungen an den betrieblichen Umgang mit CMR-Stoffen und –Gemischen

11.12.2018 - Die Diskussion über eine harmonisierte Einstufung von Titandioxid als wahrscheinlich kanzerogen der Kategorie 1B und der damit einhergehenden Kennzeichnung mit dem Gefahrenhinweis „H350: Kann Krebs erzeugen“, gibt Anlass sich mit dem Thema CMR näher zu beschäftigen.

Im Arbeitsschutz sind die Krebserkrankungen seit langem bekannt. Aktuell werden von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV 21) anerkannte Berufskrankheiten mit Bezug auf Krebs geführt. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und eine Vielzahl von bindenden Verpflichtungen erlassen.

Gerade bei der Einstufung von Gefahrstoffen ist zu erwarten, dass in der Zukunft weitere Stoffe hinzukommen, die aktuell nicht betroffen sind. Um die Anwendung bzw. Gültigkeit der Anforderungen zu prüfen, muss den Betroffenen jedoch bekannt sein, was CMR eigentlich bedeutet und welche Kennzeichnung eines Gefahrstoffes darauf hinweist.

Stoffe mit der Bezeichnung CMR-Stoffe besitzen eine oder mehrere Eigenschaften:

  • Krebserzeugend (cancerogen) ist ein Stoff oder ein Stoffgemisch, das Krebs erzeugen oder die Krebshäufigkeit erhöhen kann.
  • Keimzellen-Mutagenität (mutagen) betrifft hauptsächlich Stoffe, die Mutationen in den menschlichen Keimzellen auslösen können, die möglicherweise an die Nachkommen weitergegeben werden.
  • Reproduktionstoxisch (reprotoxic) sind Stoffe, welche die Sexualfunktion und Fruchtbarkeit bei Mann und Frau sowie die Entwicklung bei den Nachkommen beeinträchtigen.

CRM-Stoffe im betrieblichen Alltag

Um die Stoffe im betrieblichen Alltag zu erkennen, müssen die verantwortlichen Personen für den Gefahrstoffprozess im Unternehmen (z.B. als Führungskraft im Labor, Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Gefahrstoffbeauftragter) die Kennzeichnung der betreffenden Stoffe kennen. Weit wichtiger ist jedoch, dass jedem Mitarbeiter, der Gefahrstoffe einkauft, lagert, anwendet oder entsorgt, die Bedeutung der GHS-Symbole bekannt ist. Die Erfahrung aus den Betrieben zeigt, dass es enorm wichtig ist, von aufmerksamen Mitarbeitern Hinweise auf eine entsprechende Einstufung zu bekommen. Die Tabelle stellt die auschlaggebenden Symbole, Signalwörter und H-Sätze in Bezug auf CMR-Stoffe zusammen.

In der Regel gilt bei allen Gefahrstoffen eine besondere Sorgfalt während der näheren Analyse im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. Für die Anwendung von gesetzlichen Vorgaben lohnt es sich, vorher den Geltungsbereich mit der vorliegenden Gefahrstoffeinstufung genau zu prüfen, ggfs. sind nicht alle anzuwenden.

Gesetzliche Regelungen

Zu den gesetzlichen Vorgaben, die sich bezüglich CMR-Stoffen zu bindenden Verpflichtungen für das Unternehmen auswirken, steht auf Bundesebene das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) an oberster Stelle. Aus dem Jugend- und Mutterschutzgesetz (JuSchG, MuSchG) ergeben sich weitere Pflichten. Auf nachfolgender Ebene der Verordnungen werden die ersten Vorgaben in der Chemikalienverbotsverordnung (ChemVerbotsV) konkretisiert. Die Abgabe von CMR-Stoffen an Dritte darf demnach nur erfolgen, wenn die Identität des Erwerbers bekannt ist, die erforderliche Sachkunde vorhanden ist, die mit der Abgabe beauftragten Personen zuverlässig sind und das 18. Lebensjahr vollendet haben und Betroffene mindestens jährlich über die zu beachtenden Vorschriften belehrt werden.

Zentrales Rechtsdokument beim Umgang mit Gefahrstoffen ist die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), in der allgemeine Anforderungen festgelegt werden. Darüber hinaus gelten besondere Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahrstoffen.

Der Unternehmer hat:

  • Eine Arbeitsplatzmessung oder durch andere geeignete Methoden zur Ermittlung der Exposition durchzuführen.
  • Ist kein Arbeitsplatzgrenzwert bekannt so muss ein geeignetes, risikobezogenes Maßnahmenkonzept angewendet werden - es gilt das Minimierungsgebot.
  • Abgesaugte Luft darf nicht in den Arbeitsbereich zurückgeführt werden oder muss ausreichend gereinigt werden.
  • Eine erhöhte Exposition infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses/Unfalls muss schnell zu erkennen sein.
  • Bereiche mit einer möglichen Gefahr sind abzugrenzen (z.B. durch Warn- und Sicherheitszeichen).

Zudem müssen der zuständigen Behörde (Amt für Arbeitsschutz, Gewerbeaufsichtsamt) bei Tätigkeiten mit CMR-Stoffen der Kategorie 1A oder 1B zusätzlich auf Verlangen das Ergebnis der Substitutionsprüfung, Informationen über ausgeübte Tätigkeiten und angewandte industrielle Verfahren und die Gründe für die Verwendung dieser Gefahrstoffe, die Menge der hergestellten oder verwendeten Gefahrstoffe, die Art der zu verwendenden Schutzausrüstung, Art und Ausmaß der Exposition und durchgeführte Substitutionen mitgeteilt werden.

Praktische Umsetzung

Um den Aufwand im Unternehmen gering zu halten wird empfohlen, diese Anforderung in möglichst wenigen Anwendungen oder Dokumenten abzubilden, die gegenseitig aufeinander verweisen. So kann z.B. eine Gefährdungsbeurteilung bereits im Gefahrstoffkataster durchgeführt werden. Zudem kann sich das Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung vereinfachen, wenn sich Tätigkeiten und Gefahrstoffe in den Technischen Regeln TRGS 905 (Verzeichnis krebserzeugender, keimzellmutagener oder reproduktionstoxischer Stoffe), TRGS 906 (Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren) und TRGS 910 (Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen ) wiederfinden.

Zu besonderen Herausforderungen kommt es bei der Umsetzung der rechtlichen Pflichten aus der TRGS 410 (Expositionsverzeichnis bei Gefährdung gegenüber CMR-Stoffen der Kategorie 1A und 1B). Die Verknüpfung von betrieblichen und personenbezogenen Daten ist gerade mit der Einführung der Datenschutzgrundverordnung erneut in den Fokus gerutscht. Besonders die Aufbewahrungsfrist von 40 Jahren mit allen Aktualisierungen nach dem Ende einer Exposition muss hier hervorgehoben werden. Diese Verpflichtung trifft auch zu, wenn das Beschäftigungsverhältnis beendet wurde. Hier ist dem Beschäftigten ein Auszug des Verzeichnisses auszuhändigen. Die Technische Regel gilt auch für Leiharbeiter oder Fremdfirmen, die mit CMR-Stoffen in Kontakt kommen. Auch der Betriebsarzt sowie jede für die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz verantwortliche Person muss Zugang zum Verzeichnis haben.

Was es noch zu beachten gibt

Im Prinzip gilt es, den gesamten Gefahrstoffprozess im Unternehmen zu durchleuchten, um die entsprechende Compliance herzustellen. Bereits beim Einkauf von Produkten und sogar Dienstleistungen sollte darauf geachtet werden, welche Unterlagen (z.B. Sicherheitsdatenblätter, Kontraktorenverträge etc.) mit beauftragt oder vertraglich geregelt werden müssen. Ein weiterer Punkt ist die Lagerung nach TRGS 510 von Stoffen mit den H-Sätzen H340, H350, H350i. Diese dürfen nur außerhalb eines Lagers gelagert werden, wenn 50 kg nicht überschritten werden. Der Zugang für Unbefugte ist in jedem Fall zu unterbinden.

Als letzten Punkt darf die Entsorgung nicht vergessen werden, da es sich bei CMR-Stoffen um gefährliche Abfälle handelt. Die TRGS 520 (Errichtung und Betrieb von Sammelstellen und Zwischenlagern für Kleinmengen gefährlicher Abfälle) gibt vor, dass solche Abfälle nur verschlossen, mit gekennzeichneter Verpackung aufbewahrt, gelagert und transportiert werden dürfen.

Fazit

Die Anforderungen bei CMR-Stoffen aus rechtlichen Vorgaben sind vielfältig und umfangreich. Der erforderliche Zeitaufwand und das dazugehörige Fachwissen sind nicht zu unterschätzen. Unternehmen müssen für sich die Anwendbarkeit von rechtlichen Anforderungen individuell prüfen. Die in diesem Artikel aufgeführten Gesetze, Verordnungen sowie Technischen Regeln sollen nur einen groben Überblick geben und helfen, sich mit dem Thema vertraut zu machen.

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