Forschung & Innovation

Young Professionals in der chemischen Industrie bei ihrem 2. Jahrestreffen

3D-Druck und Kulturschock

28.04.2017 -

Mehr als 70 Teilnehmer kamen zum 2. Jahrestreffen der Young Professionals in der chemischen Industrie im Rahmen des Messeduos Maintenance und Pumps & Valves.

Der fulminante Auftakt der Jahrestreffen der Young Professionals 2016 war Ansporn für den neu firmierten Programmausschuss, auch im Jahr 2017 ein attraktives Programm zusammen­­zustellen. Und es ist den Young Professionals der VDI-GVC unter der Leitung der Vorsitzenden Dr.-Ing. Oliver Litzmann, Lanxess, und Dr.-Ing. Michael Imle, BASF, mehr als gut gelungen: das Feedback der mehr als 70 Teilnehmer ist rundum positiv. Die praxisnahen Vorträge zu aktuellen Themen wie „Additive Manufacturing“, „Preventive Maintenance in Industrie 4.0“, „Explosionsschutz“ und „Werkstoffauswahl“ wurden ergänzt durch einen Kurzworkshop zur interkulturellen Kommunikation und Hilfestellungen zur Karriereentwicklung für Betriebsingenieure. Die Kombination von Fachvorträgen und Social Skills sowie die Möglichkeiten zum Netzwerken und die geführten Messerundgänge machen den besonderen Reiz dieses neuen Veranstaltungstyps aus.

I am not angry, I am German!
Mit dieser provokanten Aussage bringt Iris Kuhnert, Coach und Inhaberin von ICM Consulting, die Herausforderungen der interkulturellen Kommunikation auf den Punkt. Kultur ist mehr als Essen, Trinken und beobachtbares Verhalten. Jede Kultur und damit auch das Kommunikationsverhalten der Menschen wird entscheidend von zugrundeliegenden Werten, Überzeugungen und der Erziehung geprägt. Damit die Kommunikation mit ausländischen Kollegen oder Geschäftspartnern eine möglichst gute und vor allem richtige Wirkung erzielt, müssen die grundlegenden Unterschiede der interkulturellen Kommunikation erkannt werden. Kuhnert ist es wichtig, bei Missverständnissen auch die Fehler bei sich selbst zu suchen, denn „Kommunikation ist nicht das, was wir sagen, sondern das, was verstanden wird.“ Um sich in ein Gegenüber hineinzuversetzen, ist Empathie aber auch Wissen über das jeweilige Kommunikationsverhalten erforderlich. So werden kritische Informationen in Deutschland, Niederlande, USA und Kanada offen und direkt ausgesprochen. Im asiatischen oder südamerikanischen Raum müssen diese kritischen Aussagen möglichst elegant und indirekt verpackt werden, damit der Gesprächspartner in keinem Fall sein Gesicht verliert. Hier sind persönliche Zwei-Augen-Gespräche oft die Lösung, um Missverständnisse oder vollständige Ablehnung zu vermeiden. Unterschiedliche Kulturen zeigen auch unterschiedliche Gruppenorientierungen: Während die meisten Europäer eher individualistisch agieren und kontroverse Diskussionen zur Optimierung von Prozessen oder Zielerreichung schätzen, leben Personen aus dem asiatischen Raum in starken wechselseitigen Abhängigkeiten, in denen Rücksichtnahme und harmonische Konsensfindung von zentraler Bedeutung sind. Diese kulturelle Ausprägung kann auch Einfluss auf die hierarchische Struktur eines Unternehmens haben. Lean Management und der Fokus auf Gleichstellung sind seit langem in USA und Deutschland etabliert, während in vielen europäischen, arabischen und asiatischen Ländern der Fokus immer noch auf einer klaren Hierarchie liegt.
Kuhnert regte die Young Professionals mit provokanten Fragen zur Selbstreflektion an: Wie sehen sich die Young Professionals? Welche Auswirkungen haben Missverständnisse bei der interkulturellen Kommunikation auf die Zusammenarbeit im Unternehmen? Wie können wir Silo-Denken vermeiden? Wie mache ich mein Anliegen bestmöglich klar? Eine kritische Selbsteinschätzung kann eine wichtige Hilfestellung nicht nur bei der interkulturellen Kommunikation, sondern auch im privaten Umfeld sein.

Additive Manufacturing ist auf dem ­„Plateau of Productivity“ angelangt!
Diese These stellte Dr.-Ing. Jürgen Reinemuth, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Thaletec, in seinem Vortrag „Additiv gefertigte Komponenten für verfahrenstechnische Anwendungen“ auf. Nach der Theorie des Hype-Zyklus ist das Plateau der Produktivität die letzte Phase der öffentlichen Aufmerksamkeit, die eine neue Technologie nach ihrer Einführung durchläuft. Auch wenn manche Zweifler glauben, die additive Fertigung befinde sich noch in Phase 2, dem Gipfel der überzogenen Erwartungen, und Phase 3, das Tal der Entäuschungen, stünde kurz bevor, konnte Reinemuth die Young Professionals in seinem gut strukturierten Vortrag und mit vielen Demon­strationsobjekten überzeugen. Anschaulich erklärte er die Grundprinzipien der additiven Fertigung und beschrieb offen die Grenzen des aktuell Möglichen. Einer der großen Vorteile der additiven Fertigung für die Verfahrenstechnik besteht in der schnellen Umsetzung von Prototypen. Durch die rasante Entwicklung und technische Verbesserungen ist es heutzutage möglich, auch metallische Werkstoffe wie Titan und rostfreie Stähle, Nickel-Basis-Legierungen, Kobalt-Chrom-Legierungen sowie Edelmetall-Legierungen durch additive Verfahren zu verarbeiten. Dadurch werden die Möglichkeiten der additiven Fertigung auch für die Verfahrenstechnik eröffnet, da die chemische Industrie naturgegeben großen Wert auf Beständigkeit und sichere Auslegung der verwendeten Werkstoffe legt. Die additive Fertigung erlaubt zudem die Realisierung schnellerer Wertschöpfungsprozesse, da die Durchlaufzeit gegenüber der konventionellen Herstellung mittels Fräsen, Schweißen, Drehen, Richten um bis zu 30 % reduziert werden kann. Nun wird die Zeit zeigen, ob die additive Fertigung tatsächlich das Plateau der Produktivität erreicht hat und die Vorteile dieser neuen Technologie allgemein anerkannt und akzeptiert werden. Wie groß die Wertschöpfung schlussendlich sein wird, hängt stark davon ab, ob diese Technologie in den Massen-Märkten angenommen wird, die Fertigungsprozesse gleichbleibende Qualität liefern können und die Entwickler und Konstrukteure die neuen Gestaltungsmöglichkeiten nutzen.

Young Professionals in der chemischen Industrie
Das 2. Jahrestreffen der Young Professionals in der chemischen Industrie wurde organisiert durch die Young Professionals der VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (VDI-GVC) und unterstützt durch Easyfairs. Berufseinsteiger, die sich im Programmausschuss und bei der Organisation der zukünftigen Jahrestreffen engagieren wollen, senden bitte eine E-Mail an: YP-GVC@vdi.de.
www.vdi.de/gvc/yp