Anlagenbau & Prozesstechnik

Instandhaltung: Schlüsselwort Schwachstellenbeseitigung

22.08.2011 -

Instandhaltung: Schlüsselwort Schwachstellenbeseitigung Wir investieren falsch in billige Anlagen, wir haben wenig Wissen über Begriffe und Definitionen der Instandhaltung, wir halten mit Reparaturen Schwachstellen am Leben, wir sind sogar froh, Reparaturen zu haben, denn das ist in der Tat Arbeit und das nennen wir „Instandhaltung“! 70 Mrd. % jährliche Reparaturkosten in der chemischen und verfahrenstechnischen Industrie sprechen eine deutliche Sprache.

Reparatur müsste an und für sich das Unwort des Jahres 2007 und sicherlich auch der zurückliegenden Jahre sein. Auch im Jahr 2008 und wahrscheinlich in den kommenden Jahren wird es so bleiben, solange hier nicht eine grundsätzliche Änderung der Instandhaltungsausrichtung stattfindet. Leider leben viele, die es könnten, nicht mehr, andere, jüngere, wissen es nicht besser, und es gibt sicherlich noch einige, vor allem Unternehmensberater, die es wissen, aber die Firmen für dumm verkaufen, denn es lässt sich gut von der Unwissenheit anderer profitieren.

Seit Anfang der 90er Jahre und verstärkt seit 1995/97 breitete sich ein Klima der Kostenphobie aus. Eine betriebswirtschaftliche Kurzsichtigkeit machte sich breit. Wir sparten bei Investitionen, um zigfach größere Probleme in der Produktion zu bekommen. Wir kauften billigere Verpackungsmaterialien, damit manche Einkäufer Erfolge nachweisen konnten. Dass dabei hohe Produktionsausfallkosten entstanden, interessierte niemanden, denn sie wurden auch nicht festgehalten. Heute ist die so genannte Instandhaltung nichts anderes als eine „Verwaltung des Reparaturbetriebes“.

Auch in der chemischen Industrie und in der Verfahrenstechnik sind mehr als 90 % der so genannten Instandhaltungstätigkeiten Reparaturen. Obwohl in den letzten 30 Jahren ausreichend bewiesen wurde, dass die Reparaturkosten drei bis fünf Mal höher sind als die Instandhaltungs- und die geplanten Instandsetzungskosten wird der Ausfall abgewartet und dann repariert. Zum Teil sind redundante Anlagen vorhanden, die an und für sich dem Konstruktionsgeist widersprechen: „Verfügbarkeit konstruieren – anstatt sie nur per Redundanz aufrecht zu halten“. Schließlich kostet auch die Redundanz. Dabei lässt man bis heute außer Acht, dass Produktionsausfallkosten hinzukommen, die fast in keinem Betrieb, in keiner Abteilung festgehalten werden. Reparatur bedeutet aber nicht nur Reparaturkosten sondern auch Produktionsausfallkosten, so dass hier davon gesprochen werden kann, dass eigentlich niemand saubere Deckungsbeiträge benennen kann. Der Wahnsinn beginnt bei falschen Investitionen, geht über das Kannibalisieren von Maschinen zum falschen Outsourcing – und über eine kurzsichtige Kostenpolitik zu einer fehlgeleiteten Instandhaltung. Dieser Artikel will Wege aus diesem Dilemma zeigen aus der Überzeugung heraus auf, dass es in der chemischen- und verfahrenstechnischen Industrie hervorragende Fachleute gibt, die aber durch eine falsche Controllingpolitik zur Reparaturmentalität regelrecht erzogen bzw. gezwungen werden.

Was sollten wir wissen?

Die Instandhaltung umfasst alle wichtigen Funktionen des Vorganges für die Erkennung, Bewertung und Gewichtung sowie die notwendigen Maßnahmen bei Ausfällen und Störungen. Diese sind Inspektion, Wartung, Instandsetzung und Schwachstellenbeseitigung. Den Begriff Reparatur gibt es nicht!

Inspektion ist das Herzstück der Instandhaltung. Sie umfasst alle Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes der Anlagen. Hierzu gehört ein Plan, die Vorbereitung, Durchführung, Vorlage der Ergebnisse, Auswertung und Beurteilung und das Ableiten der notwendigen Konsequenzen.

Sie sollten jedoch bedenken: Condition Monitoring ist so wenig Inspektion wie das Hämmern auf einer Schreibmaschine bereits schriftstellerische Tätigkeit ist. Und genau so wie ein guter Schriftsteller noch mit einem Bleistiftstummel ein hervorragendes Gedicht, einen auszeichnungswerten Roman schreiben kann, ist Inspektion durchaus ohne Condition Monitoring denkbar. Eine Folge dieser Überlegungen ist es, dass die Inspektionsintervalle also nicht starr sein können, sondern sich flexibel solchen Erfordernissen anpassen müssen. Überlegen Sie einmal, ob Ihre Inspektionspläne dem genügen!

Die Konstruktionstechnik lehrt die Erkenntnis, dass jede technische Konstruktion eine Dualität besitzt: Bauteile und Funktionen, oder auch anders gesagt, Instandhaltungsstellen und Schwachstellen (Abb. 1). Bauteile werden irgendwann ausfallen; nämlich dann, wenn das Abnutzungspotential 0 geworden ist. Das Ereignis (Ausfall) ist dann endgültig. Hier haben wir zu entscheiden, ob wir dem Ausfall vorbeugen, in dem wir alle drei Teilbereiche der Instandhaltung nutzen, also Inspektion, Wartung und Instandsetzung oder den Ausfall abwarten und dann reparieren. Die Funktionen werden durch die verschiedensten Einflussfaktoren beeinflusst. Es entstehen Schwachstellen in Form von Störungen. Diese Dualität darf weder einseitig betrachtet werden, noch kann diese allein durch die Instandhaltung einseitig angegangen und gelöst werden.

Der Autor sprach als erster von der Notwendigkeit einer Schwachstellenforschung. Er verstand dies nicht als eine Bewegung gegen die Instandhaltung, sondern als eine Ergänzung der Instandhaltung. Er stellte fest, dass in der Praxis scheinbar widersprüchliche Forderungen bestanden. In der Praxis wird z. B. stets die Forderung gestellt, dass gleichzeitig die Instandhaltungskosten gesenkt werden und die Verfügbarkeit erhöht wird (Abb. 2). Bis heute versucht man dies, allerdings mit den falschen Mitteln, zu erreichen.

Die Einsparung von Ersatzteilen, die Entlassung von Technikern, die seltenere Durchführung von Maßnahmen etc. bringen nur vordergründig Kosteneinsparungen. Die Verfügbarkeitseinbrüche in der Produktion werden nicht festgehalten, es wird nur immer mehr Druck auf die Instandhaltung ausgeübt. Die jetzigen Formen und Strategien der Instandhaltung sind am Vorhandensein eines Abnutzungspotentials ausgerichtet. Funktionen werden kaum instandgehalten. Also kann man nur bedingt überhaupt von einer Erhöhung der Verfügbarkeit ausgehen. So entstand die Strategie der dualen Instandhaltung. Diese Strategie hat nachweislich heute die besten Voraussetzungen, sowohl fachlich als auch kostenmäßig, als die „Instandhaltungsstrategie“ schlechthin anerkannt zu werden. Was bedeutet aber die duale Instandhaltungsstrategie?

Hohe Verfügbarkeit und niedrige IH-Kosten:

Sinn und Unsinn Zweifellos ist die größte Forderung im Bereich der Instandhaltung die duale Forderung nach einer hohen Verfügbarkeit bei minimierten Instandhaltungskosten. Diese Forderung kann allein mit den Mitteln der Instandhaltung nicht gelöst werden. Instandhaltungskosten werden in echte Instandhaltungskosten und Schwachstellenkosten unterteilt. Schwachstellenkosten sind solche Kosten, die bei der Reaktion der Technik auf Schwachstellen (Analyse, Beseitigung etc.) entstehen, und die fälschlicherweise als Instandhaltungskosten (Reparaturkosten etc.) bezeichnet werden. Dies ist dadurch bedingt, dass eine entsprechende Kostenrechnungsmethode nicht existiert. Durch diese Aufspaltung der Kostenart „Instandhaltung“ erhält man einen bereinigten Kostenartenplan.

Schwachstellenkosten entstehen, weil aus unterschiedlichen Ursachen Schwachstellen erzeugt werden. Konzentriert man seine Bemühungen darauf, diese Ursachen abzustellen, so wird die Schwachstelle eliminiert oder ihre Wirkungsweise (Häufigkeit, Dauer, Umfang) gemindert. Die Störungen werden weniger, auch die Schwachstellenkosten sinken entsprechend.

Erhöhung der Verfügbarkeit: Verluste an Verfügbarkeit entstehen durch viele Faktoren. Hauptanteil daran haben die Ausfälle und die Störungen bzw. die Ausfallzeit und die Störzeit. Wenn die Schwachstellenkosten sinken, werden auch die damit verbundenen Instandhaltungskosten insgesamt weniger. Gleichzeitig können aber auch Störungen reduziert werden. Man gewinnt also die Störzeit als Produktionszeit. Die Verfügbarkeit wächst proportional mit Senkung der Schwachstellenkosten.

Duale Instandhaltung und ihre Säulen

Nachdem die theoretischen Grundlagen der dualen Instandhaltung dargestellt wurden, stellt sich die Frage, wie sie verwirklicht werden kann. Hierfür gibt es zwei Säulen (siehe Abb. 3): die Schwachstellenanalyse und -beseitigung und die verfügbarkeitsgesteuerte Instandhaltung, die hier DIVA-Instandhaltungsstrategie genannt wird. Vom Autor ist die Funktion (das Profil) des Efficiency-Ingenieurs entwickelt worden, die heute bereits als organisatorische Funktion bei führenden Betrieben der europäischen Industrie eingeführt ist. Es gibt demnach eine Instandhaltungsorganisation für die Instandhaltung der Gruppen Inspektion, Wartung und routinenmäßige Instandsetzung und eine Schwachstellenbeseitigungsorganisation für die Schwachstellen und Schwachpunkte. Streng genommen sind dies alles Aufgaben der Instandhaltungsorganisation, nur die Arbeitsteilung ermöglicht die Konzentration auf die jeweiligen Schwachpunkte. Man hat somit einen Werkstattpool und einen Efficiencypool von Verantwortlichen. Nach dieser Strategie verändert sich auch die Art der Instandhaltung. Die richtige Instandhaltungskurve besagt ganz einfach: „So viel Instandhaltung, wie Verfügbarkeit gefordert bzw. notwendig ist.“ Demnach müssen wir erst ein Ziel, ein Verfügbarkeitsziel definieren und dann die notwendigen Maßnahmen bestimmen und durchführen. Nicht mehr und nicht weniger. Die Frage bleibt allerdings: „Wie kann man den Bedarf bestimmen?“ bzw. „Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür?“. Oder anders ausgedrückt: „Wie erkennen wir das richtige Instandhaltungsintervall?“ Dazu liefert das intelligente Softwaresystem DIVA die richtigen Antworten. Gefordert ist also eine Möglichkeit, ein System, das uns hier Hilfestellung gibt, es uns ermöglicht, Instandhaltungswissen zu speichern, zu erweitern und das zudem in der Lage ist, selbstständig zu lernen und sich zu erweitern.

Das Instandhaltungssystem DIVA

DIVA ist nicht allein ein Instandhaltungssystem für die produzierende Industrie, es ist ein Wissenssystem, denn es beinhaltet:

  • das Deutsche Instandhaltungswissen in Form von Maßnahmen der verschiedensten Art für alle Bauteile,
  • die Mexis‘sche Verfügbarkeitsmatrix für alle Bauteile,
  • ca. 1.200 an der Zahl, der Intervall-Anpassungsalgorithmus für die Veränderung der Intervalle entsprechend der herrschenden Belastungen und Umweltparameter,
  • die Lernfähigkeit zum selbsttätigen Anpassen der Checkintervalle,
  • Erweiterung des Wissens und selbsttätigen Berechnung der MTBF-Werte und,
  • den Bestandsoptimierungsalgorithmus für die Optimierung von Ersatzteilbeständen in den Reserveteillagern der Firmen.

Zur Steuerung des eigentlichen Instandhaltungssystems wird ein so genannter Navigator eingesetzt; er ist sehr übersichtlich und leicht zu bedienen. Verfügbarkeiten bestimmen die Instandhaltungsintervalle. Aus dieser Abhängigkeit entwickelte der Autor die so genannte Mexis’sche Verfügbarkeitsmatrix und vervollständigte alle notwendigen Angaben für Bauteile. Jedes Bauteil hat seine eigene Verteilung, die aus den drei Einflussfaktoren für die Abnutzungskurve bestimmt werden. In der Verfügbarkeitsmatrix ist ein besonderer Algorithmus eingebaut, der als eines der besonderen Merkmale des Systems DIVA gilt und die „algorithmische Intelligenz“ des DIVA-Systems bestätigt.

Zusammenfassende Betrachtung

Wir haben verstanden, dass der Schlüsselweg zur Reduzierung der Ausfälle und Störungen nicht der Weg der Reparatur ist, sondern der Weg der Schwachstellenbeseitigung. Drei Aussagen sind sehr wichtig und sollten bei jeder Investition und Instandhaltungstätigkeit beachtet werden:

1. Verfügbarkeit soll man konstruieren, nicht instandhalten (nicht mit Instandhaltungsmaßnahmen mehr schlecht als recht aufrechterhalten)

2. Instandhaltungspotentiale vermeiden, nicht Instandhaltungsbedarf befriedigen (der gute Meister „dreht Däumchen“, solange er nicht deswegen rationalisiert wird)

3. Ursachen von Störungen beseitigen, nicht Störungen reparieren (ansonsten kommen die Störungen immer wieder) Wenn man die Erfolge des Efficiency- Engineerings stabil auf hohem Niveau halten möchte, liefert die verfügbarkeitsgesteuerte Instandhaltung mit dem „mathematisch-intelligenten“ System DIVA-Dynamics die beste bekannte Lösung.