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Wetteranalyse im Gefahrenfall

Das Geoinformationswesen der Bundeswehr hat ein Beratungstool entwickelt was der Chemischen Industrie im Gefahrenfall helfen sol

03.07.2018 -

Eine für die chemische Industrie mögliche Fragestellung, die erheblich vom Wetter abhängt, ist: „Welches Gebiet wird bei einer Freisetzung des Stoffes X am Ort Y zur Zeit Z betroffen sein?“ HEARTS (Hazard Estimation for Atmospheric Release of Toxic Substances) ist ein Beratungstool, welches im Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr (ZGeoBw) entwickelt wurde und militärische sowie zivile Organisationen auf vielfältige Art und Weise unterstützt. Dieses „Werkzeug“ berechnet wie sich Substanzen nach ihrer Freisetzung in der Atmosphäre ausbreiten und welche Gebiete wie stark betroffen sind. In diesem Bedarfsfall kann der Nutzer mit Hilfe einer grafischen interaktiven Benutzeroberfläche (Graphical User Interface, kurz GUI) alle notwendigen Parameter, wie z.B. Ort der Quelle, Freisetzungszeit/-zeitraum, Menge und Art der Freisetzung eingeben, kontrollieren und den Verlauf der Simulation verfolgen.

Um sinnvolle Aussagen treffen zu können, benötigt Hearts Prognosen aller relevanten meteorologischen Felder, u.a. Wind, Temperatur, Niederschlag, Bewölkung. Diese Informationen kommen vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Aus den Wetterinformationen und den speziellen Eigenschaften des Materials, für das eine Prognose zu erstellen ist, wird ein Beratungsprodukt erzeugt. Dieses beinhaltet die für dessen Einsatz nötigen Informationen. Dabei ist das Verfahren so programmiert, dass das Ergebnis, welches der Bedarfsträger fordert, möglichst schnell entsteht. Das ist notwendig, weil das Verfahren Vorhersagen erzeugt, mit denen der Bedarfsträger „vor die Lage kommen“ soll, um rechtzeitig Entscheidungen treffen zu können.

Üblicherweise findet die Eingabe in der Wettervorhersagezentrale des DWD oder des ZGeoBw statt. Dort geht die Meldung über einen Vorfall ein, wird bearbeitet und kann vor der Rücksendung der Ergebnisse noch kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert und wiederholt werden.

Beim Ablauf des gesamten Vorgangs von der Anfrage bis zum Zurücksenden der Simulationsergebnisse gibt es eine Reihe von Herausforderungen: Der Ort der Quelle, sowie die Zeit der Freisetzung sind relativ einfach festzustellen. Benötigt werden vor allem die Information, welche Substanz in welcher Menge in die Atmosphäre gelangt. Diese Abschätzung muss in jedem Fall durch Beobachter vor Ort geschehen. Ein Leck in einem korrekt beschrifteten Tanklastzug ist das einfachste Szenario, weil die Substanz genau bekannt ist und die Menge eingegrenzt werden kann. Bei Flüssigkeiten kommt auch bei genauer Kenntnis des Stoffes erschwerend hinzu, dass die Verdunstungsrate ermittelt werden muss. Unter Umständen verdunstet nur ein kleiner Bruchteil der ausgelaufenen Menge und wird dadurch für Hearts relevant. Gerade bei Bränden lässt sich oft nicht abschätzen, welche giftigen Substanzen gerade verbrennen oder welche Gifte durch den Brand überhaupt erst entstehen. Für diesen Fall gibt es die Möglichkeit, einen „unbekannten Stoff“ oder „Brand“ auszuwählen, so dass die Ergebnisgrafiken keine quantitative, sondern lediglich eine qualitative Gefährdung darstellen. Das bedeutet, dass die Konzentration in Quellnähe bei 100% liegt und in der Umgebung nur Bruchteile von diesem Maximum als Prozentwert dargestellt werden. Aber auch diese Information ist wichtig, um abschätzen zu können, welche Gebiete überhaupt von dem Ereignis betroffen sein können.

Das Beratungsprodukt ist ein Lagrange’sches Verfahren, welches einzelne Partikel bzw. Pakete von Partikeln verlagert. Das „Gegenstück“ dazu ist die Eulersche Berechnung, bei der Windfeld und Schadstoffkonzentrationen auf einem festen Gitter berechnet werden. Die vom DWD betriebenen numerischen Wettervorhersagemodelle basieren auf letzterem Prinzip. Das System bietet als Lagrange’sche Herangehensweise zur Zeit noch den Vorteil, dass der genaue Quellort und die quellnahe Schadstoffkonzentration besser erfasst werden kann. Eulersche Modelle bieten bessere Resultate, wenn es um großräumige und längerfristige Simulationen geht, die ein vielfaches der verwendeten Gitterweite erfassen. Allerdings ist ein solches Verfahren immer nur so gut wie das zu Grunde liegende Wettermodell aus dem die Windvorhersagen stammen. Mit jetzt schon zeitlich besserer und in Zukunft feinerer vertikaler und horizontaler Auflösung der Modelle wird es möglich sein, Ausbreitungsrechnungen auch für kleinräumige und kurzfristige Szenarien eulersch zu prognostizieren. Analysen der Verfügbarkeit, Anwendbarkeit und Leistungsfähigkeit existierender Ausbreitungsmodelle sind in Zusammenarbeit mit dem DWD in Arbeit. Das im DWD mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelte ICON-ART beinhaltet die Möglichkeit u.a. reaktive Spurengase in der Atmosphäre zu prognostizieren. Die Entwicklung des Modells für kleine meteorologische Skalen sowie die Flexibilität dieses Systems schnell verfügbar und in kürzester Zeit ein aussagefähiges Produkt zu Verfügung zu haben, ist im Moment Stand der Forschung.

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