Forschung & Innovation

Lanxess feiert 100 Jahre Katalysatorexpertise in Leverkusen

Vor 100 Jahren wurde das „Katalytische Laboratorium“ im heutigen Chempark Leverkusen gegründet

02.01.2019 -

Vor 100 Jahren wurde das „Katalytische Laboratorium“ in Leverkusen gegründet – dort, wo sich heute der Chempark befindet. Der Tätigkeitsrahmen war seinerzeit mit „Arbeiten an katalytischen Reaktionen unter Beteiligung organischer Stoffe“ umrissen. Inzwischen gehört dieses Labor zum Spezialchemie-Konzern Lanxess und agiert als geschäftsbereichsübergreifendes Kompetenzzentrum für Katalysatoren und deren Anwendung.

Am Rande einer Feierstunde anlässlich des Jubiläums, die am 17. Dezember 2018 bei Lanxess in Leverkusen stattfand, hob Dirk Müller, Leiter Global Technology & Innovation in der Group Function Production, Technology, Safety & Environment, die Bedeutung der Katalyse für die chemische Industrie hervor: „Experten schätzen, dass heute 80 bis 90 Prozent aller industriellen chemischen Synthesewege mindestens einen katalysierten Reaktionsschritt enthalten. Katalysatoren sorgen dafür, dass die gewünschten Produkte unter milden Bedingungen, sicher, selektiv und in hohen Ausbeuten gebildet werden. Katalyse ist damit ein wichtiger Schlüssel zu Energie- und Ressourceneffizienz. Sie trägt entscheidend zu Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bei.“

Eine katalysierte chemische Reaktion zeichnet sich durch erhöhte Reaktivität und/oder Selektivität aus. Der Katalysator geht dabei unverändert aus ihr hervor, wird also selbst nicht verbraucht. Vorbild industrieller katalytischer Reaktionen sind Stoffwechselvorgänge in allen Lebewesen, die unter dem Einfluss von Enzymen ablaufen.

Vom Labor- bis in den Produktionsmaßstab

Seine Gründung verdankt das Katalytische Laboratorium der wachsenden industriellen Bedeutung speziell heterogenkatalytischer Reaktionen, bei denen Katalysator und reagierende Substrate in unterschiedlichen Phasen vorliegen, z. B. Feststoff-/Flüssigkeit- und Feststoff-/Gas-Systeme. Einem historischen Bericht zufolge galt das Interesse zunächst vorrangig „katalytischen Oxidationen, Reduktionen, Hydrierungen, Dehydrierungen, Austauschreaktionen und Anlagerungen“.

Über viele Jahrzehnte leistete das Labor zusammen mit dem Katalysatorbetrieb wichtige Beiträge zur Entwicklung leistungsfähiger katalytischer Reaktionen. Viele neue und verbesserte Katalysatoren wurden hier erfunden, hergestellt und weiterentwickelt. Davon zeugen zahlreiche Betriebsvorschriften, Rezepturen und Patente.

Auch heute haben die Mitarbeiter des Katalysatorlabors erheblichen Anteil daran, dass heterogenkatalytische Prozesse in vielen Produktionsbereichen bei Lanxess bestmöglich ablaufen. Dazu entwickeln, optimieren und charakterisieren sie Katalysatoren für neue und bestehende Verfahren, beraten Anwender bei deren Beschaffung bzw. bei der Auswahl und Instruktion geeigneter Hersteller. Gegebenenfalls begleiten sie auch den Produktionsprozess. Qualitätssicherung der Katalysatoren, problemlösende Betriebsbetreuung und Verfahrensentwicklung gehören ebenfalls zu ihrem Aufgabenspektrum. „Da wir heute Katalysatoren nicht mehr selbst produzieren, arbeiten wir mit kompetenten Lieferanten zusammen, denen wir exakte Rezepturen zur Verfügung stellen. Gerade in der Anfangsphase gilt es dann, die Qualität der gelieferten Katalysatoren genau zu kontrollieren, damit unsere Produktionsbetriebe reproduzierbar die bestmöglichen Produkte erzeugen können“, erläutert Paul Sprenger, Leiter des Katalysatorlabors.

Die Leistungsfähigkeit solcher Katalysatoren hängt nicht nur von der chemischen Zusammensetzung ab, sondern auch von physikalischen Eigenschaften, etwa der Form der Partikel oder ihrer aktiven Oberfläche. So können Feststoffkatalysatoren unterschiedliche Erscheinungsformen besitzen. Dazu gehören Pulver, Presslinge oder Extrudate aus dem reinen Katalysatormaterial, aber auch keramische Formkörper als Träger, die mit der katalytisch aktiven Substanz imprägniert oder beschichtet werden.

Optimierte Katalysatoren für etablierte und neue Prozesse

Über Jahrzehnte hinweg hat sich das Katalysatorlabor intensiv beispielsweise mit katalysierten Reaktionen innerhalb des Aromatenverbunds beschäftigt. Es sorgt aber nicht nur für Kontinuität in der laufenden Produktion und in etablierten Prozessen. Auch neue Herausforderungen gilt es zu meistern. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Entwicklung eines speziell modifizierten oxidischen Katalysators, der am Anfang einer längeren Synthesesequenz die selektive Alkylierung einer aromatischen Startverbindung erlaubt. „Insgesamt etwa fünf Jahre sind vergangen, bis aus den ersten Versuchen und der Optimierung im Katalysatorlabor ein funktionierendes technisches Verfahren geworden ist, nach dem in Pilotanlagen bereits rund 100 t Produkt hergestellt wurden. Der nächste Schritt ist nun die großtechnische Umsetzung“, beschreibt Sprenger den Weg vom Labor in den Betrieb. Schon in der Laborphase gilt es dabei, die spezifischen Anforderungen an industrielle Verfahren im Auge zu behalten. „Selbst geringfügige Verunreinigungen der Ausgangsmaterialien – nicht unüblich in technischen Substanzen – können Produktivität, Selektivität und Standzeit eines Katalysators nachhaltig beeinflussen. Auch bei der Katalysatorherstellung selbst muss jeder Arbeitsschritt individuell betrachtet, gegebenenfalls auch die Schrittfolge variiert werden“, erklärt Sprenger die bisweilen komplexe Aufgabenstellung.