Anlagenbau & Prozesstechnik

Trennen in drei Dimensionen

Nadelfilz als Filtermedium für Fest/Flüssig-Trennungsprozesse

03.02.2015 -

Nadelfilze sind in der Lage, zukünftige Aufgaben wie beispielsweise hocheffiziente Abscheidung bei gleichzeitig stetig geringer werdenden Partikelgrössen und geforderter Erhöhung der Durchsatzraten zuverlässig zu erfüllen.

Mechanische Trennverfahren sind seit langer Zeit ein fester Bestandteil der technischen Fil­tration. Dabei werden in einer Suspension vorhandene Partikel mittels verfahrenstechnischer Prozesse von der Flüssigkeit separiert. Seit der Verwendung synthetischer Fasern wurde die Effizienz dieser Verfahren deutlich optimiert. Dabei kamen Polymere wie Polyester (PET), Polypropylen (PP), Polyamid (PA) und später Polyphenylensulphid (PPS) zum Einsatz und verdrängten nach und nach bis dahin verbreitete Filtermedien aus Naturfasern wie beispielsweise Wolle. Es war somit möglich, künstlich geschaffene Fasern in großen Mengen mit klar definierten Durchmessern und guten chemischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften gezielt anwendungsbezogen auszuwählen. Die Verwendung dieser Fasern brachte gewaltige Fortschritte im industriellen Filtrationsbereich. Sehr oft werden zweidimensionale Gewebestrukturen als Filtermedium eingesetzt. Nadelfilze erweitern die Filtration um eine dritte Ebene, man spricht hier von einer Kombination von Oberflächen- und Tiefenfiltration, die im Folgenden näher beschrieben wird.

Herstellung und Aufbau des Nadelfilzes
Die Konstruktion des Nadelfilzes beginnt mit der richtigen Faserauswahl. Neben den oben bereits genannten Werkstoffen sind zudem die Faserlänge, der Querschnitt (rund oder beispielsweise multilobal als oberflächenvergrößernde Variante) und die Faserfeinheit (Titer) zu kombinieren. In der Regel liegen die Faserfeinheiten zwischen 0,8 dtex und 7 dtex. Bei Feinheiten von < 1 dtex spricht man von Mikrofasern. 0,8 dtex beispielsweise bedeutet, dass Fasern der gleichen Güte, die auf eine Länge von 10.000 Metern aneinander gereiht sind, in der Summe nur 0,8 g wiegen. Die Verbindung von Einzelfasern miteinander zu einem Vlies und dessen Verankerung in einem Trägergewebe findet durch den Produktionsprozess des Vernadelns statt. Dabei werden auf das jeweilige Polymer und die Fasereigenschaften abgestimmte Nadeln mit Widerhaken in das vorgelegte Vliespaket bei hoher Geschwindigkeit eingestochen, mit dem Trägergewebe verbunden und wieder herausgezogen. Durch die auch Barbs genannten Widerhaken erfolgt ein Verschlingen der Fasern sowie durch Formschluss und Faser/Faser- bzw. Faser/Trägerreibung die benötigte Faserverankerung. Im Anschluss an den Nadelprozess durchläuft die Nadelrohware die sogenannte Ausrüstung. Hier steht eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten zur Verfügung, um Nadelfilze anwenderspezifisch zu veredeln. Grundlage jeder weiteren Verarbeitung ist der Fixierprozess. Durch auf die verarbeiteten Rohstoffe abgestimmte Temperaturen und Einwirkzeiten wird in der Rohware ein definierter Schrumpfvorgang ausgelöst, um Dichte, Festigkeit und Dehnung der Nadelfilze zu steuern. Andererseits wird durch den Vernadelungsschritt das Material auf Zugbeanspruchung belastet, mehrfach umorientiert und somit starke Spannungsunterschiede aufgebaut. Durch die Temperaturbehandlung wird der Nadelfilz vergleichmässigt, d. h. durch Überführung der Moleküle in energieärmere Zustände entspannt.Zu den wichtigsten physikalischen Oberflächenbehandlungen gehört beim Nadelfilz das Kalandrieren. Beim Kalandrieren wird die Oberfläche des thermoplastischen Polymeres bis über die Erweichungstemperatur des Kunststoffes aufgeheizt und mit Kalanderwalzen unter Druck verpresst. Über dieses Verfahren werden für den späteren Einsatz in der Anwendung mehrere Vorteile generiert. Für die Anströmseite bedeutet das Verpressen eine glattere Oberfläche und damit einen verbesserten Kuchenabwurf. Gleichzeitig wird das Eindringen von Partikeln in die Tiefe des Nadelfilzgefüges erschwert bzw. blockiert. Eine Kalandrierung der Abströmseite verhindert ähnlich wie eine Sengung, dass sich unter Umständen Fasern aus dem Nadelfilzverbund lösen und sich im Filtrat bzw. in nachgeschalteten Aggregaten anreichern können. Eine Übersicht der Einflussfaktoren bei der Nadelfilzherstellung gibt Abbildung 1.

Charakteristische Merkmale bei der ­Filtration mit Nadelfilzen
Vergleicht man die beiden Filtermedien Nadelfilz und Gewebe, so haben Nadelfilze infolge des sehr fein ausgeprägten Porengefüges und des größeren Porenvolumens eine mehrfach höhere offene Filterfläche bei gleichzeitig deutlich höherer Filterschärfe. Der Faserverbund schafft eine Art Dränage System, welches bei der ersten Beaufschlagung mit Suspension einen sofortigen 100 %-igen Abtrennvorgang der Partikel herbeiführt. Anders als bei Geweben entsteht kein Filtratverlust bzw. anfänglicher Partikeldurchschlag bis zum Kuchenaufbau, es setzt sofortiger Klarlauf ein. Man spricht bei Nadelfilzen, wie bereits angedeutet, von dreidimensional wirkenden Filtermedien. Die spezielle Konstruktion bewirkt neben der Oberflächenfiltration eine Tiefenwirkung. Allerdings birgt dies die Gefahr, dass sich bei zu offener Struktur Feststoffe im Inneren der Nadelfilze einlagern. Bei der Abreinigung finden diese eingelagerten Partikel jedoch nicht mehr den Weg zurück aus dem Faserlabyrinth, die Regenerierbarkeit des Filtermaterials nimmt allmählich ab. Folge: Das Porenvolumen wächst langsam zu, Filterwiderstand und Druckverlust steigen stetig an, bis durch ein letztendliches Verblocken des Filtermediums ein (wirtschaftlicher) Betrieb nicht mehr möglich ist. Als Lösung bietet sich ein spezielles Nadelverfahren an. Ein progressiv aufgebautes Mehr-Schichten-System (Kaskadensystem) von Fasern mit unterschiedlichen Durchmessern. Der Aufbau dieser Nadelfilze wird in Abbildung 2 verdeutlicht. Hierbei wird der Faserdurchmesser zur Kuchenseite hin in mehreren Lagen immer kleiner. Die spezielle Oberflächenkonzeption ist durch eine kompakte, außerordentlich kleinporige, glatte Struktur gekennzeichnet. Kleinste Feststoffpartikel werden bereits an der Oberfläche abgeschieden und bilden hier eine Art Filterhilfsschicht zur weiteren Kuchenbildung. Im Inneren des Nadelfilzes bleiben die Poren offen. Dies bedeutet eine hohe Durchsatzleistung bei gleichzeitig niedrigem Differenzdruck. Die oberflächenwirksamen Nadelfilze erlauben bei verbesserter Abscheideleistung eine höhere spezifische Belastung und in vielen Fällen eine Verlängerung der üblichen Standzeiten mit einhergehender höherer Betriebssicherheit.

Anwendungen
Grundsätzlich ist Nadelfilz für nahezu alle Filtrationsprozesse einsetzbar. Dies gilt für Verfahrensprozesse, in denen mit Druck (beispielsweise Filterpressen), Vakuum (beispielsweise Bandfilteranlagen) oder lediglich mit Schwerkraft operiert wird.
Das für die konkrete Anwendung optimale Filtermedium wird in den seltensten Fällen über theoretische Formeln bestimmt. Ursache hierfür ist, dass je nach Anwendung zum Teil mehr als 20 verschiedene Filtrationsparameter am Filtrationsvorgang beteiligt sind und sich diese zudem häufig in nicht vorhersehbarer Art und Weise beeinflussen. Umso mehr spielen Erfahrungswerte des Anwenders bzw. des Filtermedienlieferanten und/oder Anlagenbauers eine entscheidende Rolle. Fehlen entsprechende Vergleichswerte, sind oftmals Vorversuche im Labormaßstab oder Pilotversuche unter realen Prozessbedingungen unabdingbar und liefern somit weitere wichtige Erkenntnisse.
Traditionelle Anwendungen befinden sich in den Bereichen Mineralstoffe, Pigmente/Farbstoffe sowie Galvanik. Mehr und mehr traten in den letzten Jahren komplexe Prozesse in der Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie in den Vordergrund. Hierbei sind zusätzlich strenge gesetzliche Vorgaben und Prüfkriterien zum Eignungsnachweis der Filtermedien zu erfüllen. Hohe Ansprüche an die Sauberkeit der Rohstoffe, entsprechend verschärfte Rahmenbedingungen an die Produktionsabläufe bis zu einem umfangreichen Hygienemanagement inklusive Sterilisierung der Filtermedien sind inzwischen oftmals Voraussetzung für Produkte, die im direkten Kontakt zu Pharmaprodukten oder Lebensmitteln stehen.

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