Forschung & Innovation

Praxisrelevante Rheologie

Effektive Unterstützung von Produktentwicklung und Qualitätskontrolle mittels Rheologie

05.06.2014 -

Viele Produkte für Konsumenten und Industrie basieren auf Emulsionen und Suspensionen. Das Verständnis für die Zusammenhänge von Produktzusammensetzung und rheologischen Verhalten ist häufig eine notwendige Voraussetzung für eine effiziente Produktentwicklung und/oder Verfahrensoptimierung zur Herstellung bzw. Weiterverarbeitung.

Viele Produkte des täglichen Lebens wie Cremes, Shampoos oder Schreibtinten sowie Lebensmittel wie Mayonnaise oder Senf sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Gleiches gilt für industrielle Güter wie Bohrölemulsionen, Schmierstoffe oder Anstrichstoffe. Allen ist gemeinsam, dass sie auf Emulsionen und Suspensionen basieren und zu den komplexen Stoffsystemen zählen, deren mechanische Eigenschaften bei Herstellung und/oder Anwendung äußert wichtig sind. Bei der Herstellung solcher in der Regel nicht-newtonschen Stoffsysteme spielen die Flieseigenschaften verfahrenstechnisch eine große Bedeutung. Die in Scherströmungen auftretenden Verhaltensweisen erstrecken sich von einer einfachen Viskositätsabnahme oder -zunahme in Abhängigkeit der Stärke der Scherbeanspruchung hin bis zu einer zeitabhängigen Viskositätsänderung bei konstanter Scherbeanspruchung. Die Viskoelastizität spielt im Fall der Produktlagerung eine Rolle, da sie mit entscheidend dafür ist, wie absetzstabil eine Suspension bzw. wie entmischungsstabil eine Emulsion ist.

Bedeutung der Rheologie

Die Rheologie hat in den letzten Jahren eine zunehmende Bedeutung erfahren. Ein maßgeblicher Grund dafür ist, dass Rheometer hin zu modularen Messplattformen entwickelt werden, die eine Vielzahl von Messgeometrien und Messmodi zur Verfügung stellen. Während viele Anwender heute immer noch mit dem Begriff Rheologie ausschließlich das Messen von Fließverhalten oder Fließgrenzen in Verbindung bringen, gewinnt die Bestimmung viskoelastischer Eigenschaften mit Hilfe von Oszillationsmessungen eine zunehmende Bedeutung. In Kombination mit Peltier-Temperiereinheiten, die die Proben effizient auf einer gewünschte Temperatur halten oder sie periodisch abkühlen und auf¬heizen, können nahezu alle mechanischen Belastungen während der Produktherstellung, -lagerung, -transport und -applikation simuliert werden. Die Änderungen der viskoelastischen Eigenschaften geben Hinweise darauf, wie sich die geprüften Produkte unter realen Bedingungen verhalten werden.


Rheologie und Produkteigenschaften

Am Beispiel eines Alltagsproduktes wie einer Creme lässt sich auf einfache Weise verdeutlichen, welchen Beitrag die Rheologie zur Produktentwicklung bzw. zur Qualitätskontrolle beitragen kann. Die Viskosität der Creme muss so beschaffen sein, dass sich das Produkt problemlos pumpen lässt; nach der Herstellung darf sie sich nicht entmischen und der Kunde erwartet bei der Anwendung eine bestimmte Haptik.
Informationen darüber, wie sich das Produkt fördern lässt bzw. welche Pumpleistung benötigt wird, um es durch ein Rohrleitungssystem zu fördern, geben Fließ- bzw. Viskositätskurven, die durch Rotationsmessungen im praxisrelevanten Bereich der Scherrate bzw. Schub-spannung ermittelt werden. Die Unterschiede von Viskositätskurven mit zunehmender und abnehmender Scherrate oder dem zeitlichen Verhalten bei konstanter Scherrate geben Rückschlüsse auf Fließverhalten während der verschiedenen verfahrenstechnischen Schritte ihrer Herstellung. Beispielsweise können sich solche Produkte beim Pumpen deutlich anders verhalten als beim Ausgießen.
Während bei Rotationsmessungen Proben geschert und deswegen ihre Ruhestruktur zerstört wird, bleibt bei oszillatorischen Scherbeanspruchungen mit kleiner Amplitude die Ruhestruktur erhalten. Oszillationsmessungen ermöglichen so eine Quantifizierung des visko¬elastischen Verhaltens und damit Aussagen darüber, ob einer Creme schnell verläuft oder ob sie beim Auftragen ein samtweiches oder eher schmieriges Gefühl vermittelt. Oszillations¬messungen mit und ohne Temperaturwechsel geben auch Hinweise darauf, ob sie während des Transports oder der Lagerung entmischungsstabil sind.

Praxisrelevante Rheologie

Was haben also die unterschiedlichsten Produkte wie Cremes, Schmierstoffe oder Anstrichstoffe miteinander gemein? Sie alle werden während der Produktentwicklung bzw. in der Qualitätskontrolle rheologisch geprüft. Dafür sind rheologische Messungen im Rotations- und Oszillationsmodus weit verbreitet, theoretisch gut fundiert und leicht anwendbar. Dies erscheint auf den ersten Blick zunächst einfach. Im industriellen Alltag stellen sich vielen Anwendern eine Menge an Fragen: z.B. welches ist das passende Messsystem oder wie definiere ich die passende Messvorschrift.
Solche Fragen sollten vor dem Hintergrund einer Produktanwendung bzw. Produktbeanspruchung diskutiert werden. Das bedeutetet, dass bei Emulsionen und Suspensionen unterschiedliche rheologische Messmethoden angewendet werden müssen, um zu ermitteln, ob sie entmischungsstabil sind, ob sie ein scherverdickendes oder scherverdünnendes Fließverhalten haben oder ob die zur Verfügung stehende Pumpenleistung zur Förderung durch ein Rohrleitungssystem ausreichend ist. Hier bieten praxisrelevante Rotations- (Fließkurven) und/oder Oszillations¬messungen (Viskoelastizität) einen einfachen Zugang zur Lösung solcher Aufgabenstellungen und damit zu einer effektiven Gestaltung von Qualitätsüberwachung und Produktentwicklung.

Kontakt:
Prof. Dr. Karl-Heinz Jacob
Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm
Fakultät Angewandte Chemie
Tel: +49 911 5880 1515
karl-heinz.jacob@th-nuernberg.de
www.ohm-hochschule.de

 

Fortbildungskurs der GDCh:

Rheologische Charakterisierung von Emulsionen und Suspensionen
9. und 10. Juli 2014, Nürnberg, Kurs: 595/14
Leitung: Prof. Karl-Heinz Jacob

Anmeldung/Information:
Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), Fortbildung
Tel.: 069/7917-364/-291
Fax: 069/7917-475
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www.gdch.de/fortbildung

 

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