Märkte & Unternehmen

Studie: Bedeutung von Megatrends für den Geschäftserfolg

Konsortium untersucht Entwicklung der Chemie- und Pharmaindustrie

12.08.2014 - Welche Megatrends haben aus Sicht der Unternehmen in der Chemie- und Pharmaindustrie eine besondere Bedeutung? Auf welche Trends werden die Unternehmensaktivitäten in den Jahren 2014 und 2024 ausgerichtet? Und in welcher Weise werden sich Geschäftsmodelle, Strategien und Unternehmensprozesse sowie die Kompetenzen der Mitarbeiter verändern müssen?

Diese Fragen werden gegenwärtig gemeinsam von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der Provadis-Hochschule Frankfurt, dem Verband der Chemischen Industrie (VCI), der Strategieberatung PwC Strategy& (Formerly Booz & Company) sowie dem CHEManager untersucht. Die Studie umfasst eine Online-Umfrage, Experteninterviews sowie Workshops mit Unternehmensvertretern und soll Ende 2014 abgeschlossen werden.

In dem vorliegenden Beitrag werden einige Zwischenergebnisse der Online-Befragung, die im Frühjahr 2014 unter Fach- und Führungskräften der chemischen und pharmazeutischen Industrie in Deutschland stattgefunden hat, vorgestellt. An dieser Untersuchung nahmen insgesamt 270 Personen teil; 141 Personen haben den Fragebogen vollständig ausgefüllt und weisen auch eine hinreichende Branchenerfahrung auf. Abbildung 1 zeigt die Teilnehmerstruktur nach Segmenten.

Chemieindustrie der Zukunft: global, innovativ, höher qualifizierte Mitarbeiter

In der chemischen und pharmazeutischen Industrie werden Megatrends - langfristige gesamtgesellschaftliche Entwicklungen mit einer Reichweite über 20 Jahren - seit einiger Zeit intensiv diskutiert (z.B. VCI Prognos-Studie). Unternehmen verweisen vielfach auf diese Trends zur Erläuterung ihrer Strategien, Verbände nutzen diese Entwicklungslinien zur Verdeutlichung potenzieller zukünftiger Entwicklungen sowie deren Abhängigkeit von politischen und unternehmerischen Entscheidungen.

In der Befragung wurden sechs Themenfelder (Demographischer Wandel, Globalisierung, Innovation & Technologie, Energie & Ressourcen, neue Konsummuster, Arbeitswelt) untersucht. Über alle Segmente hinweg wird deutlich, dass aus Sicht der Befragten im Jahr 2014 die Trends

  • Globalisierung (mit der weiter steigenden Bedeutung des asiatischen Marktes),
  • disziplinübergreifende Innovation, z.B. im Bereich der Bio- und Nanotechnologie, sowie
  • in der Arbeitswelt die zunehmende Relevanz höher Bildung (mehr Facharbeiter; mehr Akademiker)

von großer Relevanz sind.

Kurz gefasst bedeutet dies: Die chemische und pharmazeutische Industrie wird internationaler, sie öffnet sich anderen Disziplinen und setzt auf eine höhere Mitarbeiterqualifikation, um ihre Ziele zu erreichen. Auffallend ist, dass sog. „grüne" Themen - wie nachhaltige Produkte, die Umstellung auf alternative Energien sowie der Einsatz nachwachsender Rohstoffe - am Ende der „Megatrend-Hitliste" stehen (Abb. 2). Allerdings wird diesen Themen für die nächsten zehn Jahre eine deutlich steigende Bedeutung beigemessen.

Greift man - analog zu den vom VCI in seiner Zukunftsstudie Chemie 2030 gewählten Segmenten - drei Branchensegmente heraus, so werden Unterschiede in der Relevanz der Megatrends deutlich.

  • Die Befragten der Basischemie sprechen dem asiatischen Markt, der Partizipation der Entwicklungs- und Schwellenländer am Wohlstand sowie der Urbanisierung besondere Bedeutung zu. In diesem Segment haben branchen- und disziplinübergreifend entwickelte Innovationen eine geringere Relevanz. Änderungen in der Arbeitswelt stehen weniger im Fokus.
  • Die Vertreter der Spezialchemie betonen die Bedeutung der Wachstumsmärkte in Asien sowie die Chancen des weltweiten Bevölkerungswachstums. Besondere Aufmerksamkeit erhalten hier die Möglichkeiten disziplin- und branchenübergreifenden Innovationen hervorzubringen; der zunehmende Wert der Bildung wird unterstrichen.
  • Im Segment Pharmazeutika hat der Megatrend der disziplinübergreifenden Innovation die größte Bedeutung, gefolgt vom Wachstumsmarkt Asien und den Chancen, die in einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung in den Industrienationen liegen. Gleichzeitig setzt auch dieses Segment auf eine höherwertige Mitarbeiterqualifikation.

Transformationsnotwendigkeit variiert nach Branchensegmenten

Die Befragten gaben in der Online-Umfrage ebenfalls ihre Einschätzung zu den Änderungsnotwendigkeiten in ihrem Unternehmen bzw. ihrer Geschäftseinheit angesichts der Megatrends ab. Auch wurden sie gefragt, wie gut das Unternehmen bzw. die Geschäftseinheit auf die Veränderungen vorbereitet sei (Änderungsnotwendigkeit und Grad der Vorbereitung).

Auffällig ist hier, dass die Befragten insgesamt über alle Branchensegmente hinweg im Durchschnitt von einer mittleren Transformationsnotwendigkeit ausgehen (Abb. 3). Der Vorbereitungsgrad entspricht - bei gesamthafter Betrachtung der Mittelwerte - den Änderungsnotwendigkeiten. Beleuchtet man die Ergebnisse nach Teilbereichen, so lassen sich Unterschiede ausmachen: In den Bereichen „Strategie und Geschäftsmodell" sowie „Operative Prozesse" entspricht der Vorbereitungsgrad weitgehend den Änderungsnotwendigkeiten. Anders stellt sich die Situation bei den Mitarbeiterkompetenzen und der Unternehmenskultur dar: Hier sind deutliche Diskrepanzen zwischen den erforderlichen Änderungen und dem Grad der Vorbereitung zu erkennen (Abb. 4).

Aufschlussreich ist auch hier ein Blick auf die verschiedenen Branchensegmente:

  • Die Vertreter der Basischemie sehen insgesamt die geringsten Änderungsnot-wendigkeiten und haben den in Relation zum Änderungsbedarf höchsten Vorbereitungsgrad. Dies könnte als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Befragten das Geschäft an sich als stabil und optimiert einstufen. Gleichwohl fällt die Differenz zwischen der Änderungsnotwendigkeit und dem Vorbereitungsgrad im Bereich „Geschäftsmodell/Strategie" auf. Hier scheinen die Befragten offene Themen zu sehen; diese werden in der Untersuchung nun mittels Experteninterviews und Fallstudien weiter beleuchtet.
  • Im Bereich Spezialchemie werden größere Änderungsnotwendigkeiten identifiziert. Der größte Änderungsbedarf besteht bei den Mitarbeiterkompetenzen, der Unternehmenskultur sowie bei der Strategie bzw. dem Geschäftsmodell. Weitgehend entspricht der Vorbereitungsgrad den Änderungsnotwendigkeiten, nur in den Bereichen Mitarbeiterkompetenzen und Unternehmenskultur bestehen nennenswerte Diskrepanzen. Dies könnte u.a. als Indiz dafür gesehen werden, dass der von einigen Unternehmen propagierte Strategiewechsel vom Produkt- zum Lösungsverkauf noch nicht vollständig umgesetzt wurde.
  • Mit Blick auf Pharmazeutika werden die größten Änderungsnotwendigkeiten und der gleichzeitig relativ geringste Vorbereitungsgrad konstatiert (Abb. 5). Dabei liegen die größten Änderungsnotwendigkeiten wiederum in den Bereichen Unternehmenskultur, Mitarbeiterkompetenzen und Strategie/Geschäftsmodell.

Auch die Änderungsnotwendigkeit bei den operativen Prozessen wird hoch eingeschätzt (Abb. 6). Auffällig ist, dass - mit Ausnahme des Themenfeldes Strategie/Geschäftsmodell - der Vorbereitungsgrad gegenüber dem Änderungsbedarf deutlich abfällt. Dies betrifft nicht nur vermeintlich „weiche" Themen wie Unternehmenskultur und Mitarbeiterkompetenzen, sondern ebenfalls das „harte" Feld der operativen Prozesse. Hier wird augenscheinlich ein Handlungsbedarf gesehen.

Mehr Informationen finden Sie auf der Microsite ChemPharmTrends.

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