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Rohstoffpreise auf Achterbahnfahrt

Welche Maßnahmen schützen vor steigenden Kosten, Inflation und drohendem Margenverfall?

14.10.2010 -

Vor der Wirtschaftskrise kannten die Preise für Rohstoffe nur eine Richtung: Steil nach oben. Mit der Krise kollabierten die meisten Rohstoffpreise und begaben sich auf einer Berg-und-Talfahrt. Heute schwanken sie unregelmäßig nach oben und unten, keinem direkt erkennbaren oder berechenbaren Muster folgend.

Stark schwankende Rohstoffkosten stellen oftmals ein nicht kalkulierbares Risiko für Unternehmen dar. Wenn steigende Kosten nur verzögert oder unterproportional weitergegeben werden oder fallende Rohstoffkosten mit überproportional fallenden Preisen einhergehen, dann droht Margenverfall. Stark schwankende Rohstoffkosten und ein nicht funktionierendes Preismanagement können den Geschäftserfolg massiv gefährden.
Wie bewerten die Marktteilnehmer die aktuelle Situation? Stellt die Dynamik der Rohstoffkosten eine Gefahr für den Aufschwung dar? Was bestimmt die Höhe und den Trend der Rohstoffpreise? Eine Befragung von über 200 Manager der Chemie-, Bau- und Basismaterialindustrie gibt darüber Aufschluss.

Zunehmende Volatilität am Rohstoffmarkt
Der Preistrend der Rohstoffe mit dem aktuellen Auf und Ab ist primär angebots- und nachfragegetrieben. Das antworteten rund 60 % der befragten Manager. Dahinter stecken die traditionellen Bestimmungsfaktoren: Die Konjunktur, die Reichweite der Reserven, die freien Kapazitäten und die aktuellen Lagerbestände. Aber auch neue Einflussfaktoren kommen ins Spiel: die Spekulationen. Investmentfonds, Pensionskassen und Versicherungen, die durch Investitionen am Rohstoffmarkt ihr Risiko besser streuen und Chancen nutzen wollen. Allerdings glauben aktuell nur weniger als 40 % der befragten Manager, dass Spekulationen Treiber der Rohstoffkosten sind. Spekulanten wirken „nur" Trend verstärkend. Sie geben keine Richtung vor, sondern springen auf einen fahrenden Zug auf, der sich aus fundamentalen Gründen in die eine oder andere Richtung bewegt.
Angesichts der zunehmenden Volatilität gehören starre und fixierte Preissysteme der Vergangenheit an: Jahreskontrakte sind angesichts volatiler Rohstoffkostenentwicklungen nicht mehr angemessen und zeitgemäß. Das bestätigen 70 % der befragten Manager. Ferner ist für 80 % der Befragten sicher, dass der Wegfall von Jahreskontrakten die Preisdynamik weiter erhöhen wird. In einem dynamischen Markt- und Kostenumfeld bieten kürzere Laufzeiten - Quartals- und Monatspreise anstelle von Jahreskontrakten - die Möglichkeit, schneller und akkurater Preisopportunitäten wahrzunehmen. Die Spreizung von Kontrakt- und Spotpreisen dürfte dann tendenziell abnehmen. Die Höhe des Preises bleibt unbeeinflusst. Eine Verkürzung der Verhandlungszyklen und eine Abkehr von Jahreskontrakten führen nicht per se zu höheren Preisen. Das sagen 50 % der Befragten.

Preisgleitformeln sind keine Lösung
Nicht immer gelingt es, steigende Rohstoffkosten an die Kunden weiterzugeben. Denn es gibt keinen Kunden, der bereit wäre, das Rohstoffkostenrisiko alleine zu tragen, wenn er seinerseits nicht die Möglichkeit hat, die Kosten an seine Abnehmer weiterzugeben. Da am Ende einer Wertschöpfungskette aber oftmals Großabnehmer stehen, ist die Akzeptanz solcher Kostensteigerungen gering. Der Transfer von Kosten- in Preissteigerungen scheitert daher wegen der hohen Wettbewerbsintensität schon im Vorfeld. In solchen Fällen funktioniert der den Preisgleitklauseln immanente Mechanismus - Kosten hoch, Preis hoch et vice versa - nicht mehr.
Vergleichsweise hoch fällt die Zustimmung zu Preisgleitformeln als probates Mittel, die Kosten- und Preisdynamiken zu bewältigen, aus. 62 % der befragten Manager sehen das so. Eine erschreckende Zahl, denn mit Preisgleitformeln wird ein aktives Preismanagement an ein Formelwerk delegiert bzw. abgeschoben. Dass Preisgleitformeln nicht zwangsläufig eine Lösung bringen, zeigt sich in der Stahlindustrie: Um die Kunden langfristig an sich zu binden, wollen die großen Stahlhersteller zwar weiterhin Jahresverträge abschließen, allerdings nur mit entsprechenden Gleitklauseln. Viele Abnehmer sperren sich dagegen. Sie wollen in den Verträgen weiterhin konstante Preise festgeschrieben haben.
Alternative Lösungen sind gefragt. Welche Möglichkeiten bestehen? Lagerbestandsmanagement wird als die wichtigste Form angesehen, mit Rohstoffkostenschwankungen umzugehen. 78 % der Befragten glauben dies. Die aktive Preisführerschaft und zwar durch den Marktführer wird von 70 % der Befragten als wichtiges Mittel angesehen, schwankende Rohstoffkosten zu beherrschen. Dies wird insbesondere von den Basismaterial-Anbietern bestätigt. Optionalitäten (in Bezug auf Termine, Mengen, Standards, Zuschläge etc.) in der Vertragsgestaltung werden von 60 % der befragten Manager als wichtig angesehen. Nur jeder Zweite sieht das Instrument von Zuschlägen als eine Möglichkeit, Kosten- und Preisdynamiken zu managen.
Aus den Ergebnissen der Umfrage zur aktuellen Rohstoffkostensituation ergeben sich drei Schlussfolgerungen und Empfehlungen:

 

  1. Die zunehmende Dynamik und Fluktuation der Rohstoffkosten und die damit einhergehende Tendenz der Verkürzung von Vertragslaufzeiten stellen höhere Anforderung an das Preismanagement von Unternehmen. Preisprozesse müssen an Geschwindigkeit, Transparenz und Reaktionsfähigkeit gewinnen. Einfache und klare Preisrichtlinien helfen die Komplexität bei der Preissetzung zu bewältigen. Denn in den monatlichen oder quartalsbezogenen Vertragsgesprächen werden neben der Kostendynamik weitere Faktoren den Preis bestimmen: Die Umsatzgröße und Verhandlungsmacht der Kunden, das Bestellverhalten der Kunden und der Kundenwert.
  2. Die höheren Anforderungen haben zwei Facetten: Die Vorhersage von Angebots- und Nachfrageentwicklungen einerseits und die aktive Preisführerschaft bei marktführenden Unternehmen andererseits. Preisprognosen sind zwar schwierig und unsicher, aber nicht völlig unmöglich. Ein auf einem Expertensystem basierender „Educated Guess" ist immer einem subjektiven Bauchgefühl einzelner vorzuziehen. Das ist insbesondere für Marktführer relevant, die eine Schrittmacherfunktion übernehmen und über eine ausgeprägte Pricing-Kompetenz verfügen müssen.
  3. Preisgleitformeln sind kein Allheilmittel. Die Aufgabe, Preisänderungen zu initiieren und festzulegen, darf nicht allein Aufgabe einer Gleitformel sein. Es ist eine Managementaufgabe. Dabei sind Optionen zeitlich limitierter Zuschläge als preisrelevante Faktoren zu prüfen. Preisgleitformeln kommen nur dort sinnvoll zum Einsatz, wo die Rohstoffkosten die wesentlichen oder alleinigen Preistreiber sind. Können nicht alle Kostenfaktoren objektiv erfasst und indiziert werden, können die Fristen von Ein- und Verkauf nicht kongruent abgebildet werden. Sind andere Faktoren, wie z.B. das Lager, die Nachfrage oder das Kundenverhalten wesentliche Preistreiber, dann kommen Preisprognosen oder Entscheidungsunterstützungsmodelle für die Preissetzung zum Einsatz. Preisänderungen zu initiieren und festzulegen, ist zentraler Bestandteil von Preisführerschaftsstrategien.

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