Anlagenbau & Prozesstechnik

Kompetenz für die Automation

Yokogawas Center of Excellence für die chemisch-pharmazeutische Industrie

17.03.2015 - Chemische und pharmazeutische Industrie zeichnen sich - ebenso wie die fertigungsorientierten Branchen Maschinen- und Fahrzeugbau, Medizintechnik und Mikroelektronik - durch hohe Automatisierungsgrade aus.

Die Prozessindustrie stellt dabei spezielle, oft einzigartige Anforderungen an die Automatisierung. Yokogawa als weltweit tätiger Anbieter solcher Lösungen bietet diesen Branchen deshalb eine besondere Betreuung. Dr. Volker Oestreich  vom CHEManager sprach darüber mit Tim-Peter Henrichs, der bei Yokogawa das strategische Marketing des europäischen „Center of Excellence BatCHemical" (CoE BCH) für die chemisch-pharmazeutische Industrie verantwortet.

CHEManager: Welche Trends in der Prozessautomation werden aus Ihrer Sicht besondere Bedeutung in den nächsten Jahren haben?

Tim-Peter Henrichs:  Anlagen in der pharmazeutischen Industrie oder der Feinchemie werden in der Zukunft ganz anders aussehen können als bisher und demzufolge auch anders automatisiert werden müssen. Denken Sie nur an „F3 Factory". Auf dem Weg dorthin wollen wir unsere Kunden begleiten und arbeiten dazu bereits seit Jahren an der Entwicklung und Umsetzung geeigneter Standards mit, zum Beispiel im Zusammenhang mit der ISA106 oder im Rahmen der NE 148 der NAMUR.

Weitere Themen, die derzeit die Prozessindustrie stark beschäftigen, sind der Datenabgleich mit bzw. die Integration von CAE-Systemen für das Anlagen-Engineering und Engineeringwerkzeuge für Automatisierungssysteme. Von einer systematisch konsistenten Datenhaltung, wie sie der NAMUR-Datencontainer der NE 150 ermöglichen soll, erwarten auch wir erhebliche Effizienzvorteile.

Bei Wartung und Instandhaltung sehe ich eine große Zukunft für „Remote Maintenance Services" im Sinne des NA 135. Fernwartung bietet dem Kunden hohe Servicequalität zu attraktiven Konditionen. Lokal wäre dies mit hohem Personalaufwand verbunden und daher entsprechend teuer. Zugleich können wir „remote" unsere Experten zielgenauer und effizienter einsetzen - regional und global, rund um die Uhr.

Seit rund vier Jahren gibt es Ihr europäisches Center of Excellence für die chemisch-pharmazeutische Industrie. Was sind seine wichtigsten Aufgaben und wie erfüllen Sie sie?

T.-P. Henrichs: Das CoE BCH wendet sich speziell an Kunden aus der Chemie- und Pharmabranche. Es sammelt und bündelt intern unser branchenbezogenes Wissen und bringt diese Kompetenz in Kundenprojekte ein. Das betrifft zum Beispiel Spezifika der Produktion. Beispielweise lassen sich großvolumige Konti-Prozesse oft ähnlich handhaben wie etwa in der Öl- und Gasverarbeitung. Diskontinuierliche Verfahren, also Batch-Prozesse, erfordern nicht nur eine spezielle Verfahrenstechnik, sondern auch eine andere Art der Automatisierung. Das gilt erst recht im regulierten Bereich, also etwa unter GMP- oder cGMP-Bedingungen.

Selbst wenn eine Anlage ein Individuum ist, beginnen unser Projektmanagement und unser Engineering nicht bei „Adam und Eva". Unsere Experten verfügen über fundierte Branchenkenntnisse, so dass sie mit den Kunden auf Augenhöhe sprechen und schon in der Planungsphase die Weichen richtig stellen können. Letztlich können wir Anlagen über den gesamten Lebenszyklus hinweg begleiten. Dazu sichern unsere VigilantPlant Services nachhaltig die Leistungsfähigkeit der Anlagen. „Operational Excellence" ist das Ziel. Um diese zu erreichen und zu erhalten, nutzen wir die gesammelte Projekterfahrung unserer weltumspannenden Organisation.

Vom CoE als Wissensplattform und Beratungsinstanz profitieren vor allem Kunden mit komplexen Anforderungen. In Europa sind dies vorrangig Erweiterungen oder umfassende Modernisierungen der Anlagenautomatisierung, aber auch die Verbesserung der Prozessführung, etwa mit dem Ziel größerer Ressourceneffizienz, höherer, konstanter Produktqualität oder optimierter Anlagensicherheit. All dies sind Projekte, bei denen Kunden mehr benötigen als einen Bestellschein zum Ausfüllen. Genau diese Expertise bieten wir.

Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem Angebot gemacht und wie hat es sich entwickelt?

T.-P. Henrichs: Unsere Initiative wurde zunächst von Yokogawa Deutschland eingeführt und getragen. Inzwischen ist die Verantwortung auf unsere Europazentrale in den Niederlanden übergegangen. Wir arbeiten heute stärker strategisch mit unseren Landesgesellschaften zusammen, entwickeln gemeinsam mit diesen und den Kunden langfristige Projektpläne, steuern Wissen und Erfahrung aus anderen Projekten bei.

Ein wichtiger Baustein unserer Services ist das „Operational Performance Programme". Dabei erfassen wir wesentliche Leistungsdaten einer Produktionsanlage - in der Regel aus dem PIMS - und analysieren diese auf dem Wege eines Benchmarking. Dazu stehen uns insgesamt bereits mehrere Hundert anonymisierte Vergleichsdatensätze zur Verfügung, aus denen wir eine Teilmenge relevanter, also für den Vergleich geeigneter Anlagen auswählen. So können wir dem Kunden anschaulich vor Augen führen, wo er mit seiner Anlage steht - und das sogar im globalen Wettbewerbsvergleich. Im zweiten Schritt erarbeiten wir dann - wenn erforderlich - gemeinsam Lösungen, um diese Position gezielt zu verbessern. Folgt danach ein erneutes Benchmarking, können wir in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess eintreten. Branchenkenntnis und -erfahrung sind dabei unerlässlich.

Wie „europäisch" agiert das CoE?

T.-P. Henrichs: Wir haben unser Wissen bereits in vielen Projekten eingebracht. Da wir in Deutschland an den Start gegangen sind, liegt hier naturgemäß ein Schwerpunkt. Wir sind inzwischen europaweit - zwischen Norwegen und Spanien, Großbritannien und Ungarn - und sogar in Südafrika erfolgreich tätig. Mit unserem multinationalen Ansatz kommen wir besonders den Unternehmen entgegen, die ebenfalls multinational tätig sind oder dies planen. Diesen Unternehmen können wir nicht nur fachliche Expertise, sondern auch Projekterfahrung in aller Welt bieten, sei es Russland, China oder die USA.

Sie denken also auch über Europa hinaus?

T.-P. Henrichs: Im April 2015 wird Yokogawa ein globales Zentrum für die chemisch-pharmazeutische Industrie einrichten, das direkt der Konzernzentrale unterstellt ist. Damit haben wir künftig noch direkteren Zugang zu unseren Forschungs- und Entwicklungszentren, zu akademischen Partnern und zu Vertretern anderer Branchen. So gewinnen wir als Wissensplattform weiter an Bedeutung.

Flache Hierarchien, offene Kommunikation und ausgeprägte Teamarbeit haben sich als wesentliche Erfolgsfaktoren des CoE erwiesen. Wir sind Teil der komplexen Matrixorganisation eines Weltkonzerns, die nur dann optimal funktioniert, wenn alle existierenden Freiheitsgrade auch genutzt werden. Dazu muss es gelingen, Entscheidungen rascher und effizienter zu treffen. Das erfordert Mitarbeiter, die sich ein Stück weit vom hierarchischen Denken lösen können. Je mehr solche Mitarbeiter Yokogawa hat, umso erfolgreicher wird unsere Branchenausrichtung sein, davon bin ich überzeugt.

Welche Rolle wird das CoE bei Ihnen auf der diesjährigen ACHEMA spielen?

T.-P. Henrichs: Das CoE wird Ihnen überall auf unserem Messestand begegnen. Das muss auch so sein, denn wie schon gesagt: Dort ist unsere Branchenexpertise gebündelt. Wir werden in Frankfurt aber auch Lösungen vorstellen, die über die chemische Industrie hinaus Bedeutung haben, z. B. für eine energieeffiziente, umweltfreundliche und sichere Brennersteuerung oder für wichtige Aspekte des Supply-Chain-Managements

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