Logistik & Supply Chain

Compliance-Check der Outbound-Logistik

Risiko- und Prozessanalyse in der Supply Chain bringt Pharmaunternehmen mehr Sicherheit

22.07.2010 -

Steigende Sicherheitsanforderungen und Risiken im Logistiknetz stellen für die Logistikbranche wesentliche Herausforderungen für die kommenden Jahre dar. Haupttreiber dieser Entwicklung sind dabei die Zunahme an nationalen wie internationalen Regulierungen, die sich wiederum in den Kundenanforderungen und daraus resultierend in einem erhöhten Bedarf an Prozessverbesserungen innerhalb der Unternehmen widerspiegeln.

Viele Unternehmen wollen der Sicherheits- und Risikosituation in der Supply Chain verstärkt durch mehr Transparenz begegnen. Compliance hinsichtlich der geforderten Standards wie beispielsweise die GMP (Good Manufacturing Practice) sowie den GSP- (Good Storage Practice) und GDP-Richtlinien (Good Distribution Practice) in der gesamten Logistikkette gehört zu den wesentlichen Zielen. Doch wird sie immer erfüllt? Wie kann beispielweise ein Pharma-Unternehmen sicher stellen, dass allen Anforderungen an diese Standards entlang der gesamten Supply Chain immer Rechnung getragen werden? Hier können spezialisierte Logistikpartner helfen, die über das nötige Know-how verfügen und im Rahmen von Compliance-Checks, Risikoanalysen und Audits die nötige Transparenz schaffen. So beauftragte beispielsweise ein im pharmazeutischen Umfeld tätiges Unternehmenden den Logistik-Dienstleister Infraserv Logistics mit Sitz in Frankfurt am Main mit einer Analyse seiner Outbound-Logistik hinsichtlich der Einhaltung der GMP-, GSP- und GDP-Guidelines. Infraserv Logistics ist gerade für Unternehmen der Chemie- und Pharmabranche ein gefragter Partner, da die Logistik-Experten aus dem Industriepark Höchst viel branchenspezifisches Know-how mitbringen.
Ausgangspunkt des Kundenauftrags war eine umfängliche Gegenüberstellung und der Vergleich der GMP-Regularien mit den GSP- und GDP-Regularien. Daran schloss sich eine umfassende Risikoanalyse an. Bei der Untersuchung bestätigte sich, dass Pharmaunternehmen hinsichtlich GMP in der Regel hervorragend aufgestellt sind, oft aber den Standards zu Distribution und Lagerung noch nicht den notwendigen Stellenwert einräumen: Lagerung und Transport von Arzneimitteln stehen als nicht wertschöpfende, aber besonders schnittstellenreiche Prozesse bisher nicht ausreichend im Fokus der Qualitätssicherung.

Prozess- und Risikoanalyse mit Six Sigma

Die einzelnen Prozessschritte in der Outbound-Logistik wie Lagerung, Kommissionierung und Versand wurden mit Hilfe der Six Sigma Methodik sehr detailliert untersucht, Ist- und Soll-Werte bestimmt und messbare Business- und Qualitätskriterien erarbeitet. Daraus wurden Key Performance Indicators (KPIs) abgeleitet, also Messgrößen, die eine Aussage zur Gesamtperformance der Supply-Chain liefern. Im Rahmen der Analyse etablierten die Logistikspezialisten zudem eine Risikobetrachtung aus Prozesssicht. „Auch die Erfassung von Prozessrisiken muss umfassend in das Risikokataster eines Unternehmens einfließen", berichtet Projektleiter Jürgen Ortlepp von Infraserv Logistics, „denn was für Finanzrisiken heute selbstverständlich ist, gilt noch lange nicht für Prozessrisiken. Diese sind häufig unterrepräsentiert und bergen ein nicht zu unterschätzendes Potential für Abweichungen. Nach einer von Infraserv Logistics in Auftrag gegebenen Studie sind überraschenderweise auch im Jahr 2010 noch über 10% der befragten Unternehmen komplett ohne Risikobewertung."

Unterschiedliches Qualitätsverständnis bei Auftraggebern und Dienstleistern

Ein von Infraserv Logistics durchgeführter Compliance-Check ergab beispielsweise, dass für den Transport von Arzneimitteln Speditionen eingesetzt werden, mit denen zwar die jeweiligen Standards wie z.B. die dedizierte Verwendung der Transportfahrzeuge für Arzneimitteltransporte oder die besondere Reinigung des Laderaums vereinbart wurden. Doch es zeigte sich, dass vorab Transporte von Non-GMP-Produkten durchgeführt wurden und gravierende Reinigungslücken bestanden. Auch bei der Betrachtung nicht erklärbarer Temperaturabweichungen bei Kühlguttransporten im Bereich zwischen 2 und 8°C stellten sich Mängel in der Umsetzung eindeutig vereinbarter Vorgaben heraus. In einem Fall beachtete der Transporteur die Cold Chain-Regeln (ununterbrochene Kühlkette) nicht und lud die Kühlpaletten bei 30°C Umgebungstemperatur um. Dies kann im schlimmsten Fall einen Qualitätsverlust des Arzneimittels mit Auswirkungen für den Patienten zur Folge haben.

Bei der Betrachtung aller am Transport- und Lagerprozess Beteiligten kristallisierte sich heraus, dass das Bewusstsein für GSP- und GDP-Richtlinien und der damit verbundene Qualitätsbegriff bei den verschiedenen Dienstleistern sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Trotz eindeutiger vertraglicher Regelungen können somit Schwachstellen hinsichtlich der Compliance in den Transport- und Lagerprozessen auftreten. Jürgen Ortlepp fasst die Erkenntnisse zusammen: „Grundsätzlich kann man sagen: Je weiter entfernt der Dienstleister vom pharmazeutisch-technischen Umfeld, desto geringer ist die Kenntnis und oft auch die Akzeptanz der Qualitätsanforderungen im GMP-Umfeld. Wie immer gilt auch hier die Regel, dass eine Kette nur so stark sein kann, wie ihr schwächstes Glied. Dabei ist natürlich einzuräumen, dass die gesamten Richtlinien keine abschließenden Vorgaben machen und so viel Interpretationsspielraum zulassen." Es empfiehlt sich deshalb für Auftraggeber und Logistikdienstleister, bereits im Vorfeld ein gemeinsames Verständnis der vertraglich festgelegten Qualitätsstandards sicher zu stellen. Das bringt klare Vorteile für beide Seiten: Eine sichere Lieferkette und eine stärkere und vertrauensvolle Kunden-Lieferantenbindung.