Logistik & Supply Chain

Nachhaltigkeitsindex der Fraunhofer SCS im Sektor Chemielogistik

Erste Ergebnisse: Nachhaltigkeit nur in Teilbereichen zu finden

09.08.2011 -

Nachhaltigkeit und Chemie sind zwei Themen, die auf den ersten Blick nicht sofort miteinander assoziiert werden. Noch immer kämpft die Branche eher mit einem Umweltsünder-Image, als dass man sie mit ökologisch und sozial nachhaltigem Handeln in Verbindung bringt. Ein Image, mit dem sich auch Logistik-Dienstleister auseinandersetzen müssen, insbesondere, wenn sie mit der Branche in Verbindung stehen.

Doch der Druck von Seiten der Politik, des Marktes und nicht zuletzt der Öffentlichkeit erhöht sich und führt dazu, dass sich Unternehmen egal welcher Branche mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen müssen - und das nicht nur im eigenen Unternehmen selbst, sondern über die ganze Wertschöpfungskette hinweg. So nehmen viele Verlader innerhalb und außerhalb der Chemieindustrie bei der Auswahl ihrer Logistikdienstleister heute schon verstärkt deren nachhaltige Aktivitäten mit ins Kalkül.

Nur: derzeit ist es für sie nicht leicht, diese Dienstleister zu finden. Einerseits fehlen einheitliche Standards, die die ergriffenen Maßnahmen in Sachen Nachhaltigkeit und ihre Umsetzung genau kategorisieren. Zum anderen benutzen die Dienstleister unterschiedlichste Kanäle und Mittel, um ihre Maßnahmen öffentlich zu machen. Der Markt tritt insgesamt sehr heterogen und intransparent auf.

Der Bericht „Nachhaltigkeitsindex für Logistikdienstleister" der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS setzt hier an und bietet Verladern verschiedenster Branchen eine Orientierungshilfe bei der Auswahl nachhaltiger Logistikdienstleister. Dabei wurde die Untersuchung in zwei Phasen unterteilt: Der Transparenzindex der ersten Phase misst wie transparent, d.h. leicht zugänglich, die Dienstleister über ihre nachhaltigen Maßnahmen kommunizieren.

Der Nachhaltigkeitsindex der zweiten Phase setzt dagegen die tatsächlich ergriffenen Maßnahmen miteinander in Bezug, bewertet also, wie nachhaltig die Unternehmen tatsächlich agieren. In beiden Phasen wurden jeweils die 150 umsatzstärksten Logistikdienstleister Deutschlands der Studie „Top 100 der Logistik" untersucht.

Phase 1 betrachtet die Öffentlichkeitsarbeit, z.B. Internetauftritt und Pressearbeit der Unternehmen. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, wurden die Kommunikationsmittel anhand verschiedener Kriterien gewichtet. Einfluss hatten bspw. das Vorhandensein eines Nachhaltigkeitsberichtes oder der Zugang zu Informationen und deren Übersichtlichkeit.

Das Ergebnis zeigt, dass die Größe eines Unternehmens allein nicht ausschlaggebend für eine transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung ist: zwar schneiden vor allem die großen KEP-Dienstleister mit entsprechendem Marketingbudget überdurchschnittlich gut ab, aber auch kleinere Unternehmen können durchaus transparent über ihre nachhaltigen Maßnahmen informieren - wenn sie ihre Möglichkeiten nutzen. Darunter befinden sich auch Logistikdienstleister der Chemiebranche, wie beispielsweise Hoyer, Alfred Talke oder Infracor.

Nachholbedarf beim Thema Nachhaltigkeit

In Phase 2 wurden die Unternehmen gebeten, Informationsmaterial über ihre nachhaltigen Aktivitäten bereitzustellen. Um der Heterogenität der Informationen gerecht zu werden, fand eine grundsätzliche Unterteilung in die zwei Dimensionen „Konzept" und „Maßnahmen" statt, in welche die einzelnen nachhaltigen Aktivitäten eingeordnet werden konnten.
Unter Konzept finden sich Kriterien, die einen Rückschluss auf die strategische Einbindung des Themas in das Unternehmen erlauben. Die Dimension „Maßnahmen" bezieht sich dagegen auf konkrete Aktivitäten, denen eine sofortige Wirkung gegenüber steht. Die Einzelkriterien wurden jeweils gewichtet, um die unterschiedliche Relevanz der Bereiche für die Logistik berücksichtigen zu können.

Durch die Bewertung der zwei Dimensionen ließen sich vier unterschiedliche Gruppen identifizieren: unter Vorreiter finden sich diejenigen Unternehmen, die sowohl ein stark ausgeprägtes Konzept als auch hoch innovative Maßnahmen vorweisen können. Die Macher konzentrieren sich dagegen stärker auf die Ausgestaltung der Maßnahmen.

Die Aktivitäten selbst sind oft sehr stark im Unternehmen verankert und innovativ in der Umsetzung. Die Strategen fokussieren sich auf die konzeptionelle Ebene und legen besonderen Wert auf die strategische Verankerung des Themas Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen. Die Beobachter können sowohl eine Strategie und auch Maßnahmen vorweisen; beides wird jedoch noch nicht so umfassend umgesetzt wie in den anderen Gruppen. Aber auch diese Unternehmen agieren nachhaltig und unterscheiden sich stark von den Unternehmen, die wenig oder keinerlei Aktivitäten vorweisen können.

In der Abbildung der unterschiedlichen Gruppen sind ausschließlich die Teilnehmer der Untersuchung namentlich erwähnt, d.h. auch Unternehmen die dort nicht zu finden sind, können durchaus nachhaltig agieren, haben aber aus unterschiedlichen Gründen nicht an der Analyse teilgenommen.
Ein wichtiges Ergebnis ist, dass dem Thema Na
chhaltigkeit bis jetzt nur wenige Unternehmen wirkliche Aufmerksamkeit widmen. Von den angeschriebenen Unternehmen waren nur ca. 20% in der Lage, über Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu berichten. Etwa 40% hatten keine nennenswerten Aktivitäten vorzuweisen, weitere 40% zeigten zwar Interesse, wollten aber erst an der nächsten Ausgabe des Berichts teilnehmen.

Einige Logistikdienstleister aus der Chemie- und Pharmabranche finden sich in der Gruppe der Beobachter. Bei genauerer Betrachtung der nachhaltigen Aktivitäten dieser Unternehmen zeigte sich im Bereich des Konzepts ein Fokus auf die Strategie, d.h. wie Nachhaltigkeit im Unternehmen verankert ist, und auch auf die Messung von CO2-Emissionen.

Es zeigte sich auch, dass das Vorhandensein von Zertifikaten eine große Rolle im Chemie-Umfeld spielt. In der Dimension „Maßnahmen" konzentrieren sich die untersuchten Dienstleister mit Schwerpunkt Chemie und Pharma vor allem darauf, Immobilien nachhaltig zu gestalten und umweltschonend mit Ressourcen umzugehen. Auch soziale Aspekte spielen bei diesen Unternehmen eine übergeordnete Rolle.

Der „Nachhaltigkeitsindex für Logistikdienstleister" der Fraunhofer SCS wird in Zukunft durch die Wissenschaftler kontinuierlich aktualisiert. Der Bericht kann kostenlos angefordert werden. 

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