Forschung & Innovation

Kompetenzzentrum, BASF: Analytik-Verbund knackt auch die härtesten Nüsse

22.11.2010 -

Rund 250.000 Proben im Jahr, 30 Labors und mehr als 6000 verschiedene Analyseverfahren - so lässt sich das Kompetenzzentrum Analytik der BASF mit Sitz in Ludwigshafen in Zahlen fassen, eine der weltweit größten Einrichtungen dieser Art. Dahinter verbirgt sich ein großer Verbund von Methoden und Know-how. Analytische Probleme aller Art lassen sich lösen, ob es Standardaufgaben sind oder „harte Nüsse", die mit gängigen Methoden oder Ausrüstungen nicht zu knacken sind.

Im Visier stehen Fragestellungen der chemisch-physikalischen Analytik, für die modernste und leistungsfähige Analysegeräte zur Verfügung stehen. Inhaltlich reicht das Spektrum von der Metallbestimmung im Ultraspurenbereich, über online-spektroskopische Messungen in verschiedenen Syntheseanlagen, schwierigen Trennproblemen bei Gemischen aller Art, Strukturaufklärungen komplizierter chemischer Verbindungen bis hin zu Aktivitätsbestimmungen zahlreicher Enzyme für den Futtermittelbereich.

Bei der Analytik der BASF spielen das Know-how der rund 360 Mitarbeiter, die Vielzahl der Analysentechniken und -methoden und schließlich die elektronische Datenverarbeitung sehr effizient zusammen. Alle Abläufe sind weitgehend standardisiert, automatisiert und elektronisch vernetzt, damit Aufträge präzise, aber auch schnell bearbeitet werden können. Es gibt vier Kern-Arbeitsgebiete: Elementanalytik, Chromatographie, Kenngrößenbestimmungen und Spektroskopie. Einige Spezialgebiete kommen hinzu, beispielsweise ein Labor für die Analytik von Enzymaktivitäten, zwei Labore für Qualitätskontrolle, ein Labor zur Analytik polymerer Substanzen und komplexer Substanzgemische und ein Labor für die Ermittlung thermodynamischer Daten und Kinetiken.

Die technische Ausstattung ist hochwertig. Dazu gehören beispielsweise ein 600 MHz-NMR-Gerät mit Kryoprobenkopf. Ein HPLC-gekoppeltes Tandem-Fourier-Transform-Massenspektrometer erlaubt Massenbestimmungen in höchster Präzision und im Reinraumlabor können geringste Spuren metallischer Verunreinigungen in Chemikalien für die Elektronikindustrie nachgewiesen werden. Je nach Fragestellung lassen sich Methoden und Equipment auch kombinieren, beispielsweise bei der Bestimmung von Nebenkomponenten einer Reaktionsmischung.

Das Qualitätsmanagement-System des Kompetenzzentrums Analytik erfüllt die Anforderungen von GLP, GMP und ISO 17025 bzw. 9001.

Automation

Herzstück der Automation ist ein Labor-Informations-Management-System. Hier werden sämtliche Analysenaufträge verwaltet, von der Probenerfassung bis zur automatischen Berichterstattung. Um dieses System herum gruppiert sich eine Reihe weiterer Systeme, etwa ein webbasiertes System, über das Kunden selbst Aufträge erteilen können. Integriert in den Automationsverbund ist ein Großteil der rund 1000 computergestützten Messgeräte, mit denen die Analysenproben untersucht werden. So werten Mitarbeiter mit Hilfe eines Chromatographie-Datensystems die Messergebnisse der mehr als 200 Chromatographen aus, die rund um die Uhr automatisch mit Proben beschickt werden können. Diese umfassende Vernetzung per EDV erleichtert auch die Archivierung der Ergebnisse und spart dabei jede Menge Papier - nach Schätzungen pro Jahr mehr als eine Million Din A4-Seiten. Für diesen so genannten „Automations-Verbund-Analytik" erhielt der IT-Dienstleister, die BASF IT Services, den IChemE Award 2006 der „Institution of Chemical Engineers".

Weltweit einzigartige Roboteranlage

Ein weltweit einzigartiges System betreibt die Arbeitsgruppe Elementanalytik mit ihrer neuen Roboteranlage für die automatische Analyse von Metallen in organischen Proben. Hier können in 24 Stunden bis zu 550 Proben durchlaufen; je nach Anforderung werden dabei bis zu 35 Elemente wie Eisen, Natrium oder Kalium bestimmt. Die Spezialisten der BASF haben diese „Aufschluss-Straße" selbst auf der Grundlage eines Vorgängermodells entwickelt und gebaut. Die Proben werden automatisch mit Hilfe eines Autosamplers aufgeschlossen; d.h. die organischen Anteile der Proben werden entfernt. Anschließend werden die Elemente „on-line" mit Hilfe eines Emmissionsspektrometers analysiert.

Reinraumlabor

Detektivarbeit leisten die Mitarbeiter im Reinraumlabor der Analytik. Hier werden die Elektronikchemikalien der BASF vor Auslieferung an den Kunden auf kleinste Verschmutzungen hin untersucht - und zwar in extrem geringen Konzentrationen von bis zu einem milliardsten Teil. Wer dieses Labor betreten will, muss Jacken und Taschen im Vorraum zurücklassen. In einer Luftdusche werden anhaftende Partikel weggeblasen, danach muss ein weißer Reinraumanzug übergezogen werden. Erst nachdem die Mitarbeiter fünf Türen passiert haben stehen sie im Labor selbst, das 110 Quadratmeter groß ist und in dem ein schwacher Überdruck herrscht.

Die Luft enthält nur etwa 30 Partikel pro Liter (in normaler Raumluft sind es etwa 30.000) und wird ungefähr 40 x pro Stunde ausgetauscht. Für die Untersuchung werden die Produktproben auf mehr als 8.000°C erhitzt und in vier modernen Massenspektrometern untersucht. Ist das Produkt absolut rein und somit für den Versand in Ordnung, wird es zum Kunden geschickt. Die Elektronikchemikalien der BASF werden beispielsweise bei der Produktion von Mikrochips verwendet.

Ungewöhnliche Verfahren

Für manche scheinbar unlösbare analytische oder auch anwendungstechnische Probleme eignet sich ein anderes, seltenes Verfahren des Kompetenzzentrums Analytik der BASF: Die Pyrolyse. In den Tiegeln des Pyrolyse-Labors werden BASF-eigene wie auch Fremdprodukte, z.B. Waschmittelkomponenten, Kunststoffe oder Dispersionen unter Wärmezufuhr (Erhitzung auf bis zu 1.200°C) aufgespalten. Dabei entstehen Zersetzungsprodukte aus kleineren und einfacher gebauten Molekülen, die wiederum durch Gaschromatographie und Massenspektrometrie identifiziert werden können. Das älteste Untersuchungsobjekt, das die Mitarbeiter des Pyrolyse-Labors analysierten, war ein Stück der Beinkleider von „Ötzi", der 5.000 Jahre alten Leiche, die im Jahr 1991 in den Alpen zwischen Österreich und Italien gefunden wurde. Ziel war, die Gerbstoffe zu bestimmen, die damals verwendet wurden.

Geruchsproben analysieren, das hört sich vergleichsweise einfach an, kann aber sehr mühsam sein, weil störende Gerüche häufig eine größere Zahl an möglichen Ursachen und Einflussgrößen haben. Solche Probleme zu lösen, die bei Produktentwicklungen auftreten können oder bei Reklamationen eine Rolle spielen, gehört zum Leistungsspektrum der Spurenanalytik. Oftmals müssen die Proben dazu angereichert werden, weil die menschliche Nase deutlich geringere Konzentrationen riecht als die Geräte detektieren können. Die aufkonzentrieren Proben werden dann gaschromatographisch anlysiert.

Sogar mit Betäubungsmitteln hat das Kompetenzzentrum Analytik - legal - zu tun. Referenzmaterialien zu bestimmten Drogen und Drogenvorprodukten werden bereit gehalten und zwar in einem 190 kg schweren Safe, der fest im Boden verankert und elektronisch mit Erschütterungsmeldern überwacht wird. Diese Referenzmaterialien werden von internen und externen Kunden zur Ausarbeitung neuer Analysemethoden nachgefragt.

Information: Das Kompetenzzentrum der Analytik der BASF ist im Internet erreichbar unter www.basf.de/analytik

Kompetenzzentrum der Analytik der BASF
Einige ausgewählte Anwendungen im Überblick:

  • Untersuchung von Katalysatoren
  • Strukturaufklärung neu entwickelter Substanzen, etwa für Pflanzenschutz und Pharmaanwendungen
  • Zusammensetzung von Ölen, Tensiden, Lösungs- und Reinigungsmitteln, Leimen, Harzen, Lacken oder Druckfarben
  • Reklamationsbearbeitung bei Geruchsproblemen oder Verunreinigungen
  • Qualitätskontrolle von Lebensmittel- und Futtermittelzusätzen, Kosmetik- oder Pharmazwischenprodukten
  • Reinheitsbestimmung von Chemikalien für die Elektronikindustrie